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       # taz.de -- Taliban stellen Regierung vor: Neue alte Taliban-Herrschaft
       
       > Afghanistans neue Regierung besteht nur aus Taliban-Führern. Keine
       > Frauen, aber ein vom FBI gesuchter Terrorist als Innenminister.
       
   IMG Bild: Pressekonferenz von Taliban-Sprecher Zabidhullah Mujahid in Kabul zur neuen Regierung
       
       Islamabad rtr | Die radikal-islamischen [1][Taliban] haben über drei Wochen
       nach der Einnahme Kabuls eine [2][Übergangsregierung] in Afghanistan
       ernannt. Mullah Hassan Achund wurde zum amtierenden Regierungschef
       bestimmt, teilte Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahid am Dienstag in
       Kabul mit und wies darauf hin, dass alle Posten in der Regierung zunächst
       kommissarisch vergeben wurden.
       
       Achund war enger Weggefährte von Mullah Omar, einer der Gründer der Taliban
       und Staatsoberhaupt während der ersten Taliban-Herrschaft von 1996 bis
       2001. Der oberste Taliban-Führer Mullah Haibatullah Achundsada kündigte an,
       die Übergangsregierung werde so schnell wie möglich ihre Arbeit aufnehmen.
       
       Achundsada wies in einer Stellungnahme auch auf die Leitlinien der neuen
       Staatsspitze hin. Demnach werden alle Regierungsangelegenheiten und das
       Leben in Afghanistan den Gesetzen der Heiligen Scharia unterworfen. Er
       erklärte, die Taliban stünden zu allen internationalen Gesetzen, Verträgen
       und Verpflichtungen, die nicht im Widerspruch mit den islamischen Gesetzen
       stünden.
       
       Achundsada, dessen Sohn sich bei einem Attentat in die Luft sprengte,
       gratulierte dem Land zur Befreiung von „ausländischer Herrschaft“.
       Achundsada hat seit 2016 das letzte Wort in allen politischen, religiösen
       und militärischen Fragen bei den Taliban.
       
       ## Innenminister auf der US-Terrorliste
       
       Der Posten des amtierenden Innenministers wurde an Siradschuddin Hakkani
       vergeben. Hakkani, dessen gleichnamiges Netzwerk von den USA als
       terroristische Gruppierung eingestuft wird, gehört zu den meistgesuchten
       Männern der US-Ermittlungsbehörde FBI. Hakkani soll an Selbstmordanschlägen
       beteiligt gewesen sein und über enge Kontakte zum Extremisten-Netzwerk
       Al-Qaida verfügen.
       
       Die USA reagierten zunächst verhalten auf die Bekanntgabe der neuen
       Regierung. Regierungssprecherin Jen Psaki erklärte nur, es werde nicht
       kurzfristig eine Anerkennung der afghanischen Regierung geben. Ein Sprecher
       der Vereinten Nationen sagte vor Reportern mit Blick auf die Regierung, nur
       eine ausgehandelte und alle Seiten berücksichtigende Verständigung werde
       Afghanistan Frieden bringen.
       
       Am 13. September ist in Genf eine Geberkonferenz angesichts der gefährdeten
       Grundversorgung großer Teile der Bevölkerung und über einer halben Million
       Flüchtlinge im Land geplant. Westliche Staaten haben sich zu humanitären
       Hilfen bereit erklärt. Umfangreichere Wirtschaftshilfen sollen allerdings
       vom Verhalten der Taliban abhängig gemacht werden. Taliban-Sprecher
       Mudschahid sagte, das jetzige Kabinett sei geformt worden, um sich um die
       Grundbedürfnisse der Afghanen zu kümmern.
       
       Stellvertreter Achunds soll Mullah Abdul Ghani Baradar werden, bislang Chef
       des politischen Büros der Islamisten. Mullah Mohammad Jakub ist als
       Verteidigungsminister vorgesehen. Jakub ist ein Sohn des Taliban-Gründers
       Omar. Für den Posten des Außenministers ist Amir Chan Muttaki eingeplant,
       sein Stellvertreter soll Abas Staniksai werden.
       
       Unklar war zunächst, welche Rolle der oberste Taliban-Führer [3][Mullah
       Haibatullah Achundsada] in der neuen Regierung spielen soll. Seit der
       Einnahme von Kabul vergangenen Monat ist Achundsada nicht mehr in der
       Öffentlichkeit aufgetreten.
       
       Unterdessen haben Hunderte Menschen in Kabul gegen die radikal-islamische
       Gruppierung protestiert. Taliban-Kämpfer versuchten, die Kundgebungen mit
       Warnschüssen aufzulösen.
       
       8 Sep 2021
       
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