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       # taz.de -- heute in hamburg: „Es werden Verbrecher:innen geehrt“
       
       Interview Carla Geiger
       
       taz: Frau Ewe, in Hamburg gibt es über 120 Straßennamen mit kolonialer
       Vergangenheit. Warum ist das problematisch? 
       
       Gisela Ewe: Problematisch ist, wie die Straßennamen an die
       Kolonialgeschichte erinnern. Die Namen ehren zum Teil
       Kolonialverbrecher:innen und -profiteur:innen. Das ist das Problem.
       Es werden auch Verbrecher:innen geehrt und damit ihre Taten indirekt
       positiv bewertet.
       
       Einer der umstrittensten Namen ist Schimmelmann. Warum? 
       
       Weil Schimmelmann in den transatlantischen Versklavungshandel eingebunden
       war. Es ist einer der Namen, die in Hamburg schon seit Jahren in der
       Debatte sind. Wie mit diesen Fällen umgegangen werden soll, wird auch auf
       dem Symposium diskutiert.
       
       Wie kompliziert ist es, eine Straße umzubenennen? 
       
       Die Entscheidung, ob Straßen umbenannt werden, wird zunächst in den
       Bezirken getroffen. Dazu werden Vorschläge eingereicht. Das Staatsarchiv
       bearbeitet dann die Entscheidung und eine Senatskommission muss final
       zustimmen.
       
       Wie regieren Bewohner*innen, wenn ihre Straße umbenannt werden soll? 
       
       Die Bewohner:innen der Straße müssen überall ihre Adresse ändern, das
       führt oft zu Widerstand, weil es natürlich unbequem ist.
       
       Woher kommen die Vorschläge für neue Straßennamen? 
       
       Bisher kommen die Vorschläge oft von Bezirkspolitiker:innen oder
       anderen im Bezirk Engagierten. Im Zusammenhang mit kolonialen Straßennamen
       wollen wir die Betroffenen stärker einbinden, zum Beispiel mit dem
       Symposium.
       
       Nach wem würden Sie Straßen benennen? 
       
       Ich wünsche mir, dass man sich mit den Namen ohne Schamgefühl
       identifizieren kann. Und ich finde es gut, wenn sie die diverse
       Stadtgesellschaft repräsentieren.
       
       Warum gibt es selbst in der noch jungen Hafencity koloniale Namen wie bei
       den Marco-Polo- und den Magellanterrassen? 
       
       Die Beschäftigung mit dem Kolonialismus hat in Deutschland leider erst in
       den letzten Jahren Fahrt aufgenommen. Bei den Benennungen in der Hafencity
       war das Bewusstsein noch nicht so groß. Damit müssen wir jetzt umgehen. Wir
       müssen darauf achten, wer gehört wird. In der Gesellschaft braucht es dafür
       Offenheit und Neugier.
       
       16 Sep 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Carla Geiger
       
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