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       # taz.de -- Erwartung an die neue Koalition: IHK will Berlin wieder hochfahren
       
       > Der neue Kammerpräsident Daniel-Jan Girl sieht die Wirtschaft als vierten
       > Koalitionspartner und warnt vor ihrer Dämonisierung.
       
   IMG Bild: Diie IHK – hier die Zentrale in Charlottenburg – fordert eine „Koalition der Wirtschaft“
       
       Berlin taz | Parallel zu den laufenden Sondierungsgesprächen hat die
       Industrie- und Handelskammer (IHK) am Donnerstag gefordert, eine „Koalition
       der Wirtschaft“ zu bilden. „Unsere Lieblingskoalition ist die, bei der wir
       mit am Tisch sitzen“, sagte der neue Präsident der Kammer, der 40-jährige
       Digitalunternehmer Daniel-Jan Girl, in einem Pressegespräch. Aufbauend auf
       einem künftigen Dreierbündnis sah er darin „eine Viererkoalition“.
       
       Zehn Tage nach der Abgeordnetenhaus, aus der die SPD als stärkste Partei
       vor Grünen und CDU hervorging, bot Girl die Wirtschaft als Partner der
       Politik an und betonte dabei: „unabhängig von der politischen Couleur“. In
       Eingangsworten hatte der neue Präsident aber klar gemacht, wie unzufrieden
       er mit dem gegenwärtigen Zustand der Stadt ist. „Berlin war mal die Stadt
       der Freiheit und der Chancen“, sagte er. Für die Freiheit gilt das für ihn
       weiterhin, nicht aber für die Chancen: „Zu viele politische Akteure der
       Stadt haben die Chancen verpasst oder verhindert.“ Auch auf Nachfrage
       mochte Girl nicht sagen, welche Akteure und Parteien er damit konkret
       meint. Es gehe nicht um Schuldzuweisungen und auch nicht darum,
       zurückzuschauen.
       
       Neben Girl berichteten weitere IHK-Vertreter aus verschiedenen Branchen
       über Probleme mit überbordender Bürokratie, zu langsamer oder
       unzureichender Digitalisierung und verfehlter Bildungspolitik, die aus
       IHK-Sicht nicht dazu beigetragen hat, das Interesse an Ausbildungsberufen
       zu steigern. Ein Sprecher der Immobilienwirtschaft rief nach schnelleren
       Genehmigungsprozessen auf dem Weg zu mehr bezahlbaren Wohnraum und bot
       einen Dialog an: „Wir sind Teil der Lösung.“
       
       Girl, der nach acht Jahren als IHK-Vorstandsmitglied im September an die
       Spitze der Kammer gewählt wurde und sich dabei gegen einen von seiner
       Vorgängerin Beatrice Kramm vorgeschlagenen Mitbewerber durchsetzte, warnte
       vor einer Situation wie zum Start des rot-rot-grünen Bündnisses nach der
       Wahl 2016: „Bei den letzten Koalitionsverhandlungen saß die
       Wirtschaftspolitik am Katzentisch“, äußerte er sich. Noch schlimmer sei,
       dass die Wirtschaft „dämonisiert und gegen die Menschen ausgespielt“
       werde. Die Politik – genauer wurde Girl auch hier nicht – hat daran aus
       seiner Sicht ihren Anteil, wenn sie von eigenem Versagen ablenken wolle und
       die Wirtschaft als Blitzableiter dienen müsse.
       
       Das gilt für ihn auch mit Blick auf den Volksentscheid, bei dem eine
       deutliche Mehrheit für die Enteignung großer Wohnungsunternehmen stimmte.
       „Wir wollen uns als Problemlöser anbieten. Die Verwaltung Berlins wird
       nicht von der Verwaltung selbst digitalisiert werden können.“ Wer das
       stattdessen kann, ist für Girl klar: „Die Wahrheit ist, dass wir den Laden
       am Laufen halten.“
       
       7 Oct 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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