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       # taz.de -- Unteilbar-Demonstration in Berlin: Einig für einen Tag
       
       > Tausende Menschen sind dem Aufruf des Unteilbar-Bündnisses in Berlin
       > gefolgt. Sie machten sich für unterschiedliche Themen stark.
       
   IMG Bild: Demonstrierende auf der Unteilbar-Demo am 4. September in Berlin
       
       Berlin taz | Es dauert alles ein wenig an diesem trüben Samstagmittag in
       Berlin-Mitte. Von der Friedrichstraße über den Potsdamer Platz bis ins
       Regierungsviertel haben sich die 16 Blöcke der Unteilbar-Demonstration
       aufgereiht. Dazwischen: viel Platz, viel Polizei und nur wenige, kleine
       Grüppchen von Demonstrierenden. [1][Der Bahnstreik] und die Coronapandemie
       bescheren der Demo einen etwas schläfrigen Start. Viele kommen verspätet,
       zudem haben die Veranstalter:innen die „Auftaktmeile“ absichtlich lang
       gestreckt, damit alle die Abstände einhalten können.
       
       Am Brandenburger Tor sind Katharina und ihre Freund:innen von den „Omas
       for Future“ auf der Suche nach dem Klimagerechtigkeits-Block. Schon 2018
       waren sie [2][bei der großen Unteilbar-Demo in Berlin] dabei, erzählt sie.
       Doch obwohl damals eine Viertelmillion Menschen für Solidarität und
       Klimaschutz auf die Straße gingen, habe sich seitdem wenig getan. Deshalb
       ist ihre Botschaft in diesem Jahr: „Geht wählen! Gerade die Ü-50-Fraktion
       darf sich jetzt nicht wegducken, darf nicht weggucken und muss
       Verantwortung übernehmen für ihre Enkel:innen!“
       
       Wenig später wird es dann doch noch bunt, laut und voll. Von rund 30.000
       Teilnehmenden sprechen die Veranstalter:innen, die Polizei geht von einer
       Zahl „im oberen vierstelligen Bereich“ – also knapp 10.000 Personen – aus.
       Mehr als 350 Organisationen, Vereine und Initiativen hatten den Aufruf „für
       eine solidarische und gerechte Gesellschaft“ unterzeichnet, darunter
       Amnesty International, Fridays for Future, Sea Watch und die Gewerkschaft
       ver.di.
       
       ## Vielfältige Fahnen und Forderungen
       
       Entsprechend vielfältig sind die Fahnen, Plakate und Transparente, die
       durch die Stadt getragen werden: Während im „Antirassistischen Power Block“
       der Tod zahlloser Menschen im Mittelmeer beklagt wird, schwenkt wenige
       hundert Meter weiter hinten jemand eine EU-Fahne. Nicht nur im
       Umverteilungs-Block befürwortet man die Vergesellschaftung von Wohnraum –
       die Berliner SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey, für die das Thema
       Enteignung „eine rote Linie“ darstellt, spricht trotzdem unbehelligt vom
       SPD-Lauti am Ende des Demonstrationszugs zu ihren Anhänger:innen.
       
       Wie gelingt es, all diese Gruppen und Meinungen zu einen? Für Anja Piel aus
       dem DGB-Bundesvorstand steht fest: „Es ist die Einsicht, dass wir die
       Herausforderungen dieser Zeit nur gemeinsam bewältigen können“, sagt Piel
       auf der Auftaktkundgebung. Beim Kampf gegen den Klimawandel wie bei der
       Transformation der Arbeitswelt dürfe niemand auf der Strecke bleiben.
       
       Wiebke Judith von Pro Asyl lenkt die Aufmerksamkeit auf das [3][Thema
       Afghanistan]: „Wir sind sprachlos und wütend angesichts des Versagens der
       Bundesregierung in Afghanistan und stehen unteilbar an der Seite der
       afghanischen Geflüchteten und der Zivilgesellschaft in Afghanistan“, ruft
       sie vom Wagen des Unteilbar-Bündnisses. Als sie Horst Seehofer und dessen
       Ablehnung eines Aufnahmeprogramms für Menschen aus Afghanistan erwähnt,
       geht ihre Stimme in Pfiffen und Buhrufen unter.
       
       ## Nicht alle ordnen sich Blöcken zu
       
       Doch die Unteilbar-Demo bietet nicht nur den großen Organisationen die
       Möglichkeit, ihre Forderungen in die Öffentlichkeit zu tragen. Immer wieder
       trifft man kleinere Grüppchen, die sich für diesen Tag verbündet haben, um
       auf ihre Situation aufmerksam zu machen.
       
       So auch Alaa, die sich keinem der Blöcke zuordnen will, aber mit ihren
       Freundinnen gegen die Diskriminierung von Frauen, die Kopftuch tragen,
       protestiert: „Ich habe in so vielen Vorstellungsgesprächen Rassismus
       erlebt. Deshalb will ich heute klarmachen: Ich habe die freie Entscheidung
       getroffen, ein Kopftuch zu tragen. Dafür will ich nicht verurteilt und
       ausgegrenzt werden!“
       
       Nach etwa zwei Stunden erreicht die Spitze des Demonstrationszugs ihr Ziel,
       eine große Bühne auf der Karl-Marx-Allee. Inzwischen scheint die Sonne und
       zwischen dem Auftritt der Punkband ZSK, einer Rede der [4][Klimaaktivistin
       Carla Reemtsma] und einer Videobotschaft von Edward Snowden blitzt ein
       wenig der Happening-Charakter der vergangenen Unteilbar-Demonstrationen
       auf. Damit ist auch die erste Großdemonstration des Bündnisses unter
       Coronabedingungen wohl gelungen. Platzangst musste niemand haben – Abstände
       wurden eingehalten, Masken getragen.
       
       Trotzdem kommt die Neuauflage der Unteilbar-Demo in Berlin kaum an den
       Auftakt 2018 heran. Das mag auch an der Aufmerksamkeit liegen, die Themen
       wie der Klimawandel und die Wohnungsfrage derzeit erhalten. Und dazu stehen
       die großen Demonstrationen im Vorfeld der Wahl noch an.
       
       4 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Streik-der-GDL/!5794358
   DIR [2] /Ueber-200000-bei-Unteilbar-Demo/!5542697
   DIR [3] /Schwerpunkt-Afghanistan/!t5008056
   DIR [4] /Junge-Menschen-in-der-Politik/!5597702
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanno Fleckenstein
       
       ## TAGS
       
   DIR Black Lives Matter
   DIR Schwerpunkt Rassismus
   DIR #Unteilbar
   DIR Demonstration
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   DIR Schwerpunkt Klimaproteste
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