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       # taz.de -- Vorratsdatenspeicherung vor EuGH: Todesstoß für den Zombie
       
       > Wer ist wann online, telefoniert oder simst? Das wüsste Deutschlands
       > Politik gern – und zieht damit vor den EuGH, obwohl sie scheitern wird.
       
   IMG Bild: Der gläserne Mensch
       
       Die [1][Vorratsdatenspeicherung] ist der Zombie der deutschen Innenpolitik.
       Immer wieder wird sie gesetzlich eingeführt, aber noch nie wurde sie
       praktiziert. Das aktuelle deutsche Gesetz wurde 2015 von der großen
       Koalition beschlossen und dann [2][2017 kurz vor dem Start von der
       Bundesnetzagentur ausgesetzt] – mit Blick auf die strenge Rechtsprechung
       des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
       
       Am Montag verhandelte der EuGH in Luxemburg nun endlich über das deutsche
       Gesetz; in einigen Monaten wird das Urteil verkündet. Und es ist damit zu
       rechnen, dass der EU-Gerichtshof dem Zombie Vorratsdatenspeicherung einen
       neuen Todesstoß versetzt.
       
       ## Was soll das eigentlich?
       
       Als Vorratsdatenspeicherung (VDS) bezeichnet man die anlasslose Speicherung
       der Telefon- und Internetverbindungsdaten der gesamten Bevölkerung. Die
       Provider müssen dabei zum Beispiel festhalten, wer wann wen angerufen,
       angemailt oder angesimst hat, und wer wann wo sich mit welcher IP-Adresse
       ins Internet eingeloggt hat. So sollte ein riesiger Datenfundus entstehen,
       auf den die Polizei bei Bedarf zugreifen kann.
       
       Der EuGH hat die verdachtslose Speicherung von sensiblen Daten der gesamten
       Bevölkerung mehrfach als generell unverhältnismäßig beanstandet. Die
       EU-Staaten bis hin zum Bundesverfassungsgericht haben das aber nie
       akzeptiert. Im Oktober 2020 hat der EuGH daher in Fällen aus England und
       Frankreich punktuell nachgegeben. Zumindest eine [3][anlasslose Speicherung
       von IP-Adressen hält er nun für zulässig], um die Verbreitung von
       Kinderpornografie bekämpfen zu können.
       
       Doch was macht die deutsche Politik? Statt das deutsche Gesetz sofort den
       neuen Anforderungen und Zugeständnissen des EuGH anzupassen, wartet sie ein
       weiteres Jahr untätig, bis der EuGH auch das deutsche Gesetz geprüft und
       beanstandet hat. Nichts zeigt deutlicher, dass es den
       Innenpolitiker:innen eben nicht um die Sache, sondern um bloße
       Symbolpolitik geht. Lieber wird das Siechtum des Untoten beklagt, als ihn
       zu einem halbwegs verträglichen Leben zu erwecken.
       
       13 Sep 2021
       
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