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       # taz.de -- Sportler:innen für den Bundestag: Nur Schmuckwerk
       
       > Mit Claudia Pechstein (CDU) und Frank Ullrich (SPD) wollen zwei
       > Olympiasieger in den Bundestag. Wofür sie genau stehen? Man weiß es
       > nicht.
       
   IMG Bild: Biathlon-Olympiasieger Frank Ullrich (l.) mit Olaf Scholz im Wahlkampf in Südthüringen
       
       Die politischen Wege in den Deutschen Bundestag sind oft beschwerlich.
       Einige haben sich ihr Mandat aber einfach erturnt, erradelt oder erpfiffen.
       Die mühselige lokale Parteiarbeit blieb dem Turnweltmeister Eberhard
       Gienger, Radolympiasieger Jens Lehmann oder Fifa-Schiedsrichter Bernd
       Heynemann erspart. Ihre Prominenz wirkte auf ihrem Weg ins deutsche
       Parlament wie ein automatischer Türöffner. Alle drei sind Hinterbänkler der
       staatstragenden CDU geworden. Gienger und Lehmann saßen bis zuletzt im
       Plenum.
       
       Und nun will bei der Bundestagswahl am Sonntag noch die
       [1][Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein] für die CDU
       dazugleiten. Sie ließ sich, so heißt es, unter anderem von der
       Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner von einem Wechsel ins politische
       Fach überzeugen. Leistung muss sich wieder lohnen, ist der allgemeine auch
       politische Grundsatz der Noch-Leistungssportlerin. Im Konkreten weiß man
       bislang mehr darüber, was ihr unwichtig ist (Gendern), als was ihr wichtig
       ist.
       
       Der erste, wie Pechstein selbst betont, [2][dem sie Fragen zu ihrer
       Kandidatur beantwortet habe], sei Klaus Kelle, der Chefredakteur der
       Online-Tageszeitung TheGermanz, gewesen. Der Mann, dem Pechstein sich so
       zugetan zeigt, gehört der stockkonservativen Werteunion der CDU an und
       macht via Twitter Wahlkampf für den höchst umstrittenen ehemaligen
       Verfassungsschutzpräsidenten, [3][der für die CDU auf rechtsextremen
       Stimmenfang geht]. „Hans-Georg Maaßen muss den Direktwahlkreis in Thüringen
       für die CDU gewinnen. Er muss einfach!“
       
       Der Zufall will es, dass der Gegenkandidat von Maaßen mit dem Biathleten
       und [4][olympischen Goldmedaillengewinner Frank Ullrich] wiederum ein
       ehemaliger Leistungssportler und eine prominente Ortsgröße ist. „Nicht nur
       Olympiasieger! Jeder muss ein Recht auf gute Rente haben“, so polemisiert
       Maaßen auf Plakaten gegen seinen programmatisch vielleicht etwas zu
       biographisch aufgestellten SPD-Konkurrenten.
       
       ## Natürlich in den Sportausschuss
       
       Wie alle Quereinsteiger aus dem Profisport in den Bundestag scheut Frank
       Ullrich den politischen Nahkampf und allzu konturierte Positionen, will
       politische Niederlagen „sportlich nehmen“ und sich als Mann des Volkes und
       des Ausgleichs präsentieren. Und natürlich will er wie Pechstein in den
       Sportausschuss.
       
       Während Sportler:innen zuletzt immer mehr für die politische Dimension
       ihrer Lebenswelt sensibilisiert werden, sich für mehr Teilhabe und
       Gleichberechtigung einsetzen und zunehmend gegen Rassismus und Homophobie
       kämpfen, verkörpern deren Repräsentanten im Bundestag mumienhaft nach wie
       vor eher Staatstragendes und betreiben nebenbei ein wenig Klientelpolitik.
       
       So sind Sportler:innen nicht viel mehr als Schmuckwerk im politischen
       Betrieb. Besser eignen sie sich bislang sowieso als Claqueure. Dass man
       hierbei in der Auswahl aber auch daneben liegen kann, hat wenig
       überraschend der CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet unlängst vorgeführt.
       Beim dritten Triell war in seinem Unterstützer:innenteam Roman
       Weidenfeller, der ehemalige Torhüter von Borussia Dortmund, vor Ort.
       
       Der Mann, der einst einer härteren Strafe durch den DFB entging, weil er
       folgendes richtigstellten wollte: Er habe seinen Gegenspieler Gerald
       Asamoah nicht als „schwarze Sau“, sondern als „schwule Sau“ beschimpft.
       Doch in der Politik wie im Sport gibt es die erstaunlichsten Karrieren.
       Weidenfeller mag sich in der Vergangenheit vor allem über die
       Torhüterpolitik beim DFB geärgert haben, eines Tages sitzt er vielleicht
       mir nichts, dir nichts neben Claudia Pechstein im Bundestag.
       
       24 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Pechstein-fuer-den-Bundestag/!5796189
   DIR [2] https://the-germanz.de/exklusiv-interview-olympiasiegerin-claudia-pechstein-49-kandidiert-im-september-fuer-die-cdu/
   DIR [3] /Umgang-mit-der-AfD-im-Wahlkampf/!5802611
   DIR [4] /Frank-Ullrich-gegen-CDU-Rechtsaussen/!5782735
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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