URI: 
       # taz.de -- Facebook unter Druck: Herr Zuckerbergs schreckliche Woche
       
       > Eine Whistleblowerin hat zweifelhafte Praktiken des Konzerns offengelegt.
       > Jetzt sagt sie vor dem US-Kongress aus.
       
   IMG Bild: Frances Haugen informiert den US-Kongress über die Machenschaften von Facebook
       
       Es ist Mittwoch und die Woche könnte für [1][Facebook-Gründer Mark
       Zuckerberg] kaum schlechter laufen. Nach dem weltweiten Ausfall von
       Facebook, Whatsapp und Instagram am vergangenen Montagabend [2][sagte am
       Dienstag die Whistleblowerin Frances Haugen vor dem US-Kongress aus]. Schon
       am Sonntagabend hatte der US-Fernsehsender CBS ein Interview mit der
       Whistleblowerin ausgestrahlt, in dem sie auf haufenweise Missstände bei
       Facebook hinwies.
       
       Die Produktmanagerin hatte knapp zwei Jahre für den Konzern gearbeitet und
       war als Teamleiterin der Einheit „Civic Integrity“ auch für die Eindämmung
       von Falschinformationen, Gewaltaufrufen und Hassrede zuständig. Aller Mühe
       zum Trotz änderte sich kaum etwas.
       
       [3][Bei der Erstürmung des Kapitols in Washington] am 6. Januar habe
       Facebooks Algorithmus eine wichtige Rolle gespielt, so Haugen. Sie wirft
       dem Unternehmen vor, die Probleme genau zu kennen und im ständigen
       Interessenkonflikt zwischen öffentlicher Sicherheit und den eigenen
       Profiten immer den Profit zu wählen. Zahlreiche firmeninterne Dokumente,
       Präsentationen, Studien und Chats unterstützen ihre Aussagen. Frances
       Haugen hatte diese Unterlagen zuerst dem US-Kongress und der
       US-Börsenaufsichtsbehörde SEC zur Verfügung gestellt, sowie dem Wall Street
       Journal, das unter [4][dem Schlagwort „Facebook Files“] darüber berichtete.
       
       Demnach wurde die Führungsriege mehrfach von Mitarbeiter:innen auf
       schwere Versäumnisse hingewiesen, wie etwa den Umgang mit illegalen
       Inhalten in Entwicklungsländern. Facebook wisse demnach, dass
       Drogenkartelle über ihre Plattform neue Auftragskiller suche oder
       Menschenhändler ihre „Ware“ anbieten. Im Interview mit NDR, WDR und der
       Süddeutschen Zeitung wird Haugen noch deutlicher: „In Myanmar oder
       Äthiopien stellt Facebook den eigenen Profit über die Sicherheit von
       Menschen und Menschen verlieren aufgrund dieser Entscheidung ihr Leben.“
       
       ## Erste Konsequenzen
       
       Eine interne Studie aus dem Januar 2020 zeigt, dass in Afghanistan die
       eigenen Regeln von Facebook einzig in Dari übersetzt worden sind, obwohl
       etwa 49 weitere Sprachen im Land gesprochen werden. Auch das Melden von
       Hassrede ist für viele nicht in der eigenen Sprache möglich.
       
       Den Veröffentlichungen scheinen schon erste Konsequenzen zu folgen. Das
       Unternehmen hatte eine [5][Instagram-Version für Zehn- bis Zwölfjährige]
       geplant, doch nun veröffentlichte interne Untersuchungen zum Einfluss von
       Instagram auf junge Nutzer:innen haben Facebook wohl veranlasst, diese
       Pläne auf Eis zu legen. In dem Bericht gehen Facebook-Forscher:innen davon
       aus, dass Instagram bei zahlreichen Jugendlichen – vor allem bei Mädchen –
       die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper verstärkt, was wiederum
       Auswirkungen auf die psychische Gesundheit habe.
       
