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       # taz.de -- US-Abzug aus Afghanistan: Blinkens Verteidigungslinie steht
       
       > Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses nehmen den Außenminister in die
       > Mangel. Der muss sich auch scharfe Kritik von den Demokrat*innen
       > anhören.
       
   IMG Bild: Musste am Montag auf unangenehme Fragen antworten: US-Außenminister Antony Blinken
       
       Washington taz | Nur zwei Tage nach dem 20. Jahrestag der Terroranschläge
       vom 11. September 2001 ging es im US-Kongress erneut um Afghanistan.
       US-Außenminister Antony Blinken musste sich am Montag den Fragen der
       Kongressabgeordneten zum chaotischen US-Truppenabzug aus dem Land in
       Zentralasien stellen.
       
       Blinken verteidigte [1][das Vorgehen der US-Regierung] vehement in oftmals
       hitzigen Wortgefechten mit Republikanern. Auch gab er der letzten
       US-Regierung um den früheren US-Präsidenten Donald Trump sowie den
       afghanischen Sicherheitskräften und der afghanischen Regierung eine
       Mitschuld an dem, was sich in Afghanistan in den vergangenen Wochen
       ereignet hatte.
       
       „Es gibt keinen Beweis dafür, dass eine Verlängerung unseres
       Truppeneinsatzes die Widerstandsfähigkeit der afghanischen
       Sicherheitskräfte oder der afghanischen Regierung gesteigert hätte“, sagte
       Blinken vor dem Auswärtigen Ausschuss im US-Repräsentantenhaus. Wenn 20
       Jahre und Hunderte Milliarden Dollar nicht reichten, warum sollten ein
       weiteres Jahr, fünf oder zehn Jahre einen Unterschied machen, fragte er.
       
       Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten ihr militärisches Engagement in
       Afghanistan nach zwei Jahrzehnten am 31. August beendet. Im Vorfeld hatten
       die islamistischen Taliban die Macht im Land zurückerobert. In der
       afghanischen Hauptstadt Kabul war es zu chaotischen Szenen gekommen, als
       Zehntausende von Afghan*innen versuchten, per Flugzeug aus dem Land zu
       fliehen.
       
       ## Kritik an der Ausführung
       
       Am Ende gelang es den USA in Zusammenarbeit mit Verbündeten, mehr als
       124.000 Menschen per Luftbrücke aus Afghanistan zu evakuieren. Allerdings
       wurden Hunderte von US-Bürger*innen und Tausende von afghanischen
       Helfer*innen zurückgelassen. Republikaner und Demokraten kritisieren
       deshalb nicht die Entscheidung, Amerikas längsten Krieg der Geschichte zu
       beenden, sondern wie der Truppenabzug und die Evakuierungen letztlich
       ausgeführt wurden.
       
       Der republikanische Abgeordnete Michael McCaul aus Texas bezeichnete die
       Vorgehensweise der Regierung als eine „absolute Katastrophe von epischen
       Ausmaßen“. Seine Parteikollegin aus Missouri, Ann Wagner, fügte hinzu, dass
       Amerika und die Welt aufgrund des „stümperhaften“ Abzugs ein wenig
       unsicherer geworden seien.
       
       „Das alles war grob fahrlässig und schlecht ausgeführt“, sagte der
       republikanische Abgeordnete Lee Zeldin aus New York während der Anhörung.
       Er legte dem Außenminister zudem nahe, zurückzutreten.
       
       Auch Demokraten kritisieren [2][das Vorgehen der Regierung um Präsident Joe
       Biden]. Nur der Ton war ein anderer. Der demokratische Ausschussvorsitzende
       Gregory Meeks sagte: „Hätten die Dinge anders gehandhabt werden sollen?
       Natürlich.“
       
       ## Wenig Zustimmung
       
       Dass die Regierung für ihre Afghanistan-Entscheidung auch von
       demokratischer Seite nur wenig Zustimmung findet, war für den
       außenpolitischen Experten Justin Russell das Überraschendste der gesamten
       Anhörung.
       
       „Für die Regierung ist es schwierig zuzugeben, dass das Ganze ein Versagen
       in strategischer Planung und Außenpolitik war. Ich glaube, die Demokraten
       haben begriffen, dass es keine leichte Aufgabe sein wird, das Vorgehen der
       Regierung zu verteidigen“, sagte Russell, der Direktor des außenpolitischen
       Thinktanks „New York Center for Foreign Policy Affairs“.
       
       Nachdem die Abgeordneten des US-Repräsentantenhauses am Montag Blinken für
       mehr als fünf Stunden in die Mangel nehmen durften, sind an diesem Dienstag
       die Senator*innen dran. Der Außenminister darf sich auf ähnliche Fragen
       einstellen. Es ist davon auszugehen, dass konkrete Antworten Mangelware
       bleiben werden.
       
       14 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
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