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       # taz.de -- Afghanistan nach dem Machtwechsel: Taliban verbreiten Angst
       
       > Ein Bericht wirft den afghanischen Taliban gezielte Tötungen von
       > Ex-Soldaten, die Blockade von Hilfslieferungen und die Unterdrückung von
       > Frauen vor.
       
   IMG Bild: Taliban-Kämpfer sitzen vor dem Wandgemälde einer Frau hinter Stacheldraht, Straßenszene in Kabul
       
       Berlin taz | „Die Taliban sind dabei, die Errungenschaften der vergangenen
       zwanzig Jahre im Bereich der Menschenrechte zu demontieren“, lautet das
       Fazit eines [1][Berichts], den drei renommierte internationale
       Menschenrechtsorganisationen am Dienstag über das neue Regime der Taliban
       in Afghanistan vorgelegt haben.
       
       In dem 30-seitigen Bericht beschreiben Amnesty International, die
       Internationale Föderation für Menschenrechte (FIDH) und die
       Weltorganisation gegen Folter (OMCT) ein Klima der Angst, seit die
       militant-islamistischen Taliban am 15. August in Kabul einmarschiert sind
       und in Afghanistan die Macht übernommen haben.
       
       Entgegen den Amnestieversprechen und den bis heute andauernden Beteuerungen
       der Taliban, die Rechte von Männern, Frauen und Kindern in Afghanistan zu
       achten, dokumentiert der Bericht zahlreiche Fälle von
       Menschenrechtsverletzungen und -verbrechen aus den ersten fünf Wochen des
       neuen Regimes. Er basiert auf Interviews mit Betroffenen und einer
       Auswertung von Medienberichten.
       
       Beschrieben werden Fälle von wiederholten Einschüchterungen, der
       Durchsuchung von Wohnungen und Büros, von Schlägen und Folter, der Rache an
       Ex-Regierungsmitarbeitern, von Einschränkungen der Pressefreiheit, von
       Bedrohungen von ethnischen und religiösen Minderheiten bis hin zur Blockade
       von Hilfslieferungen für die widerspenstigen BewohnerInnen des
       [2][Pandschir]-Tals und zu politischen Morden. So sei etwa die schwangere
       frühere Polizistin Banu Negar getötet worden, genau wie der zunächst
       entführte Kabarettist Nazar Mohammed.
       
       ## Bedrohungen sind an der Tagesordnung
       
       Bedroht und eingeschüchtert von den Taliban würden insbesondere
       Menschenrechtsverteidiger*innen und Politikerinnen, aber auch
       [3][Journalist*innen] und immer wieder Freunde und Angehörige von
       Geflüchteten wie von Untergetauchten.
       
       Der Bericht nennt mehrere Beispiele aus verschiedenen Landesteilen, in
       denen Frauen trotz anderslautender Versprechen der Zugang zu ihren
       bisherigen Arbeitsplätzen verwehrt wurde, sei es durch entsprechende
       Anordnungen lokaler Taliban oder aus vorauseilendem Gehorsam der
       Arbeitgeber.
       
       Die Äußerungen der Taliban seien „unklar und inkonsistent und hätten Frauen
       in ganz Afghanistan eingeschüchtert“, heißt es in dem Bericht.
       
       Die Menschenrechtsorganisationen haben nach eigenen Angaben versucht, ihren
       Bericht den Taliban vorzulegen, doch hätten diese nicht geantwortet.
       
       ## Kabinett jetzt vollständig ohne Frauen
       
       Der [4][Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid], der die selbst ernannten
       Gotteskrieger stets als moderat und geläutert darzustellen versucht,
       präsentierte am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Kabul die Namen der
       restlichen 17 Mitglieder des [5][Übergangskabinetts]. Wieder war keine
       einzige Frau dabei und nur ein Mitglied der schiitischen Hasara-Minderheit.
       
       Mudschahid stellte auch die Wiedereröffnung weiterführender Schulen für
       Mädchen in Aussicht, nannte aber kein Datum. Seit Machtübernahme der
       Taliban ist Mädchen ab der 7. Klasse der Schulbesuch untersagt.
       Weiterführende Schulen waren letzte Woche aufgerufen worden, wieder für
       Jungen zu öffnen. An [6][Universitäten] dürfen Frauen nur noch von Männern
       getrennt und in Verschleierung studieren.
       
       In Deutschland drängten am Dienstag Hilfsorganisationen die Bundesregierung
       zu vermehrten Anstrengungen zur Aufnahme [7][gefährdeter Afghaninnen und
       Afghanen]. Joshua Hofert von Terre des hommes sprach in Berlin laut der
       Nachrichtenagentur epd von „Verantwortungsdiffusion“ und
       „Blockadesituation“. Teils zufällige Fristen und Obergrenzen der
       Bundesregierung behinderten humanitäre Entscheidungen.
       
       21 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.amnesty.de/sites/default/files/2021-09/Amnesty-Briefing-Afghanistan-Taliban-Menschenrechtsverletzungen-September-2021.pdf
   DIR [2] /Kaempfe-in-Afghanistan/!5799181
   DIR [3] /Journalistinnen-in-Afghanistan/!5797482
   DIR [4] /Afghanistan-nach-dem-Machtwechsel/!5794472
   DIR [5] /Neues-Kabinett-in-Afghanistan/!5795714
   DIR [6] /Frauenrechte-in-Afghanistan/!5799169
   DIR [7] /Schutzsuchende-aus-Afghanistan/!5801854
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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