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       # taz.de -- AfD-nahe Erasmus-Stiftung: Demokratie-TÜV gefordert
       
       > 40.000 Mails sind bei Politikern eingegangen, um eine Finanzierung der
       > AfD-nahen Erasmus-Stiftung zu verhindern. Ob nun was passiert, ist
       > unklar.
       
   IMG Bild: Haben ohne Stiftungsgesetz gut lachen: Alice Weidel und Erika Steinbach von der Erasmus-Stiftung
       
       Berlin taz | 40.000 Mails sind in den ersten zehn Tagen der Kampagne
       [1][„Kein Geld für die AfD“] bei Politiker*innen und Abgeordneten
       eingegangen. In den Schreiben bitten die Bürger*innen, eine Förderung
       aus Steuergeldern für die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung zu
       verhindern. Vor Kurzem sei der Server wegen Überlastung zusammengebrochen,
       heißt es von der Kampagne.
       
       Die Botschaft dürfte trotzdem angekommen sein: Viele Menschen haben ein
       Problem damit, dass der AfD nach einem Wiedereinzug in den Bundestag eine
       Millionenförderung für ihre [2][parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung]
       zusteht – jedenfalls nach bisheriger Praxis. Ein breites
       zivilgesellschaftliches Bündnis hatte deswegen [3][ein transparentes
       Stiftungsgesetz] gefordert, das auch eine Art von Demokratie-TÜV enthalten
       und sicherstellen soll, dass kein Geld für politische Bildung in
       antidemokratische Strukturen fließt.
       
       Bisher werden die Förderungen für parteinahe Stiftungen wie die
       Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU) oder die Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD) vom
       Haushaltsausschuss des Bundestags beschlossen – ohne klare
       Gesetzesgrundlage oder Kriterien für einen Bildungsauftrag, obwohl es
       immerhin um jährlich eine halbe Milliarde Euro geht. Ändert sich nichts,
       könnte die AfD-Stiftung pro Jahr zweistellige Millionenbeträge erhalten.
       Zum Vergleich: Durch die Parteienförderung bekam [4][die AfD 2020 11,8
       Millionen Euro].
       
       Die schwarz-rote Bundesregierung hat es trotz Forderungen der Grünen, der
       Linken und der Zivilgesellschaft versäumt, ein Stiftungsgesetz zu
       forcieren. Spätestens nach der Bundestagswahl jedoch müsste das angegangen
       werden, wenn die Stiftung der ehemaligen CDUlerin Erika Steinbach keine
       Millionen erhalten soll.
       
       Auch Konservativen bereitet das durchaus Sorgen: Der langjährige
       CDU-Abgeordnete und ehemalige Generalsekretär Ruprecht Polenz kennt die
       Stiftungschefin Steinbach noch aus der gemeinsamen Zeit in der
       CDU-Fraktion. „Steinbach selbst ist der typische Fall für die
       Vorfeldstrategie der Rechtsextremen“, sagte er der taz. Die
       Erasmus-Stiftung und die AfD-nahe Zeitung Junge Freiheit zähle er ebenso
       dazu.
       
       „Die arbeiten planmäßig daran, die Grenzen zwischen Rechtsextremismus und
       Konservatismus zu verwischen“, so Polenz, „damit kein tiefer Graben
       dazwischen ist, sondern eine schiefe Ebene.“ Leute wie Steinbach wollten
       „die schiefe Ebene mit Seife einschmieren, damit der Diskurs abrutscht“,
       sagt Polenz. „Das Problem bekommt man nur durch harte Ausgrenzung in den
       Griff.“ Die Finanzierung der Stiftung gelte es um jeden Preis zu verhindern
       – laut Polenz notfalls in einem langen Rechtsstreit: „Jeder Tag, den die
       Stiftung kein Geld bekommt, ist ein gewonnener Tag.“
       
