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       # taz.de -- Fehlende Abstimmungszettel in Berlin: Imageschaden für die Demokratie
       
       > In Briefwahlunterlagen haben Abstimmungszettel für den Volksentscheid
       > gefehlt. Wie kann das passieren? Und bedroht es die Abstimmung?
       
   IMG Bild: Eine Fehlerquelle beim Packen von Briefwahlumschlägen: Händisches Versagen
       
       Berlin taz | Diese Woche kam heraus, dass in Berlin einige Menschen [1][in
       ihren Briefwahlunterlagen nicht alle Zettel vorgefunden haben], die da
       eigentlich drin sein sollten. Krass! Auffallend häufig soll der
       DIN-A5-Stimmzettel zum [2][Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen]
       gefehlt haben. Doppelt krass! Da zieht schnell der Manipulationsvorwurf
       auf. Vor allem, wenn das kurz vor der Wahl bekannt wird. Woran kann es
       liegen? Zufall – oder will hier tatsächlich jemand die Abstimmung
       gefährden?
       
       Zunächst ein Blick auf die Fakten: Der Landeswahlleitung sind Stand Freitag
       offiziell 23 Fälle bekannt, in denen der Abstimmungszettel für den
       Volksentscheid in Briefwahlunterlagen fehlte.
       
       Die Initiative DW enteignen guckt ihrerseits kritisch drauf und sammelt
       aktuell selbst solche Fälle. Bei ihr hatten sich zunächst rund 70 Menschen
       gemeldet. Nach Überprüfung soll es sich vorläufig um 55 handeln. Denn den
       Social-Media-Aufruf „Du hast keinen Abstimmungszettel für den
       Volksentscheid erhalten? Viele andere auch nicht!“ hätten viele falsch
       verstanden, so ein Sprecher der Initiative. „Manche denken, dass der
       Stimmzettel schon bei der Wahlbenachrichtigung dabei ist.“
       
       Außerdem bekommt nicht jede*r Wahlberechtigte in Berlin die gleiche Anzahl
       von Stimmzetteln: nichtdeutsche Europäer*innen etwa [3][dürfen nur auf
       Bezirksebene wählen]. Das alles muss man erst mal wissen, um zu merken, ob
       ein und welcher Zettel fehlt. Es zeigt auch, wie kompliziert und so gar
       nicht niedrigschwellig die Briefwahl ist.
       
       ## Auch in anderen Bundesländern gab es Pannen
       
       Trotzdem wählen wohl wegen Corona so viele wie nie zuvor per Post: 776.000
       Berliner*innen haben bereits Briefwahl beantragt, 100.000 mehr als bei
       der letzten Bundestagswahl 2017. Auch anderen Kommunen hat das schon zu
       schaffen gemacht; in Niedersachsen etwa wurden Stimmzettel vergessen oder
       falsch beschriftet verschickt.
       
       Aktuell gefährden die fehlenden Stimmzettel übrigens noch nicht die
       Gültigkeit der Abstimmung. Dafür müssten es so viele sein, dass sie für das
       Ergebnis des Volksentscheids den entscheidenden Ausschlag geben könnten.
       Das wird laut jüngsten Umfragen zwar knapp, aber [4][das Ja zur Enteignung
       hat demnach stabile vier Prozent Vorsprung].
       
       Um ein paar Hundert oder gar Tausend Stimmen geht es also wohl nicht. In
       Berlin würden 100 unvollständige Briefwahlunterlagen eine Fehlerquote von
       0,01 Prozent bedeuten. Das klingt nach wenig, gefährdet aber dennoch das
       Wahlrecht der Einzelnen. Dem Image der Demokratie schadet es on top.
       Trotzdem: Wahlhelfende-Immobilienlobbyisten, die Volksentscheid-Stimmzettel
       in ihren Aktentaschen verschwinden lassen? Die gibt’s wohl kaum.
       
       Für eines war diese ganze Riesenpanne vielleicht gut: Wer am Küchentisch
       wählt, überprüft seine Wahlunterlagen jetzt genauer. Und wenn etwas fehlt:
       das Wahlamt anrufen. Dann bekommt man den fehlenden Schein nachgeschickt.
       Hat man nämlich einmal den Wahlbrief in die Post geworfen, kann man nichts
       mehr nachreichen – und eine verpasste Stimme bei der Enteignungsfrage wäre
       eine für die Immobilienkonzerne.
       
       11 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Cristina Plett
       
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