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       # taz.de -- Parlamentswahlen in Norwegen: Aus für die Rechtskoalition
       
       > Die Linke legt zu, die Rechte ist abgewählt. Mit dem Wahlergebnis in
       > Norwegen wird künftig ganz Skandinavien wieder sozialdemokratisch
       > regiert.
       
   IMG Bild: Riesenfreude bei Norwegens Sozis um Jonas Gahr Støre (zweiter von rechts)
       
       Stockholm taz | Wilder Jubel über das zweitschlechteste Wahlresultat seit
       97 Jahren. Das war die Reaktion, als sich der Parteivorsitzende der
       norwegischen Sozialdemokraten Jonas Gahr Støre am Montagabend kurz vor 22
       Uhr, als stabile Prognosen seinen Wahlerfolg bestätigt hatten, auf der
       Wahlparty der Partei in Oslo bei seinen GenossInnen für den Einsatz im
       Wahlkampf bedankte. Große Erleichterung löste die zuvor deutlich spürbare
       Nervosität ab. Man ist bescheiden geworden. Anfang des Jahres schien es ja
       auch noch viel schlimmer kommen zu können. Da lag die Partei in Umfragen
       nur noch bei 17 Prozent.
       
       Sechzehn Jahre ist es her, dass die sozialdemokratische Arbeiterpartei aus
       der Opposition heraus eine Rechtsregierung von der Macht verdrängen konnte.
       2005 waren dazu noch 32,7 Prozent der WählerInnenstimmen notwendig. Diesmal
       reichten sogar 26,4 Prozent. Was natürlich auch bedeutet, dass die Partei
       mehr als je auf die Stimmen anderer Parteien angewiesen sein wird, um im
       Parlament eine Mehrheit zusammenzubekommen.
       
       Aus seiner Traumkonstellation hatte der mutmaßliche künftige
       Ministerpräsident Gahr Støre schon im Wahlkampf kein Hehl gemacht: Eine
       Mitte-links-Regierung mit der liberalen Zentrumspartei und der
       Sozialistischen Linkspartei – eine schon zwischen 2005 und 2013 erprobte
       Koalition. Die drei Parteien kommen zusammen auf 89 Mandate. Die magische
       Zahl für eine Mehrheit im Storting sind 85 Mandate.
       
       Nach acht Jahren endet damit auch die Regierungszeit von Angela Merkels
       norwegischer Parteifreundin [1][Erna Solberg]. Ihre konservative Høyre
       machte das größte Minus, verlor nahezu ein Fünftel ihrer WählerInnen und
       landete bei 20,4 Prozent. Auch die übrigen drei Parteien des rechten
       Flügels in der norwegischen Politik waren Verlierer. Die
       rechtspopulistische [2][Fortschrittspartei] sackte mit 11,9 Prozent auf ihr
       schlechtestes Wahlresultat seit 1993 ab.
       
       ## Der Frauenanteil so hoch wie noch nie
       
       Umgekehrt legten mit Ausnahme der Sozialdemokraten alle Parteien zu, die
       dem linken Flügel zugerechnet werden. Am meisten die liberale
       Zentrumspartei mit einem Plus von 3,3 auf 13,6 Prozent. Die
       sozialistisch-grüne Rødt (Rote), eine 2007 aus den Resten kommunistischer
       Organisationen hervorgegangene Partei, konnte ihre Stimmen auf 4,7 Prozent
       fast verdoppeln und damit erstmals die 4-Prozent-Sperrgrenze nehmen.
       
       An der 4-Prozent-Hürde scheiterte hingegen wie schon vor vier Jahren ganz
       knapp die grüne Umweltpartei MDG mit 3,8 Prozent. Sie ging damit aber nicht
       leer aus, weil sie immerhin drei Direktmandate erringen konnte. Die
       Sozialistische Linkspartei legte um 1,4 Prozentpunkte auf 7,5 Prozent zu.
       Und 110 Jahre nachdem die erste Frau ins Parlament kam, ist dort der
       Frauenanteil mit 47 Prozent nun so hoch wie noch nie.
       
       Nach der Wahl in Norwegen können die SozialdemokratInnen [3][Mette
       Frederiksen] in Kopenhagen, [4][Sanna Marin] in Helsinki und [5][Stefan
       Löfven] in Stockholm also höchstwahrscheinlich bald Gesellschaft von Jonas
       Gahr Støre in Oslo bekommen. Erstmals seit 2001 würden dann alle vier
       skandinavischen Länder wieder gleichzeitig von roten MinisterpräsidentInnen
       regiert werden.
       
       In den kommenden Wochen stehen aber zunächst noch spannende Verhandlungen
       über die Bildung einer neuen Regierung an. Die würden „knallhart“ werden,
       versprach Audun Lysbakken, der Vorsitzende der Linkssozialisten: „Ohne uns
       wird es für die Sozialdemokraten keine Mehrheit im Parlament geben. Diese
       Macht werden wir gebrauchen.“
       
       14 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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