       Martina Renner (Linke) sieht das ähnlich. „Die Stiftung wird sich um
       Einfluss im Bildungsbereich an Schulen und Unis bemühen, um dort Rassismus,
       Sexismus und andere Ungleichheitsideologien zu verbreiten“, so Renner. Die
       AfD sei keine normale demokratische Partei und das gelte auch für ihre
       Stiftung. „Deshalb muss eine Unterstützung mit Steuergeldern verhindert
       werden.“
       
       ## Umsetzung ist unklar
       
       Wie das konkret gelingen soll, ist allerdings umstritten. Ein von Volker
       Beck (Grüne) vorgeschlagenes Gesetz richtet den Demokratie-TÜV an der
       freiheitlich-demokratischen Grundordnung aus. Aber in der Linken gibt es
       die Befürchtung, dass bei einem Gesetz auf Basis der wissenschaftlich
       umstrittenen Extremismusdoktrin möglicherweise auch die Linken-nahe
       Rosa-Luxemburg-Stiftung in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Die Linke
       würde lieber ein Gesetz auf Basis von Wilhelm Heitmeyers Definition der
       Ideologien der Ungleichwertigkeit stricken.
       
       Grünenpolitiker Konstantin Notz sagte der taz, dass seine Partei weiter auf
       ein Gesetz drängen werde: „Der Handlungsbedarf ist offenkundig und ein
       Gesetz überfällig. CDU/CSU und SPD haben diese Reform leider auf die lange
       Bank geschoben“, so Notz. In der nächsten Wahlperiode müssten die Bremser
       ihren Widerstand endlich aufgeben.
       
       Kai Gehring, Bildungssprecher der Grünen, fand mit Blick auf die
       Erasmus-Stiftung bereits im Frühjahr klare Worte: „Mit ihren
       Begabtenförderungswerken fördern politische Stiftungen unter anderem
       Studierende und Promovierende finanziell und ideell, so dass mit dieser
       AfD-nahen Stiftung unter pseudobürgerlichem Antlitz eine rechtsradikale
       Kaderschmiede droht“. Mit dieser sollten menschenverachtende Ideologien in
       wissenschaftlich-intellektuelle Milieus vordringen.
       
       Von der FDP darf man sich in dieser Frage offenbar nicht allzu viel Hilfe
       ausrechnen. Deren Bundesvize Wolfgang Kubicki blieb auf Anfrage der taz
       schwammig. Es sei der Wille des Gesetzgebers, dass die AfD-Stiftung
       gefördert werde, insofern sie die Voraussetzungen erfülle, sagte er. Man
       müsse dagegen alles dafür tun, dass die AfD aus dem Bundestag verschwinde.
       Die SPD-Fraktion antwortete auf Anfrage der taz bisher nicht, ebenso blieb
       die CDU-Fraktion eine Antwort schuldig.
       
       Die sich als [5][bürgerlich inszenierende Erasmus-Stiftung] hat mit Erika
       Steinbach nicht nur eine problematische Chefin, sondern auch eine Reihe
       weiterer Personalien, die inhaltlich und personell mit dem als
       rechtsextremer Verdachtsfall eingestuften [6][Institut für Staatspolitik]
       verstrickt sind. Die Förderung hätte entsprechend weitreichende Folgen und
       würde möglicherweise einen bildungspolitischen Rechtsrutsch nach sich
       ziehen, wie die Kampagne „Kein Geld für die AfD“ befürchtet.
       
       Tatsächlich will die AfD-Stiftung ab dem nächsten Jahr ein
       Stipendienprogramm auflegen und rechte Karrieren befördern. Ebenso plant
       die Stiftung „Bildungsarbeit“ an Hochschulen, Universitäten und Schulen,
       sowie Auslandskontakte zu pflegen.
       
       22 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.kein-geld-fuer-die-afd.de/
   DIR [2] /AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5799973
   DIR [3] /Organisationen-verfassen-Manifest/!5779211
   DIR [4] https://www.bundestag.de/resource/blob/835922/0853db22122a388008ce071e287d8441/finanz_20-data.pdf
   DIR [5] /Desiderius-Erasmus-Stiftung/!5780728
   DIR [6] /Institut-von-Kubitschek-unter-Verdacht/!5680777
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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