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       # taz.de -- Polizeikongress in Berlin: Innenminister beklagen Verrohung
       
       > Beim Polizeikongress in Berlin loben die Ressortchefs den IAA-Einsatz –
       > und klagen über Corona-Proteste. Das „Hängt die Grünen“-Urteil sei
       > „indiskutabel“.
       
   IMG Bild: Erfolgreicher Einsatz? Polizeikräfte umzingeln Protestierende gegen die IAA in München
       
       BERLIN taz | Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verteidigt den
       [1][Polizeieinsatz auf der Internationalen Autoaustellung (IAA)].
       „Insgesamt ist der Einsatz sehr erfolgreich verlaufen“, sagte Herrmann am
       Mittwoch auf dem Europäischen [2][Polizeikongress] in Berlin. Die
       Gegenproteste, zu denen Linksextreme überregional aufgerufen hätten, seien
       eine „Riesenherausforderung“ gewesen. Größere Störungen der Messe aber
       seien verhindert worden. Und, so Herrmann: „Die Zahl der interessierten
       Besucher war um ein Zigfaches größer als die der Demonstranten.“
       
       Die Protestierenden und die Deutsche Journalistinnen und Journalisten-Union
       (dju) hatten den Polizeieinsatz dagegen [3][scharf kritisiert].
       Polizeibeamte seien rabiat gegen Demonstrierende vorgegangen,
       Brückenblockier:innen sollten [4][präventiv tagelange in Gewahrsam]
       genommen werden. Es habe „massive Grundrechtsverletzungen“ gegeben, klagte
       das Protestbündnis. Auch Journalist:innen kritisierten, von der Polizei
       an ihrer Arbeit gehindert worden zu sein.
       
       Vier Journalisten, darunter ein taz-Mitarbeiter, haben inzwischen mit
       Unterstützung der dju Klage beim Verwaltungsgericht München gegen den
       Freistaat Bayern eingereicht. Sie waren auf dem IAA-Gelände von
       Polizist:innen festgehalten und in eine Gefangenensammelstelle gebracht
       worden, obwohl sie ihre Presseausweisen vorzeigten. Die Gewerkschaft nannte
       den Vorgang „inakzeptabel“. Die akkreditierte Journalisten seien „wie
       Schwerverbrecher“ behandelt worden.
       
       ## Gericht rügt Polizeientscheidungen
       
       Das Landgericht Landshut hatte bereits dem Präventivgewahrsam für die
       Autobahnblockier:innen widersprochen. Die Abseilen von den
       Autobahnbrücken sei zwar wohl strafbar gewesen, dennoch habe die
       Voraussetzung für eine Inhaftierung gefehlt. Denn weitere Straftaten dieser
       Dimension seien von den Blockier:innen nicht mehr zu erwarten gewesen –
       sie hatten ihr Ziel ja bereits erreicht. Auch die Grünen im Landtag fordern
       eine Aufklärung des Polizeieinsatzes, der teils „übertrieben“ gewesen sei.
       
       Bayerns Innenminister Herrmann und weitere Innenminister beklagten auf dem
       Polizeikongress auch eine Belastung der Polizei durch die
       [5][Corona-Proteste] in den vergangenen Monaten. Berlins Innensenator
       Andreas Geisel (SPD) sagte, in der Hauptstadt habe es, trotz Pandemie, im
       vergangenen insgesamt mehr als 5.700 Demonstrationen gegeben – so viele wie
       seit Jahren nicht. Eine Vielzahl davon waren Corona-Proteste. Dass dort
       bürgerlich erscheinende Teilnehmer Polizeikräfte angegriffen, sei „eine
       neue Qualität“, so Geisel. Die Protestierer hätten sich radikalisiert, die
       Corona-Politik sei für sie „nur noch Vehikel für Demokratieverachtung“.
       
       Geisel sprach von einer derzeit „enormen Beanspruchung“ der Polizei durch
       Demonstrationen, aber auch Kontrollen der Infektionsschutzmaßnahmen. Die
       Berliner Polizei habe inzwischen 2,3 Millionen Überstunden angehäuft. Es
       werde daher nun geprüft, ob der bisher hohe Personalaufwand der Polizei bei
       Versammlungen in jedem Fall so erforderlich sei.
       
       ## Kritik an „Hängt die Grünen“-Urteil
       
       Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) appellierte, die Spannungen
       durch die Corona-Pandemie gesamtgesellschaftlich zu lösen und nicht
       Polizeikräften zu überlassen. Die Polizei könne „nicht zum Reparaturbetrieb
       der Gesellschaft“ werden. Joachim Herrmann warnte auch vor einer Verrohung
       von Worten, die zu Taten führen könnten. So sei es „völlig indiskutabel“,
       dass ein Gericht zuletzt in Sachsen erlaubt hatte, Plakate der
       Neonazi-Partei III. Weg mit der Aufschrift „[6][Hängt die Grünen]“,
       aufzuhängen. „Der Staat muss klare Botschaften aussenden“, sagte Herrmann.
       „Wenn man den Anfängen nicht wehrt, eskaliert es immer weiter.“
       
       15 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
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