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       # taz.de -- Berlin-Wahlen 2021: Rennen und rumstehen
       
       > Am Wahlsonntag kommt es vor einigen Wahllokalen zu langen Schlangen und
       > Pannen. Durch den Berlin-Marathon kommt es zu Verzögerungen.
       
   IMG Bild: Wähler*innen warten vor Wahllokalen
       
       Berlin taz | Eine hellblaue Kreidelinie verläuft über den Schulhof der
       Neumark-Grundschule in Schöneberg und sortiert die Menschen, die an diesem
       Sonntagmorgen um 11 Uhr wählen wollen, zu einer Schlange. 30 bis 45 Minuten
       müsse man derzeit anstehen, schätzt eine Wahlhelferin: „Die klassische
       Uhrzeit nach dem Frühstück.“ Die erste Person war, schon eine Viertelstunde
       bevor das Wahllokal öffnete, da.
       
       In [1][Berlin ist an diesem Sonntag Superwahltag]: Bundestag,
       Abgeordnetenhaus, Bezirksverordnetenversammlung und Volksentscheid – sechs
       Kreuzchen sind zu machen. Da kann es schon mal ein paar Minuten dauern, bis
       man sich entschieden hat. „Die Leute stehen deutlich länger in der
       Wahlkabine als sonst“, sagt Wahlvorsteher Ulf Schröder. Dazu müssen wegen
       Corona Abstände gewahrt werden: 50 Minuten wird eine Frau in diesem
       Wahllokal letztendlich gewartet haben.
       
       Die langen Schlangen gibt es nicht nur in Schöneberg – auch auf Twitter
       [2][berichten] [3][Berliner*innen] [4][über Wartezeiten] [5][bis zu
       zwei Stunden] vor den Wahllokalen. Wahlvorsteher Schröder mit seiner
       langjährigen Erfahrung als Wahlhelfer schätzt, dass am Nachmittag weniger
       los ist – bis es dann vor 18 Uhr noch einmal voll wird. Wer Punkt 18 Uhr
       Letzte*r in der Schlange ist, ist die letzte Person, die wählen darf.
       
       Obwohl Berlin an besonderen Orten Schlangen gewöhnt ist, scheint es
       mehrheitlich Verwunderung bis Ärger über die Wartezeit zu geben. Mehrere
       aufgebrachte Leser*innen rufen am frühen Nachmittag in der Redaktion an
       und schildern Verzögerungen im Ablauf. Eine Leserin aus Wilmersdorf
       berichtet von fehlenden Wahlunterlagen in ihrem Wahllokal und dass sich die
       Menschen bereits wieder auf den Heimweg machten, da sie nicht warten
       wollten.
       
       ## Keine Stimmzettel mehr
       
       Dem Wahllokal an der Prinzregentenstraße im Bezirk
       Charlottenburg-Wilmersdorf gehen am Wahlsonntag die Stimmzettel aus. Gegen
       12 Uhr warten zahlreiche Menschen vor dem Wahllokal, um ihre Stimme
       abzugeben. Als sie dann an der Reihe sind, heißt es, dass es keine
       Stimmzettel mehr gebe. „Ich kann mir nicht erklären, wie so etwas passieren
       kann“, sagt Wahlhelferin Susanne Schmidt.
       
       Als die Wahlhelfer*innen bemerken, dass die Stimmzettel knapp werden,
       hätten sie mehrmals versucht, das Wahlamt zu kontaktieren. „Erst nach
       mehreren Anrufen haben wir sie dann erreicht“, schildert Schmidt. Bis dem
       Wahllokal neue Stimmzettel geliefert werden, ist ihr Vorrat aber bereits
       aufgebraucht, woraufhin das Wahllokal für etwa eine Stunde schließen muss.
       
