URI: 
       # taz.de -- Globaler Klimastreik am Freitag: „Deutschland ist ein Klima-Schurke“
       
       > Hunderttausende weltweit fordern mehr Klimagerechtigkeit. Greta Thunberg
       > kritisiert Deutschland deutlich.
       
   IMG Bild: Greta Thunberg spricht beim Globalen Klimastreik in Berlin am Freitag
       
       Berlin dpa/taz | Zwei Tage vor der Bundestagswahl haben hunderttausende
       Menschen weltweit zusammen mit Fridays for Future (FFF) für mehr
       Klimaschutz demonstriert. In Berlin versammelten sie sich vor dem
       Reichstagsgebäude und zogen anschließend durchs Regierungsviertel, unter
       ihnen auch FFF-Initiatorin Greta Thunberg und die deutsche Klimaaktivistin
       Luisa Neubauer. Greta Thunberg sprach zum Schluss und machte Deutschland
       schwere Vorwürfe. Demonstrationen gab es auch in weiteren Ländern, etwa in
       Südafrika, Indien und Nigeria.
       
       In Berlin waren 20.000 Teilnehmende angemeldet, FFF Berlin sprach auf
       Twitter von „Zehntausenden“. „Diese vielen Menschen sind ein klares Signal,
       wir werden uns nicht länger mit leeren Versprechungen zufriedengeben“,
       sagte FFF-Aktivistin Carla Reemtsma dem Sender NBC.
       
       Thunberg betonte bei ihrer Rede, dass die politischen Parteien nicht genug
       für den Klimaschutz täten. Sie warf Deutschland vor, weltweit der
       viertgrößte CO2-Emittent zu sein. „Mit 80 Millionen Menschen ist das schon
       eine Leistung“. Deutschland sei somit einer der größten „Klima-Schurken“.
       Sie schloss mit den Worten: „Wir wollen Veränderung, wir verlangen
       Veränderung, und wir sind die Veränderung!“ In ganz Deutschland waren laut
       FFF mehr als 470 Aktionen angekündigt, darunter große Kundgebungen in
       Hamburg, München, Köln und Freiburg.
       
       Bereits eine Stunde vor offiziellem Beginn füllte sich die Wiese vor dem
       Reichstag mit vielen Demonstrierenden von NGOs wie Greenpeace und NABU. Vor
       allem viele Schüler:innen waren natürlich da, viele waren gleich mit der
       ganzen Klasse gekommen. Der zehnjährige Sasha sagte: „Wir wollen nicht,
       dass die Welt kaputt geht und mit Plastik voll ist.“ Auf Plakaten standen
       Slogans wie: „Oma, was ist ein Schneemann?“ oder „Die Natur verhandelt
       nicht“.
       
       ## Hamburg soll keine Insel werden
       
       Auch in Hamburg haben neben Fridays for Future zahlreiche weitere
       Umweltorganisationen zum globalen Klimastreik aufgerufen. Dabei
       unterstützten die Musiker:innen Jan Delay sowie die Band
       AnnenMayKantereit die Proteste. „Wir sind wütend“, rief
       FFF-Hamburg-Sprecherin Maia Stimming bei der Auftaktkundgebung. „Wütend auf
       das Nichthandeln, das nun schon so lange anhält.“ Auf der
       Willy-Brandt-Straße versammelten sich die zahlreichen Demonstrierenden,
       nach Angaben von Fridays for Future mindestens 50.000, die Polizei sprach
       von 21.000.
       
       Neben der Bundestagswahl war für die Demonstrierenden auch die Lage der
       Hafenstadt ein wichtiges Thema. „Ich bin hier, damit Hamburg keine Insel
       wird und kein Hochwasser kommt“, sagte der 12-Jährige Mikkel Flegel.
       „Hamburg ist so eine schöne Stadt, hier gibt es so viel zu machen. Es wäre
       schade, wenn die einfach kaputt geht.“
       
       Weltweit engagierten sich Menschen an diesem Freitag für mehr
       Klimagerechtigkeit. In der Hafenstadt Port Harcourt im Süden Nigerias hat
       24-jährige Aktivist Joseph Anyanwu kurzerhand den Klimastreik auf die
       nächste Woche verschoben. Wie überall in der Region ist es schwierig,
       Menschen zur Demo-Teilnahme zu motivieren. Die Coronapandemie bremst
       zusätzlich. Anyanwu hat deshalb entschieden, in einer Schule darüber zu
       sprechen, um so gezielt Teenager und junge Erwachsene zu erreichen. „Ich
       verteile auch gerne Informationsmaterial, wofür ich aber Sponsoren
       brauche.“
       
