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       # taz.de -- Die Wahl für Erb:innen: Vermögende bleiben verschont
       
       > Erbschaft verschärft die Ungleichheit bei Vermögen. Trotzdem traut sich
       > die Politik nicht an eine Reform der Erbschaftssteuer.
       
   IMG Bild: Wer hat, dem wird gegeben: Besserverdiener erben oft auch mehr
       
       Berlin taz | Über die Einkommensteuer wird im Wahlkampf immerhin
       diskutiert. Grüne und Linke wollen Spitzenverdiener*innen stärker zur
       Kasse bitten; die SPD plant, den Höchstsatz früher greifen zu lassen, die
       FDP später. Nur CDU/CSU wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. Wenn es
       um Ungleichheit geht, ist die Einkommensspreizung hierzulande aber gar
       nicht das zentrale Problem. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland bei
       der Einkommensungleichheit knapp unter dem EU-Durchschnitt. Das viel
       größere Problem ist hierzulande die Vermögensungleichheit.
       
       Das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt rund ein Drittel des
       Gesamtvermögens, den wohlhabendsten 10 Prozent gehören fast zwei Drittel.
       Die untere Hälfte hingegen besitzt praktisch nichts. Dennoch sehen die im
       Bundestag vertretenen Parteien nur wenig Notwendigkeit, diese Ungleichheit
       wesentlich zu ändern.
       
       Eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer lehnen CDU/CSU, FDP und AfD ab.
       Ihr Argument: Sie hemme die Wirtschaft. SPD und Grüne haben sich zwar für
       eine Wiedereinführung ausgesprochen. Die SPD plädiert in ihrem Wahlprogramm
       für einen einheitlichen Steuersatz von 1 Prozent für „sehr hohe Vermögen“.
       Gleichzeitig soll es aber hohe Freibeträge geben. Wie hoch – das
       beantwortet sie nicht. Die Grünen sprechen sich für eine Vermögenssteuer
       oberhalb von 2 Millionen Euro pro Person aus, die aber lediglich bei 1
       Prozent im Jahr liegt. Am weitesten gehen noch die Linken. Mit einem
       Freibetrag von 1 Million Euro fordern sie einen dann beginnenden Steuersatz
       von 1 Prozent. „Alle zielen mit ihren Maßnahmen auf das obere Prozent“,
       [1][kritisiert die Jenaer Soziologin Silke van Dyk]. „Eine gerechte
       Gesellschaft baut man aber nicht, indem man ein paar Superreiche etwas
       stärker besteuert.“
       
       Bliebe noch die Erbschaftsteuer. An eine Reform Letzterer wagt sich jedoch
       keine der Parteien wirklich heran. Woran es bei der derzeitigen Regelung
       hakt, sind die hohen Freibeträge. Jedes Elternteil kann jedem seiner Kinder
       bis zu 400.000 Euro steuerfrei vererben. Hinzu kommen zahlreiche
       Ausnahmeregelungen. In der Realität fällt für die meisten Erbenden nur
       wenig Erbschaftsteuer an. Dem Statistischen Bundesamt zufolge zahlten die
       Bundesbürger*innen im vergangenen Jahr auf Erbschaften und Schenkungen
       in Höhe von 84,4 Milliarden Euro rund 8,5 Milliarden Euro Steuern.
       
       Das Problem: Wie viel insgesamt vererbt wurde, wissen die Statistiker gar
       nicht genau. Denn die meisten Erbschaften lagen unterhalb der hohen
       Freibeträge, sie tauchen in den Zahlen der Finanzverwaltungen also gar
       nicht erst auf. Und auch bis zu 85 Prozent der Betriebsvermögen bleiben von
       der Erbschaftsteuer verschont. Wie hoch die Summe aller Vermögensübergänge
       ist, kann daher nur grob geschätzt werden: Bis zu 400 Milliarden Euro im
       Jahr wird vermutet.
       
       Die SPD hält die derzeitige Regelung der Erbschaftsteuer für „ungerecht“,
       „da sie vermögende Unternehmenserben bevorzugt“. Konkret wird sie aber
       nicht. Im Grünen-Wahlprogramm taucht die Erbschaftssteuer gar nicht erst
       auf. Und auch im Programm der Linken heißt es lediglich, sie wolle
       Erbschaften „stärker besteuern“. Union und FDP lehnen eine Reform ab. Acht
       Prozent auf alles, fordert Ökonom Clemens Fuest vom ifo Institut im
       [2][Handelsblatt] und zieht eine höhere Erbschaftsteuer auch einer
       Vermögenssteuer vor. Die Erbschaftsteuer muss einmal ermittelt werden, die
       Vermögenssteuer jedes Jahr. „Das wäre die einfachste und gerechteste
       Lösung.“
       
       23 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Soziologin-ueber-soziale-Ungerechtigkeit/!5789872
   DIR [2] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bundestagswahl-2021/parteiprogramme/steuerdebatte-hoehere-steuern-fuer-alle-erben-was-die-parteien-planen/27209182.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
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