       Die Stimmung bei den wartenden Wählern an der Prinzregentenstraße sei
       gemischt, so Schmidt. Währen die einen ihre Thermosflaschen auspackten und
       die Wartezeit für ein Teekränzchen nutzten, sollen andere verärgert nach
       Hause gegangen sein. Schmidt und ihre Kolleg*innen rufen die Polizei, um
       die verärgerten Menschen zu beruhigen. Diese fährt laut Schmidt
       anschließend ebenfalls ins Wahlamt, um neue Stimmzettel zu holen.
       
       ## Die Landeswahlleitung ist begrenzt im Bilde
       
       Das Wahllokal an der Prinzregentenstraße ist eins von drei im Bezirk
       Charlottenburg-Wilmersdorf, dem die Stimmzettel ausgehen. Aber auch in
       Friedrichshain-Kreuzberg berichten Wähler*innen von fehlenden
       Stimmzetteln.
       
       Ein weiterer taz-Leser berichtet am frühen Nachmittag von seinem Wahllokal
       in Charlottenburg. Dort fehlten die Wahlzettel für die Senatswahlen, und
       das schon seit 10 Uhr, so hätte es ihm der Wahlleiter vor Ort berichtet.
       Der Leser hätte ihn gefragt, warum er denn nicht schnell für Ersatz gesorgt
       habe. Der Wahlleiter habe als Grund [6][den Berlin-Marathon und die
       Straßensperren] in der gesamten Stadt genannt.
       
       Ein Sprecher der Landeswahlleiterin ist darüber am Nachmittag nur begrenzt
       im Bilde: „Ich habe gehört, dass es Probleme gab mit Stimmzetteln“, sagt
       Gert Baasen. Über die Ursachen könne er nur spekulieren. Es sei
       vorstellbar, dass ein Karton voll mit Stimmzetteln falsch beschriftet war.
       
       Lange Schlangen und grobe Pannen – „es ist eine Herausforderung, das war
       allen Beteiligten vorher klar“, so Baasen. Über die Ursachen für die Pannen
       zu spekulieren, sei es noch zu früh. Dennoch: Die Annahmen darüber, wie
       viele Menschen vor Ort wählen und wie viele per Brief, seien laut Baasen
       eingetroffen. Am Sonntagnachmittag zeichnete sich nur eine leicht höhere
       Wahlbeteiligung ab.
       
       Nach Angaben der Landeswahlleiterin gingen bis 12 Uhr 27,4 Prozent der
       Wahlberechtigten zur Abstimmung. Bei der Bundestagswahl 2017 waren es 27,2
       Prozent.
       
       Bereits am 23. September, drei Tage vor der Bundestagswahl, waren knapp
       980.000 Wahlscheine beantragt und ausgestellt. Das entspricht 35,6 Prozent
       der Wahlberechtigten. Bei der letzten Bundestagswahl 2017 hatten im
       Vergleich insgesamt lediglich 27,4 Prozent der Wähler ihre Stimme per
       Briefwahl abgegeben.
       
       Auf den höheren Platzbedarf wegen Corona hatte man versucht sich
       vorzubereiten: 478 Wahllokale mehr als bei der letzten Bundestagswahl waren
       eingerichtet worden, 34.000 Wahlhelfende gemeldet, 14.000 mehr als bei der
       letzten Wahl. Am Wahltag selbst sollen vielerorts Wahlhelfende ausgefallen
       sein. „Ob es überall gereicht hat, weiß ich nicht“, so Baasen. Nur so viel
       kann er sagen: Kein Wahllokal wurde wegen Personalmangels nicht betrieben.
       
       26 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Berlinwahl-lokal/!5802881
   DIR [2] https://twitter.com/gereonas/status/1442081236319674373?s=20
   DIR [3] https://twitter.com/GeyerSteven/status/1442079395754217473
   DIR [4] https://twitter.com/LauHofmann/status/1442096025867415552
   DIR [5] https://twitter.com/nicolediekmann/status/1442088970360266752
   DIR [6] /Waehlen-gehen-trotz-Marathon/!5800998
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sara Guglielmino
   DIR Cristina Plett
       
       ## TAGS
       
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