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       # taz.de -- Überlegener Ryder Cup-Sieger USA: Höchste Klatsche ever
       
       > Die USA gewinnen den Ryder Cup der Golfer gegen ein chancenloses Team
       > Europe mit 19:9. Der Jubel danach ist entsprechend groß und rauschhaft.
       
   IMG Bild: Vergebliche Mühe: der Norweger Viktor Hovland konnte die Niederlage gegen die USA nicht verhindern
       
       Demonstrativ stellten sich alle vor Padraig Harrington, den
       verantwortlichen Kapitän des europäischen Teams. Nein, nein, den Iren
       treffe keine Schuld, meinte etwa Ian Poulter, mit 45 Jahren einer der
       Routiniers im Feld, der Chef habe „einen tollen Job gemacht“ und keine
       taktischen Fehler, immer gut motiviert, Kritik sei unfair. Das Ergebnis:
       9:19. Es war die höchste Klatsche, die ein Ryder-Cup-Team je eingesteckt
       hat. Europas Golfer waren in Whistling Straits, Wisconsin beim 43. Turnier
       um den Ryder Cup weggewalzt worden.
       
       Padraig Harrington, ein Motivator? Der Eindruck am Schlusstag war ein
       anderer. Der 50-Jährige stand mit seiner großen Weltsichtbrille meistens
       abseits der Grüns und lächelte vor sich hin, gern mit verschränkten Armen,
       ansonsten Hände in den Hosentaschen. Er wirkte wie ein gelangweilter
       Physiklehrer auf Klassenausflug, als sei er ein unbeteiligter Zuschauer,
       der aus Versehen in diese Golf-Vorführung geraten sei. Harrington als
       Spieler (drei Major-Siege) war ganz anders: gierig, manchmal sichtbar
       verbissen und mit jeder Faser ehrgeizig.
       
       Die Erzählung der Europäer nachher hieß schlicht: Dieses US-Team [1][mit
       acht Spielern unter den Top Ten] der Welt war einfach zu gut. Nach den
       Zwischenständen im Laufe des Sonntagabends hätte die Niederlage auch 7:21
       lauten können. Team Europa hatte im großen Prestigeduell nie eine Chance:
       schon nach den Doppeln am Freitag und Samstag stand es 5:11. Einen solchen
       Rückstand hatte noch nie wer aufgeholt.
       
       Aber wer weiß? 6:10 hatten sie schließlich schon einmal in einen Sieg
       drehen können, 2012 in Medinah, als Martin Kaymer am Ende den
       entscheidenden Putt lochte. Die beiden Spanier Sergio Garcia, der zum
       Ryder-Cup-Rekordspieler wurde, und der Weltranglistenerste Jon Rahm hatten
       bei den Doppeln am Freitag und Samstag als einzige gut gepunktet.
       
       ## Kurios später Jubel
       
       Und genau diese beiden verloren ihre Einzel am Sonntagfrüh haushoch. Jon
       Rahms Gegner Scottie Scheffler etwa lag mit vier Birdies nach vier Löchern
       gleich 4:0 vorn. Herausragend über drei Tage war Dustin Johnson. Er gewann
       alle seine fünf Matches, das ist seit 1927 erst zwei Spielern vor ihm
       gelungen.
       
       Kurios war, dass die USA zwischenzeitlich den Sieg schon sicher hatten und
       weder Spieler, ZuschauerInnen noch das Fernsehen das mitbekamen: 14:6 stand
       es, als Collin Morikawa, Sieger der British Open in diesem Sommer, am 17.
       Loch gegen den jungen Norweger Viktor Hofland, 24, in Führung ging. Damit
       war zumindest ein Remis sicher und also der halbe fehlende Punkt. Aber alle
       spielten weiter, als sei nichts passiert. Erst am Grün 18 tauchte im TV die
       Einblendung auf „Putt to win the Ryder Cup“. Der ging daneben, Kämpfer
       Hovland mit seinem ausdauernd schulbübischen Grinsen gewann das Loch noch:
       unentschieden. Erst jetzt begannen die USA zu jubeln.
       
       Martin Kaymer, einer der fünf Vizekapitäne, hatte Youngster Hovland am
       Schlusstag begleitet. Kaymer („Mr. Nice Guy“) war wegen seiner „netten
       Emotionen“ von Harrington ins Team geholt worden. Am Sonntag machte Kaymer
       seinem alten Spitznamen „German Kühlschrank“ alle Ehre. Er stand in der
       Nähe von Hovlands tollem Kampf oder lehnte mal an einem Schild herum, nie
       eine Regung im Gesicht, Arme verschränkt wie sein Chef.
       
       Hallo: Braucht der Ryder Cup nicht Gift und Emotion? Der Nordire Rory
       McIlroy, sonst Mr. Cool, brach beim Interview kurz nach seinem
       Schlusserfolg gegen [2][Olympia-Champ Xander Schauffele] in heftige Tränen
       aus.
       
       Vor dem Turnier waren die saftigen Animositäten einzelner US-Spieler
       untereinander (Bryson DeChambeau, Brooks Koepka) Thema gewesen. Jetzt
       jubelte US-Kapitän Steve Stricker: „Wir waren alle Freunde.“ Das Team
       „hatte in dieser Woche eine Mission und das hat man gemerkt. Das ist eine
       neue Dimension für den Sport in diesem Land.“ Kleiner ging es an diesem
       rauschhaften Abend nicht, auch nicht persönlich: „Ich habe nie ein Major
       gewonnen. Das ist jetzt mein Major.“
       
       Jubelsalven, nicht enden wollend! Spätestens 2023 in Rom werden sie
       verhallt sein.
       
       27 Sep 2021
       
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