# taz.de -- Diversität bei der Bundestagswahl: Fehlende Vielfalt
> Eines steht schon jetzt fest: Auch der nächste Bundestag wird die
> Diversität der Gesellschaft nicht widerspiegeln. Es gibt noch immer zu
> viele Hürden.
IMG Bild: Straßenszene in Essen: So bunt wird auch der neue Bundestag eher nicht ausssehen
Berlin taz | Geht man die Kandidat*innenlisten der größeren Parteien
für [1][die Bundestagswahl] durch, dann sieht man klar: Auch das neue
Parlament wird die deutsche Bevölkerung wohl nicht annähernd
repräsentieren. Menschen aus Minderheiten [2][sind nur sehr selten
vertreten.]
Recherchen des Mediendienstes Integration haben ergeben, dass der letzte
Bundestag 58 Mitglieder mit Migrationshintergrund aufwies, also 8,2
Prozent. Der letzten Auszählung des Statistischen Bundesamtes zufolge
lebten aber etwa 21 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in
Deutschland, was einen Anteil von ca. 26 Prozent an der gesamten
Bevölkerung ausmacht.
Am „vielfältigsten“ sind bisher noch die Fraktionen von Linken und Grünen,
der Anteil von Abgeordneten mit Migrationshintergrund lag hier bei 18,8
Prozent bzw. 14,9 Prozent. In der Unions-Fraktion waren es nur 2,9 Prozent.
Bei den Listen für die anstehende Bundestagswahl sind wieder die Listen von
Linken und die Grünen am diversesten – und das nicht nur bei Menschen mit
Migrationshintergrund, sondern auch beim Thema Geschlechtergerechtigkeit.
Den Satzungen der beiden Parteien nach muss bei der Listenaufstellung
mindestens die Hälfte der Plätze von Frauen besetzt sein. Darüber hinaus
haben die Grünen ein Vielfaltsstatut eingeführt, welches Hürden für
„politische Teilhabe und Partizipation“ abschaffen soll.
## Der gesellschaftliche Zusammenhalt steht auf dem Spiel
Allgemein scheint es so etwas wie einen Trend zu geben, Diversität und
Vielfalt in der Politik zumindest den Worten nach befördern zu wollen. Auch
der Kanzlerkandidat der CDU, Armin Laschet, sagte etwa schon: „Vielfalt
bereichert.“ In der Realität gibt es immernoch viele Hürden.
Beispielsweise haben Bundestagsabgeordnete keinen Anspruch auf Elternzeit,
was insbesondere einen Nachteil für Frauen darstellt. Als Mutter von
erwachsenen Kindern sagte die Bundestagsabgeordnete Kirsten Lühmann von der
SPD: „Wären sie noch klein, hätte ich mich vermutlich nicht aufstellen
lassen. Zu groß wäre die Sorge gewesen, nicht nur den Kindern, sondern auch
meinen Wählern im Wahlkreis nicht gerecht zu werden.“ Für sie war klar:
„Männer kennen derlei Probleme nicht.“
Die hohen Hürden schrecken Teile der Bevölkerung ab, entfremden sie vom
politischen Prozess: „Ich interessiere mich nicht für Politik, weil ich
mich nicht angesprochen fühle“, sagt Halil (19), der einen türkischen
Migrationshintergrund hat.
Um das zu ändern, bedarf es Personen mit Migrationshintergrund, die mit
gezielten Maßnahmen Rassismus und Diskriminierung nachhaltig bekämpfen.
Einer Studie zufolge tendieren Bundestagsabgeordnete mit
Einwanderungsgeschichte dazu, die Angelegenheiten von Personen mit
Migrationshintergrund stärker zu gewichten als Abgeordnete ohne
Einwanderungsgeschichte.
Für mehr Diversität setzt sich auch der Verein „die Vielen“ ein, indem er
ein Wahlrecht für die 10 Millionen Menschen fordert, die keine deutsche
Staatsbürgerschaft besitzen. Für ihn geht die Politikverdrossenheit von
Personen mit Migrationshintergrund mit dem fehlenden Wahlrecht einher:
„Studien zeigen, dass sich die Kinder und Enkel von Menschen ohne Wahlrecht
viel seltener politisch engagieren oder an Wahlen beteiligen, selbst wenn
sie dazu berechtigt sind.“
Doch für die Gesellschaft ist die Teilhabe von Personen wichtig, die als
migrantisch gelesen werden. Es bedarf der Diversität und Vielfalt in der
Politik, um für einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sorgen.
23 Sep 2021
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## AUTOREN
DIR Atahan Demirel
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