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       # taz.de -- Verzwergung der Fußball-Bundesliga: Zweitklassige Topspiele
       
       > Der Höhepunkt dieses Wochenendes findet mit Werder gegen den HSV in der
       > Zweiten Liga statt. Tradition verkauft sich besser als guter Fußball.
       
   IMG Bild: Ein Knaller: Werder gegen den HSV, hier im Februar 2018
       
       In Unterföhring wird an den ganz großen Schlagzeilen gebastelt. Es ist
       nicht so, dass sich am nordöstlichen Stadtrand Münchens so gehäuft
       aufregende Dinge ereignen würden. Unter Aktuelles steht auf der Website der
       Gemeinde immer noch zuoberst die Meldung von der
       Rotwangen-Schmuckschildkröte, die am 30. August am Poschinger Weiher
       aufgefunden wurde und in der Auffangstation für Reptilien München e.V. wohl
       leider immer noch auf ihren Besitzer oder ihre Besitzerin wartet. Von
       Unterföhring aus, einem der größten Medienstandorte Deutschlands, schaut
       man jedoch auch auf die Welt und [1][in den Sky-Studios] insbesondere auf
       die Bundesligawelt, die man gegen gutes Geld exklusiv an die
       TV-Zuschauer:innen verkaufen darf. So bewerben die Medienprofis aus
       Unterföhring via Pressemitteilung jede Woche den „Super Samstag“ und das
       „Top-Spiel“ der Woche.
       
       Das Problem ist nur, dass der Spielplan der deutschen Fußballelite beim
       Leser mittlerweile in etwa so viele Emotionen weckt wie die Meldung einer
       entlaufenen Rotwangen-Schmuckschildkröte. Die Topspiel-Findungskommission
       des TV-Senders ist um ihre Arbeit nicht zu beneiden. Kreativität ist
       gefragt, wenn man sich letztlich dazu entschließt, die Partie des
       Tabellenzwölften (RB Leipzig) beim Siebten (1. FC Köln) mit Glanz zu
       überziehen. Top ist dann eben gezwungenermaßen eine Mannschaft wie Leipzig,
       die mit drei Niederlagen schon mächtig unter Druck steht, und der nun so
       solide dastehende Fastabsteiger aus der letzten Saison.
       
       Angesichts dieser Tristesse ist es kein Wunder, dass die Scheinwerfer in
       Unterföhring nun vor allem auf das Zweitligaduell und Nordderby zwischen
       Werder Bremen und dem Hamburger SV („lang ersehnt“) ausgerichtet werden.
       Hier dürften an diesem Wochenende die besten TV-Quoten erzielt werden,
       zählen doch beide Teams ebenso wie der Zweitligist Schalke 04 zu den sechs
       Vereinen, welche die Fernsehzuschauer:innen in Deutschland am meisten
       interessieren.
       
       „Die diesmal aber wirklich stärkste zweite Liga der Welt“, titelte Zeit
       Online bereits vor zwei Jahren, als der Hamburger SV und der VfB Stuttgart
       abgestiegen waren. Eine Zeile, die Jahr für Jahr nichts an ihrer Aktualität
       einzubüßen scheint, wenn man sich die Lobeshymnen der vergangenen Wochen
       auf das Unterhaus vor Augen führt.
       
       ## Der Unsinn von der stärksten Zweiten Liga
       
       Umgekehrt betrachtet müsste man sich eigentlich fragen, was in der ersten
       Liga eigentlich falsch läuft, wenn ihr ständig so viel Stärke verloren
       geht. Das ist natürlich Unsinn. Die stärksten Spieler wollen nach wie vor
       erstklassig spielen. Die erste Liga verliert lediglich Prominenz und
       Tradition an die Zweite Liga, die nach wie vor Fußball in bescheidenerer
       Qualität anbietet und wohl auch deshalb derzeit von Jahn Regensburg und dem
       SC Paderborn 07 angeführt wird.
       
       [2][Wobei kleinere Klubs im Zuge der Professionalisierung generell mehr
       Beweglichkeit und Wendigkeit aufweisen] als Traditionsvereine, die
       verkrustete Strukturen und etliche Honoratioren mit sich herumschleppen
       müssen.
       
       Wie auch dieser Spieltag aber zeigen wird, verkauft sich Tradition beim
       Publikum immer noch besser als guter Fußball. Dass beides vermehrt wieder
       zusammenfindet, ist auf mittlere Sicht eher unwahrscheinlich.
       
       Im Konkurrenzkampf um die wenigen Aufstiegsplätze drohen die sich eh schon
       in finanzieller Schieflage befindlichen Großklubs sich im wahrsten Sinne
       des Wortes völlig zu verausgaben. Einen zweiten oder dritten Anlauf können
       die Vereine dann nur stark geschwächt in Angriff nehmen. Profiteure könnten
       Klubs wie Regensburg und Heidenheim sein. Die Verzwergung der ersten Liga
       ist vermutlich noch längst nicht beendet.
       
       17 Sep 2021
       
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