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       # taz.de -- Konflikt zwischen Maghreb-Staaten: Luftraum für Marokko dicht
       
       > Algerien wirft dem Nachbarland vor, Separatisten in der Bergregion
       > Kabylei zu unterstützen. Hintergrund ist auch der Streit um die
       > Westsahara.
       
   IMG Bild: Streitpunkt zwischen Algier und Rabat: Westsahara, hier Zelt einer indigenen Sahraui-Familie
       
       Madrid taz | Algerien hat am Mittwoch die Schließung seines Luftraums für
       alle marokkanischen Flüge bekanntgegeben. Die Entscheidung wurde vom
       algerischen Hohen Sicherheitsrat getroffen, dem die wichtigsten zivilen und
       militärischen Behörden des Landes angehören. In einer Erklärung aus dem
       algerischen Präsidentenamt heißt es, dass die Schließung des Luftraums „in
       Anbetracht der Fortsetzung von Provokationen und feindlichen Praktiken von
       marokkanischer Seite“ erfolgt sei.
       
       Damit spitzt sich die diplomatische Krise zwischen den beiden
       nordafrikanischen Ländern weiter zu. Algerien hatte bereits vor genau einem
       Monat alle [1][diplomatischen Beziehungen zu Marokko abgebrochen].
       
       Die Maßnahme betrifft neben den Flügen der Royal Air Maroc nach Algerien
       auch die Verbindungen mit Tunesien, Ägypten und der Türkei. Diese Flüge
       werden künftig einen weiten Bogen über das Mittelmeer nehmen müssen. Die
       Landgrenzen zwischen Marokko und Algerien sind bereits seit Mitte der
       1990er Jahre geschlossen.
       
       Damals beschuldigte die Regierung in Rabat die Algerier, Terrorgruppen in
       Marokko zu unterstützen. Jetzt geht es um den gleichen Vorwurf, aber
       umgekehrt. Algier behauptet, dass Rabat eine Separatistengruppe in der
       algerischen Bergregion Kabylei unterstützt. Diese sollen den Sommer über
       schwere Waldbrände verursacht haben. Algerien bezieht sich dabei auf die
       [2][„Bewegung für die Autonomie der Kabylei“ (MAK)]. Die Gruppe wurde in
       Algerien als „terroristisch“ eingestuft.
       
       ## Marokko verliert künftig viel Geld im Erdgasgeschäft
       
       Doch der Vorwurf an Marokko, die MAK zu unterstützen, ist wohl nicht der
       Hauptgrund für den Konflikt beider Länder. Es geht vielmehr um die
       ehemalige spanische Kolonie [3][Westsahara]. Zwei Drittel sind von Marokko
       besetzt, ein Drittel wird von der Befreiungsbewegung Polisario unterhalten,
       deren Führung und Exilregierung vom sahrauischen Flüchtlingslager in
       Südalgerien aus operiert. Sie kämpft für die Unabhängigkeit der Westsahara.
       
       Marokko sieht sich in seinem Anspruch auf die Westsahara bestärkt, seit der
       ehemalige US-Präsident [4][Donald Trump] gegen die Kriterien der UNO Rabats
       Souveränität über die ehemalige spanische Kolonie anerkannte. Im Gegenzug
       intensivierte Rabat die Beziehungen zu Israel. Marokko und „die
       zionistische Entität“ hätten einen Komplott gegen Algerien geschmiedet,
       heißt es in der algerischen Presse immer wieder.
       
       Der Streit zwischen Marokko und Algerien zieht auch die ehemalige
       Kolonialmacht der Westsahara in Mitleidenschaft. Algerien wird diesen
       Herbst alle Gaslieferungen über die Pipeline, die die Erdgasfelder im Süden
       des Landes über Marokko mit Spanien verbindet, einstellen.
       
       Für Marokko bedeutet dies den Verlust von 7 Prozent des Erlöses aus dem
       algerischen Gasgeschäft, die als Transitgebühr fällig wird. Je nach Jahr
       beläuft sich der Gesamtbetrag auf bis zu 200 Millionen Euro. Diesen Herbst
       müssten die drei Länder einen erneuten Liefervertrag aushandeln. Dazu wird
       es wohl erst einmal nicht kommen.
       
       Die Schließung des Luftraums ist eine Art Willkommensgeschenk an den
       künftigen marokkanischen Ministerpräsidenten Aziz [5][Akhannouch]. Der
       Multimilliardär, der mit seiner Unabhängigen Nationalversammlung (RNI)
       Anfang September die Parlamentswahlen gewann, gab am Mittwoch bekannt, dass
       er die Koalitionsverhandlungen erfolgreich abgeschlossen habe. Er wird mit
       Unterstützung einer monarchistischen und einer wirtschaftsliberalen Partei
       regieren. Neben Akhannouchs RNI werden die Partei für Ehrlichkeit und
       Modernität (PAM) sowie die historische Unabhängigkeitspartei Istiqlal an
       der Regierung beteiligt sein.
       
       23 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Algerien-kappt-Beziehungen-zu-Marokko/!5791563
   DIR [2] https://www.makabylie.org/
   DIR [3] /Konflikt-in-Westsahara/!5737297
   DIR [4] /Israel-und-die-arabische-Welt/!5737538
   DIR [5] /Neuer-Regierungschef-in-Marokko/!5795997
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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