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       # taz.de -- Wahlkampfauftakt in Frankreich: Rechte Mobilmachung
       
       > Beim Wahlkampfauftakt ihrer Partei betont Marine Le Pen, Präsidentin
       > Frankreichs werden zu wollen. Doch ihr droht Gefahr – von weiter rechts
       
   IMG Bild: Marine Le Pen am Sonntag beim Wahlkampfauftakt
       
       Paris taz | „Die Zeit ist gekommen“, stand in weißer Schrift auf der blauen
       Wand hinter dem Redepult von Marine Le Pen. Die Chefin [1][des
       rechtsextremen Rassemblement National (RN)] begann am Sonntag im
       südfranzösischen Fréjus ihren Wahlkampf. Zum dritten und wohl auch letzten
       Mal versucht die 53-Jährige im nächsten Jahr, Präsidentin zu werden.
       
       „Wir betrachten einen Sieg Marine Le Pens als nicht zu vernachlässigende
       Möglichkeit“, warnte die den Sozialisten nah stehende Stiftung Jean Jaurès
       im Frühjahr. Le Pen kämpft vor allem um die Stimmen aus dem konservativen
       Lager, das sie mit einer von ihrer Partei losgelösten Kandidatur zu
       überzeugen hofft. Den Parteivorsitz übergab sie deshalb an ihren 25 Jahre
       alten Vize Jordan Bardella.
       
       In ihrer Rede setzte Le Pen wie gewohnt auf ihre Paradethemen Sicherheit
       und Einwanderung. „Es wird keinen Ort in Frankreich geben, an dem das
       Gesetz nicht angewandt wird“, kündigte sie unter dem Applaus ihrer rund 900
       Zuhörerinnen und Zuhörer an. „Wir werden die Banden, die Mafia und all jene
       ausrotten, die uns ihren Lebensstil auferlegen wollen.“ Sie werde die
       Präsidentin der französischen Freiheiten sein.
       
       „Freiheiten, liebe Freiheiten“ lautet auch der Slogan ihres Wahlplakats,
       das sie vergangene Woche vorstellte. Das Motto greift die Forderung der
       Impfgegnerinnen und Impfgegner auf, die jeden Samstag durch die Straßen
       ziehen. [2][Der Gesundheitspass, den Macron im Juli einführte], sei ein
       unverhältnismäßiger Angriff auf die Freiheit, kritisierte Le Pen. „Wenn
       jeden Samstag [3][Tausende das Wort Freiheit skandieren], dann herrscht da
       ein Unbehagen, das man ernst nehmen muss.“
       
       Auch wenn Le Pen sich in Fréjus nichts anmerken ließ, beginnt sie ihren
       Wahlkampf unter schlechten Vorzeichen. Weiter rechts droht ihr nämlich mit
       dem rechtsextremen Publizisten Eric Zemmour, der seine Kandidatur noch
       nicht erklärte, Konkurrenz.
       
       ## Bittere Lehren aus dem Kommunalwahlen
       
       Mit Positionen, die bei der Einwanderung noch extremer sind als die Le
       Pens, stellt Zemmour die 53-Jährige als lasch hin. Offen vertritt er die
       These des „grand remplacement“, nach der die Eliten einen Austausch der
       französischen Bevölkerung durch Einwanderer anstreben. „Er kann nicht
       gewinnen, aber er kann ein Stein im Schuh sein“, warnte der
       RN-Bürgermeister von Perpignan, Louis Aliot, in der Zeitung Libération.
       
       Schon die Kommunalwahlen im vergangenen Jahr hatten den RN geschwächt. Der
       Partei gelang es nämlich nicht, außer Perpignan eine größere Stadt zu
       gewinnen. Bei den Regionalwahlen im Sommer ging der RN ebenfalls leer aus –
       auch, weil Le Pen ihre Wählerinnen und Wähler nicht dazu bringen konnte, zu
       den Urnen zu gehen.
       
       ## Marine Le Pen rechnet sich gute Chancen aus
       
       Wie gewohnt kritisierte die Kandidatin in Fréjus die „Diktatur“ der EU und
       kündigte an, im Falle eines Wahlsieges das nationale über internationales
       Recht zu stellen. Das Thema Europa könnte den Wahlkampf im Frühjahr
       bestimmen, da Macron dann als überzeugter Europäer versuchen dürfte, mit
       der französischen EU-Ratspräsidentschaft zu punkten. Außerhalb ihrer
       Paradethemen bot Le Pen wenig neue Ideen. In einem Interview mit der
       Zeitung Le Figaro schlug sie vergangene Woche vor, die Autobahnen zu
       verstaatlichen.
       
       Bereits seit der Übernahme des Parteivorsitzes 2011 fährt die RN-Chefin
       eine Strategie der „Normalisierung“. Der mehrfach wegen Antisemitismus und
       Rassismus verurteilte Parteigründer Jean-Marie Le Pen wurde aus dem
       Rassemblement National ausgeschlossen, auch wenn sich die jüngste Tochter
       inhaltlich nicht von ihrem Vater entfernte. Umfragen sehen Marine Le Pen in
       die Stichwahl gegen Staatschef Emmanuel Macron einziehen. Die zweite Runde
       dürfte die Juristin im April 2022 allerdings knapp gegen den Amtsinhaber
       verlieren.
       
       12 Sep 2021
       
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   DIR Christine Longin
       
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