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       # taz.de -- Weltweit weniger Meiler geplant: Nicht genug Kohle mit Kohle
       
       > Weil die Renditeaussichten schwinden, neigt sich die fossile Ära dem Ende
       > zu. Dennoch wollen noch 37 Staaten Kohleanlagen in Betrieb nehmen.
       
   IMG Bild: Im Mai 2020 wurde das Kohlekraftwerk Datteln IV in Betrieb genommen
       
       Berlin taz | Paris wirkt: 44 Länder weltweit haben seit dem Abschluss des
       Klimaabkommens 2015 beschlossen, [1][keine neuen Kohlekraftwerke] mehr zu
       bauen. Planungen für Kohlemeiler, die eine Gesamtleistung von 1.175
       Gigawatt gehabt hätten, wurden aufgegeben – etwa die Größenordnung, die in
       China derzeit durch Kohleverstromung entsteht. Dies ist das Ergebnis einer
       [2][Untersuchung des internationalen Klimathinktanks E3G], die am Dienstag
       erschien.
       
       Laut der Studie neigt sich die Ära der wegen ihrer CO2-Emissionen
       umstrittenen Kohleverstromung weltweit dem Ende entgegen. Noch vor der
       Weltklimakonferenz in Glasgow Anfang November dürften sich mindestens 40
       weitere Länder dazu verpflichten, keine neuen Kohlekraftwerke mehr zu
       bauen.
       
       Der Grund sind allerdings weniger Paris oder die globalen Klimaproteste,
       sondern vor allem fehlende Renditeaussichten: „Die Wettbewerbsfähigkeit von
       Kohle ist im Vergleich zu den erneuerbaren Energien immer schlechter
       geworden, das Risiko von Stranded Assets ist gestiegen“, sagte Chris
       Littlecott, Associate Director bei E3G. Unter stranded assets („gestrandete
       Vermögenswerte“) verstehen Ökonomen den plötzlichen Wertverfall von
       Unternehmensteilen.
       
       Vor allem in den Schwellenländern werden weiter viele neue Kohlekraftwerke
       projektiert: Im Juli 2021 planten noch 37 Staaten weltweit neue Meiler, die
       meisten in Indien, Vietnam, Indonesien, Türkei und Bangladesch. [3][Die
       größten Projekte gibt es wegen des hohen Wirtschaftswachstums in China], wo
       noch die Hälfte aller Kohlekraftwerke der Welt steht. Das Land baut also
       weiter im großen Stil Anlagen – mehr als die Hälfte aller geplanten
       Kohlekraftwerke sollen im Reich der Mitte entstehen. Außerdem ist China der
       letzte große Finanzier für Kohleprojekte in insgesamt 20 Ländern.
       
       ## Mehr Kohlestrom in Deutschland
       
       In Deutschland wurde [4][im Mai 2020 mit Datteln IV der letzte Kohlemeiler
       in Betrieb genommen]. Und zumindest derzeit läuft das Geschäft gut: Die
       Betreiber von Kohlekraftwerken wie RWE oder Uniper haben im ersten Halbjahr
       in Deutschland deutlich mehr Strom in das Netz eingespeist als zuvor.
       Gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum nahm die Erzeugung der hiesigen
       Stein- und Braunkohlekraftwerke um 35,5 Prozent auf 70,2 Milliarden
       Kilowattstunden zu, teilte das Statistische Bundesamt mit. Mit einem Anteil
       von 27,1 Prozent war die Kohle damit wieder der größte Energieerzeuger.
       
       Wegen häufiger Flauten erzeugten Windkraftanlagen mit 57 Milliarden
       Kilowattstunden 21 Prozent weniger Strom als zuvor. Sie speisten damit so
       wenig Energie ein wie zuletzt im ersten Halbjahr 2018. Der Anteil der
       Windanlagen an der Stromerzeugung schrumpfte damit um sieben Punkte auf
       22,1 Prozent. Im Zuge der Energiewende sollen hierzulande die
       Kernkraftwerke bis Ende 2022, die Kohlemeiler bis spätestens 2038
       abgeschaltet werden.
       
       14 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Asiens-fossiler-Kraftwerkpark/!5788025
   DIR [2] https://drive.google.com/file/d/1K8vUyGptYBXB16HOxVxsAX0WP7Lm8ofv/view
   DIR [3] /Klimaschutz-in-China/!5752441
   DIR [4] /Urteil-zu-Kohlekraftwerk-Datteln-IV/!5791666
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
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