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       # taz.de -- Rezo veröffentlicht neues Video: Hier spricht der Enkel
       
       > In seinem neuen Video nimmt sich der Youtuber Rezo erneut die
       > Klimapolitik der großen Koalition vor. Seine Bilanz ist vernichtend.
       
   IMG Bild: Der alte Zerstörer hat wieder zugeschlagen
       
       Berlin taz | Wen und was erreicht Rezo [1][mit seinem jüngsten Video]? Wer
       der Meinung ist, dass die kommende Wahl eine „Klimawahl“ ist, für den sind
       das entscheidende Fragen. Denn Artensterben und vor allem Klimawandel sind
       die beiden Themen in Rezos neuem Beitrag „Zerstörung Teil 2“. Ganz
       klassisch arbeitet er diese Themen durch, erklärt Institutionen wie den
       Weltklimarat IPCC, nennt aktuelle Zahlen über Erderwärmung oder Dürren
       weltweit und in Deutschland und ackert sich durch die Energie- und
       Klimapolitik der großen Koalition.
       
       Wie in seinen vergangenen politischen Videos [2][„Zerstörung Teil 1“] oder
       [3][„Zerstörung der CDU“] ist die Union Hauptzielscheibe seiner Kritik, der
       er ein Komplettversagen im Zukunftsthema Klimapolitik vorwirft. Die Partei
       falle bei der „Wissenschaftsleugnung extrem negativ auf“, CDU-Politiker
       stünden auf der Gehaltsliste von Konzernen wie RWE und verhinderten nicht
       nur eine wirkungsvolle Klimapolitik, sondern auch die ökonomische
       Entwicklung, indem sie Zukunftstechnologien wie die Solarindustrie
       ausbremsten. Gute Idee: Verkehrsminister Andreas Scheuer wird als neue
       Einheit für die Verschwendung von Steuergeld eingeführt. Aber auch FDP und
       SPD bekommen ordentlich was ab.
       
       Die Sozialdemokraten erscheinen bei Rezo wie ein bloßer Anhang der Union,
       [4][der die miese Klimapolitik die ganze Wahlperiode lang lediglich brav
       mitgetragen hat]. Nicola Beer, FDP-Politikerin und Vizepräsidentin des
       Europaparlaments, wird vorgeführt, weil sie in einem Interview die
       messbaren derzeitigen Klimaveränderungen als „Kleine Ausschläge“,
       bezeichnet, die „über die Jahrhunderte betrachtet nicht die Brisanz“
       hätten, wie das momentan behauptet werde. Das sei „völliger Bullshit, das
       widerspricht jedem wissenschaftlichen Stand“, urteilt Rezo. Da ist ihm die
       AFD nur noch wenige Sätze wert.
       
       Neu ist das alles nicht. Wer eine Tageszeitung liest oder Nachrichten
       guckt, der kann das alles wissen, [5][was Rezo da erzählt]. Das ist ja
       gerade das Desaster, dass sowohl die Probleme als auch (zumindest in
       Teilen) die politischen Lösungen seit Jahren auf dem Tisch liegen. Dass sie
       aber von der großen Koalition nicht verstanden und dementsprechend auch
       nicht umgesetzt werden. Insofern steckt hinter „wen oder was erreicht Rezo“
       die bange Frage: Predigt auch der knapp 30-Jährige nur zu den Gläubigen?
       Schauen nur die irgendwas zwischen 10 und 20 Prozent der Wahlberechtigten,
       die die Klimakrise verstanden haben und wollen, dass die nächste
       Bundesregierung sie ernsthaft angeht, das Video, schreiben ihre
       begeisterten Kommentare darunter – und Ende der Vorstellung?
       
       ## Der eloquente Solitär
       
       Interessant ist, worüber Rezo in seinem 33-minütigen Video nicht spricht:
       Die Grünen kommen genauso wenig vor wie [6][Fridays for Future], obwohl
       sich der Beitrag wie ein einziger riesiger Wahlwerbespot für die Grünen
       anhört. Teil der Jugendbewegung will Rezo nicht sein, obwohl er sie
       unterstützt und ihre Ziele teilt, das hat er in Interviews und Texten schon
       häufig gesagt.
       
       Rezo tritt als Solitär auf. Er nutzt Jugendsprache so kunstvoll wie
       bewusst. Geschickt streut er Worte der Jugendsprache ein, wie „sus“
       (verdächtig), tanzt und quatscht sich mit einer ungeheuren Zahl an
       Anglizismen durch seinen Text. Erstaunlicherweise nervt das auch eine
       50-jährige Zuschauern auf Dauer nicht. Es ist amüsant. Dazu passt eine
       kurze, absolut überhaupt nicht repräsentative Umfrage, die besagt: 15- bis
       17-Jährige kennen Rezo zwar, gucken sich seine Videos aber eher nicht an.
       
       Der knapp 30-Jährige besitzt durch sein Auftreten, die sozialen Medien, in
       denen er publiziert und durch seine Sprache ein hohes Maß an
       Glaubwürdigkeit – für Ältere. An die wendet sich Rezo ja am Ende seines
       Beitrags auch ganz explizit, in einem durchaus berührenden Aufruf. Sie
       möchten doch bitte das Richtige wählen, um den Kindern und Jugendlichen
       eine lebenswerte Zukunft zu ermöglichen, die sich den Älteren gegenüber
       während der Corona-Epidemie so solidarisch verhalten haben. Funktioniert
       das? Wird er als autenthischer Vertreter einer so sympathischen wie
       bedrohten Jugend diejenigen Älteren erreichen, die den Klimawandel zwar
       irgendwie wahrnehmen, die aber bislang nicht bereit sind, ihr Konsum- und
       Wahlverhalten entsprechend umzustellen? Schön wär's ja.
       
       5 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=Ljcz4tA101U
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=rIj3qskDAZM
   DIR [3] https://www.youtube.com/watch?v=4Y1lZQsyuSQ
   DIR [4] /Keine-Einigung-beim-Moorschutz/!5792987
   DIR [5] /Wahlkampf-die-Gruenen-und-Rezo/!5794068
   DIR [6] /Proteste-vor-der-IAA-in-Muenchen/!5798606
       
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