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       # taz.de -- Krankenhausbewegung in der Volksbühne: Politisches Theater als Verstärker
       
       > Die Streikenden von Charité und Vivantes sind zu Gast in der Volksbühne.
       > Sie berichten von den tödlichen Folgen profitorientierter Krankenhäuser.
       
   IMG Bild: Die Krankenhausbewegung in der Volksbühne
       
       Berlin taz | René Pollesch wollte sich nicht in den Vordergrund drängeln.
       Also betrat der erst seit September amtierende [1][Volksbühnen-Intendant]
       für seine Begrüßung der Pressekonferenz der [2][streikenden
       Krankenhaus-Pflegerinnen] gar nicht erst die Bühne im Roten Salon, sondern
       blieb davor stehen. Statt in die Kameras vor sich zu gucken, drehte er sich
       um zu den Frauen auf dem Podium, drückte seine Freude aus, dass sie da
       sind, und versicherte ihnen: „Die Belegschaft der Volksbühne steht hinter
       euch; ihr habt unsere volle Solidarität.“ Drei Sätze, mehr nicht; Abgang
       Pollesch. Auftritt der Hauptpersonen.
       
       Das waren an diesem Dienstagvormittag drei Pflegerinnen und eine Hebamme
       von Vivantes, eine Intensivpflegerin der Charité sowie die Tochter einer
       Patientin, die auch aufgrund mangelnder Versorgung in einem landeseigenen
       Berliner Krankenhaus verstorben ist. Sechs Frauen, fünf davon seit 27 Tagen
       im Streik, und eine Botschaft: „Unser Verlangen nach mehr Personal rettet
       Menschen.“ Es sei nicht der Streik, der das Partientenwohl gefährdet,
       sondern der Normalzustand.
       
       Dass die Gefahr, unterversorgt zu bleiben, zu warten, ob nur auf den
       Toilettengang oder auch auf lebensnotwendige Behandlung, real ist und nicht
       nur „gefühlt“, wie es die Krankenhaus-Manager (Ma-na-ger!) von Vivantes
       behaupten, machten die Pflegerinnen deutlich: Unterbesetzte
       Intensivstationen, wo ein Notfall den Ausfall der Versorgung für alle
       anderen bedeutet; Hebammen, die mehrere Geburten gleichzeitig betreuen; zur
       Eigensicherung festgeschnallte Patienten, weil eine Dauerwache nicht
       finanzierbar sei. Dass diese Zustände in einem reichen Land beschämend
       sind, auch das wurde deutlich.
       
       Doch obwohl das Problem auf [3][Profitmaximierung getrimmter Krankenhäuser]
       eines ist, das potenziell jede:n betrifft, fällt der allgemeine Aufschrei,
       die Empörung über verhandlungsunwillige Geschäftsführungen – mehr bei
       Vivantes als der Charité – und nicht eingreifende Politiker*innen
       weiterhin mau aus. Der Auftritt war daher auch ein Hilferuf, ein „Mischt
       euch ein“. Dass die Volksbühne dafür als Verstärker fungiert, ist ein
       Fortschritt: Ein Theater, das sich seiner Wurzeln als politisches Theater
       mit gesellschaftlicher Verantwortung entsinnt, kann einen Unterschied
       machen.
       
       Seit der Besetzung der Bühne vor vier Jahren von jungen Schauspielerinnen
       und Aktivist*innen lebt der Traum eines [4][demokratisch organisierten
       Hauses], das Heimat für die politische Linke und gesellschaftliche Kämpfe
       ist. Die Besetzerguppe Staub zu Glitzer blieb dran und organisierte nun den
       Gastauftritt der Krankenhausbewegung. Auf der Kundgebung draußen sang Dirk
       von Lowtzow von Tocotronic über Solidarität. Der Anfang ist gemacht.
       
       5 Oct 2021
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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