       Vergangene Woche wurde dazu bereits die Sicherheitschefin von Facebook,
       Antigone Davis, im Senat befragt, am Dienstag war Haugen an der Reihe. Sie
       beantragte nun offiziell Schutz als Whistleblowerin, um sich vor einer
       Klage ihres ehemaligen Arbeitgebers zu schützen. Ihr Fazit: „Diese Version
       von Facebook zerreißt unsere Gesellschaft und verursacht Gewalt in der
       Welt.“
       
       Auf bisherige Krisen hat Zuckerberg stets gleich reagiert: Lächeln,
       Besserung geloben und auf Bemühen hinweisen. Damit Facebook diesmal
       grundlegend etwas ändert, bräuchte es vermutlich mehr Druck: von der
       US-Administration und Regierungen weltweit, oder durch einen
       internationalen Streik der Mitarbeiter:innen und Dutzende von
       Whistleblowern.
       
       5 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kartellamt-gegen-Facebook/!5761068
   DIR [2] https://www.commerce.senate.gov/2021/10/protecting%20kids%20online:%20testimony%20from%20a%20facebook%20whistleblower
   DIR [3] /US-Untersuchung-zum-Sturm-aufs-Kapitol/!5790155
   DIR [4] https://www.wsj.com/articles/the-facebook-files-11631713039?mod=bigtop-breadcrumb
   DIR [5] /Facebook-Plaene-fuer-neues-Netzwerk/!5765378
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malaika Rivuzumwami
       
       ## TAGS
       
   DIR IG
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Hate Speech
   DIR Instagram
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Whistleblower
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR US-Senat
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Kolumne Digital Naives
   DIR Schwerpunkt Meta
   DIR Internet
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Facebook schafft Gesichtserkennung ab: Immer noch evil
       
       Facebook will aus einer besonders problematischen Technologie aussteigen:
       der Gesichtserkennung. Wird jetzt alles gut? Der Konzern jedenfalls nicht.
       
   DIR Überblick über Facebook Papers: Was in den Leaks steht
       
       Interne Dokumente des US-Unternehmens Facebook wurden geleakt, die
       sogenannten Facebook Papers. Was steckt dahinter?
       
   DIR Facebooks Zukunftspläne: Neues Image dringend gesucht
       
       Es lief in letzter Zeit mehrfach nicht gut für Facebook. Die Aussichten
       für den Konzern sind trotzdem ziemlich glänzend.
       
   DIR Neue Richtlinien: Facebook wird strenger bei Mobbing
       
       Der Plattformkonzern verschärft seine Regeln. Künftig soll stärker gegen
       Gruppen vorgegangen werden, die koordiniert Einzelne belästigen.
       
   DIR Enthüllungen um Facebook: Zuckerberg widerspricht Kritik
       
       Die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen hat im US-Senat ausgesagt. Mark
       Zuckerberg wies daraufhin die Vorwürfe zurück.
       
   DIR Facebooks Totalausfall: Big Tech ist längst zu groß
       
       Facebook zerschlagen: Wenn es schon nicht gelingt, die problematischen
       Geschäftsmodelle abzustellen, dann muss man an die Größe ran.
       
   DIR Weltweite Panne bei Facebook: Sechs Stunden Stille
       
       Dienste des Tech-Giganten Facebook waren nicht zu erreichen. Der Fall macht
       die fatale Machtkonzentration des US-Konzerns sichtbar.
       
   DIR Cybermobbing wegen Fortnite: Ratlose Eltern
       
       An französischen Schulen wurden gerade systematisch jüngere
       Schüler:innen gemobbt. Eltern aber sind noch dabei, den vorletzten Trend
       zu verstehen.
       
   DIR Facebooks eigene Regeln: Zu groß darf es nicht geben
       
       Plattformen wie Facebook schaffen sich nahezu ein eigenes Rechtssystem. Die
       Größe der Konzerne ist das Problem – eine Entflechtung wäre richtig.
       
   DIR Facebooks Veröffentlichungsregeln: 5,8 Millionen Ausnahmen
       
       Facebook setzt Berichten zufolge seine Moderationsregeln sehr
       unterschiedlich streng durch. Und protegiert damit Prominente.