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       # taz.de -- Wahlprüfsteine zur Klimaresilienz: Tore gegen die Flut
       
       > Die Initiative „Stadt für Menschen“ hat Klima-Wahlprüfsteine an sieben
       > Parteien geschickt. Die Auswertung bietet auch einige Überraschungen.
       
   IMG Bild: Könnte noch nasser werden: Leicht feuchter U-Bahnhof Friedrichstraße im Jahr 2011
       
       Berlin taz | Zwanzig Fragen hatte die Initiative „Stadt für Menschen“ an
       sieben Parteien geschickt, die zur Abgeordnetenhauswahl antreten:
       sogenannte „Wahlprüfsteine“, um herauszufinden, wie diese den
       Herausforderungen des Klimawandels in der Stadt begegnen wollen. Die
       Initiative, die sich als „bürgerschaftlich und parteiübergreifend“
       versteht, aber stark in der Grünen-Basis verwurzelt ist, stellte am
       Dienstag ihre Ergebnisse vor. Dabei gab es viel Erwartbares, aber auch ein
       paar Überraschungen.
       
       „Würden wir eine Wahlempfehlung aussprechen, wäre es eine für die drei
       grünen Parteien“, formulierte Sprecher Matthias Dittmer. Damit meinte er
       außer den Grünen die Klimaliste und Volt, die neben SPD, CDU und FDP auf
       die Fragen zu Klimaresilienz und Stadtumbau geantwortet hatten. Die Linke
       taucht in der Auswertung nicht auf, weil sie sich als einzige nicht in der
       Lage sah, innerhalb einiger Wochen zu reagieren.
       
       Ähnliches gilt allerdings auch für die Sozialdemokraten, von deren
       Antworten man bei „Stadt für Menschen“ sehr enttäuscht war: Die SPD habe
       „offenbar auf den letzten Drücker Teile ihres Wahlprogramms in den
       Fragebogen hineinkopiert“, so Dittmer. Zum Teil hätten die Antworten nicht
       einmal zu den Fragen gepasst, ergänzte sein Mitstreiter Oliver Geheeb. Auf
       die Frage nach dem Umgang mit katastrophalen Starkregenereignissen habe die
       Partei angegeben, man werde mit Brandenburg an der Verbesserung der
       Gewässerqualität von Spree und Co arbeiten.
       
       Positiv hob Geheeb hervor, dass alle befragten Parteien die Gefahren des
       menschengemachten Klimawandels als reale Herausforderung betrachteten und
       Maßnahmen gegen Starkregen und Extremhitze ebenso wie eine Aufwertung des
       Stadtgrüns befürworteten. Allerdings seien die Vorschläge unterschiedlich
       konkret ausgefallen. Besonders gelte das für den vierten Themenblock, die
       Pläne zur Verkehrswende: Hier hätten sich SPD, CDU und FDP der Nennung
       konkreter Maßnahmen „weitgehend verweigert“.
       
       Am Ende steht folgende Bewertung in Schulnoten: Eine 1 für die Klimaliste,
       eine 2 für Volt und die Grünen, eine 3 für die FDP, eine 4 für die CDU und
       eine peinliche 5 für die SPD. Die AktivistInnen hoben allerdings einzelne
       Ideen hervor, mit denen nicht nur die üblichen Verdächtigen punkten
       konnten.
       
       Beim Thema Starkregen habe sich die Klimaliste mit konkreten Vorschlägen
       wie dem Bau von Fluttoren für U-Bahnhöfe oder die Verwendung von
       permeablem, also wasserdurchlässigem Pflaster in Bereichen hervorgetan, in
       denen eine vollständige Entsiegelung nicht möglich ist. Beim Umgang mit
       Extremtemperaturen wiederum habe die FDP als einzige Partei die Maßnahme
       eingebracht, Hitzeschutzräume für die Bevölkerung einzurichten. Die Grünen
       hingegen forderten die Umwandlung von zwanzig besonders von Hitze
       betroffenen Straßenzügen zu schattigen, mit Trinkbrunnen und Wasserspielen
       ausgestatteten „kühlen Meilen“ nach Wiener Vorbild.
       
       ## Baum-Bewohner-Quotient oder Klimawald?
       
       Als einzige Partei habe Volt nicht nur ein Recht auf Straßengrün
       befürwortet, sondern das mit der Forderung nach einem
       Baum-Bewohner-Quotienten verbunden, der dieses Recht konkretisiere. Und
       auch die CDU bekam ein Lob von „Stadt für Menschen“: für ihre Vision eines
       „Klimawalds“ auf dem Tempelhofer Feld. Dass die in enger Verbindung mit der
       Forderung nach einer Randbebauung steht, weiß auch die Initiative.
       Trotzdem: „Die Diskussion über einen solchen Wald sollte man führen“, fand
       Matthias Dittmer.
       
       In Ergänzung zu den Wahlprüfsteinen hat „Stadt für Menschen“ auch die Pläne
       einiger Parteien zum U-Bahn-Ausbau bewertet. [1][Hintergrund ist eine
       Studie], die von der Initiative selbst Ende 2020 vorgelegt wurde. Ihr
       zufolge hat der Bau neuer Streckenabschnitte vor allem durch die großen
       Mengen an verbautem Beton auf viele Jahrzehnte eine negative Klimabilanz.
       
       Auch hier gibt die SPD das schlechteste Bild ab: Fast 1,2 Millionen Tonnen
       CO2 würde der Bau der im Wahlprogramm geforderten Abschnitte ausstoßen, so
       „Stadt für Menschen“, und damit sogar die CDU (0,84 Millionen Tonnen)
       toppen.
       
       Die Grünen fordern im Wahlprogramm keinen U-Bahn-Bau, ihnen wird jedoch der
       vom Senat beschlossene und von Fraktion und Partei gebilligte Lückenschluss
       der U3 zum Mexikoplatz angerechnet. Wegen der Kürze dieser Strecke, die
       auch noch größtenteils offen verläuft, schlägt das aber mit lediglich
       68.000 Tonnen CO2 zu Buche.
       
       14 Sep 2021
       
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