# taz.de -- Unterschriftensammler vor Gericht: Bußgeld fürs Engagement
> Ein Unterschriftensammler für eine Hamburger Volksinitiative soll Bußgeld
> bezahlen: Die Polizei wertete seinen Einsatz als Kundgebung.
IMG Bild: Wie bei dieser Demo im April ging es bei der Unterschriftensammlung um die Begrenzung der Mieten
Hamburg taz | Weil er mitten in der Pandemie Unterschriften für die
[1][Mieten-Volksinitiative] sammelte, hat Johannes Kohl am 20. Oktober
einen Termin beim Amtsgericht. Dort soll sein Widerspruch gegen einen
Bußgeldbescheid verhandelt werden. Dass er zusammen mit einer zweiten
Person beim Sammeln unterwegs war, werteten zwei Polizisten als
Versammlung, die er spätestens 24 Stunden vorher hätte anzeigen müssen.
Jetzt soll er 150 Euro plus Bearbeitungsgebühr bezahlen.
Dass die Staatsanwaltschaft die Sache weiterverfolgt und jetzt ein
Gerichtstermin angesetzt ist, erstaunt. Denn das
Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen Kohls Mitstreiterin ist eingestellt
worden. „Ohne Begründung“, sagt Anwalt Marc Meyer vom Mieterverein „Mieter
helfen Mietern“, die sich für die Mieten-Volksinitiative einsetzt. Meyer
wundert sich über auch noch aus einem anderen Grund: Schon vor einem halben
Jahr sei ein ähnliches Verfahren in Altona mangels Tatverdacht eingestellt
worden.
Kohl und seine Mitstreiterin waren im August 2020 mit einem Fahrradanhänger
am Neuen Pferdemarkt unterwegs, in dem sie das Material für die
Unterschriftensammlung hatten: Listen, Stifte, einen Tisch und
Desinfektionsspray. Laut ihren Schilderungen trugen sie einen
Mund-Nasen-Schutz und hielten ein Schild mit der Aufschrift „[2][Keine
Profite mit Boden und Miete] – hier unterschreiben“. Zwei Polizisten
werteten das als politische Versammlung, die nach den Maßgaben der
Coronaverordnung des Senats hätte angemeldet werden müssen – und damit als
Ordnungswidrigkeit.
Rechtsanwalt Meyer hält das für abwegig. Zum einen sei es in keiner Weise
ausgemacht, dass zwei Personen schon eine Versammlung darstellten. „Für uns
ist das aber nicht die Kernfrage“, sagt Meyer. Vielmehr gehe es darum, ob
das Unterschriftensammeln als Kundgebung zu bewerten sei.
„Ich stehe dort nicht, um meine Meinung kundzutun, sondern um
Unterschriften zu sammeln“, argumentiert Meyer. Dass damit eine
Meinungsäußerung verbunden sei, lasse sich nicht vermeiden. Das sei aber
nicht der Kern dessen, worum es beim Unterschriftensammeln gehe. „Wenn man
das immer als Versammlung behandelt, wird es problematisch“, warnt Meyer.
Ohnehin müsse der Senat das Sammeln von Unterschriften für eine zugelassene
Volksinitiative schützen.
29 Sep 2021
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DIR [2] https://keineprofitemitbodenundmiete.de/
## AUTOREN
DIR Gernot Knödler
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