       ## In Nigeria häuft sich Extremwetter
       
       Zu zeigen gibt es eine ganze Menge, sagte er. Im Süden Nigerias wird Öl
       gefördert. Auf viele Flüssen sind Ölschlieren zu sehen. Das wirke sich
       fatal auf Umwelt und Mensch aus. „Viele Menschen sind an Krebs erkrankt.“
       Seit einiger Zeit beobachte Joseph Anyanwu außerdem, dass Überschwemmungen
       zunehmen. „Ganze Straßen können nicht mehr passiert werden. Es ist höchste
       Zeit, darüber aufzuklären und etwas dagegen zu unternehmen.“
       
       Nach einer Pause kehrte FFF diesen Freitag auch in Indien zurück. In der
       Hauptstadt wie im südindischen Hyderabad versammelten sich vor allem junge
       Menschen. Sie erinnerten die Regierenden daran, dass trotz der kurzzeitigen
       Entspannung während der Pandemie die Klimakrise weiterhin problematisch
       ist. Die Studierenden Sameeksha und Laksh Sharma waren in Delhi mit hundert
       weiteren dabei. Von der Metro in der Innenstadt ging es weiter bis vor das
       Regierungsgebäude Delhis.
       
       „Ich habe das mit meinen Freunden mitbegründet, weil wir glauben, dass eine
       andere Welt möglich ist“, sagte der angehende Ingenieur Laksh. „Das
       Mindeste ist, dass die Regierung mit uns spricht, also sind wir
       hineingegangen und haben sie dazu aufgefordert“, so der 21-Jährige. Den
       letzten Protest hatten sie in Delhi im März initiiert. Die Liste mit ihren
       Forderungen ist lang. Sie wollen mehr Aufforstung in der Hauptstadt,
       ökologische Räume zurückgewinnen, Abfall besser trennen und neue
       Kläranlagen für den stark verschmutzen Fluss Yamuna.
       
       In Hyderabad gab es eine Performance von dunklen Gestalten mit mahnenden
       Bildern von schwarzen Lungen. „Unsere Demonstration richtet sich nicht nur
       an die Abgeordneten, sondern auch an die Menschen in Hyderabad, die sich
       der Realität des Klimawandels bewusst werden müssen“, sagt der 22-jährige
       Student Abdus Sami, der Teil der Aktion war. Er hofft, dass bald mehr
       Menschen erkennen, dass sie als Verbraucher:innen die Macht haben,
       „Ökologie vor Ökonomie“ einzufordern.
       
       Mitarbeit: Tjade Brinkmann, Katrin Gänsler, Sara Guglielmino Natalie
       Mayroth, Maryam Preusser
       
       24 Sep 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nathanael Häfner
       
       ## TAGS
       
   DIR Greta Thunberg
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimaproteste
   DIR Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
   DIR Gewalt
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Greta Thunberg
   DIR Greta Thunberg
   DIR Schwerpunkt Fridays For Future
   DIR Greta Thunberg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Aktionstage Gerechtigkeit jetzt: Zehn Tage lang Protest
       
       Klima, Rassismus, Ungleichheit: Initiativen fordern Lösungen von der
       kommenden Bundesregierung. Dafür setzen sie auch auf Zivilen Ungehorsam.
       
   DIR Formen des Protests und Klimaschutz: Gewalt schadet dem Klima
       
       Wie weit dürfen Klimaaktivist:innen gehen? Klar ist: Wer zivilen
       Ungehorsam zur „friedlichen Sabotage“ erweitert, riskiert eine
       Eskalationsspirale.
       
   DIR Themen vor der Bundestagswahl: Die Qual der Klimawahl
       
       Obwohl das Thema Klima viel Aufmerksamkeit bekommt, wird es die Wahl wohl
       nicht entscheiden. Was ist da schiefgegangen?
       
   DIR Klimastreik in Berlin: Erde retten, dann wählen
       
       Tausende Aktivist*innen versammeln sich auf der Reichstagswiese zum
       globalen Klimastreik. Nebenan wird immer noch für das Klima gehungert.
       
   DIR Globaler Klimastreik am Freitag: Proteste von Kapstadt bis Wien
       
       Überall auf der Welt protestieren Menschen für mehr Klimagerechtigkeit. In
       Berlin kommt auch Greta Thunberg auf die Demo.
       
   DIR Klimastreik vor der Wahl: Ich streike. Du auch?
       
       Diese Bundestagswahl wird nicht von irgendwem zur Klimawahl erkoren. Sie
       entscheidet tatsächlich über die Frage: Zukunft oder Klimakrise?
       
   DIR Globaler Klimastreik am Freitag: Greta ist in Berlin dabei
       
       Zwei Tage vor der Bundestagswahl ruft Fridays for Future zum globalen
       Klimastreik auf. Allein hierzulande sind in hunderten Städten Demos
       geplant.