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       # taz.de -- SPD und Klimapolitik: Die Jusos machen Druck
       
       > Die SPD hat sich beim Klimaschutz lange zurückgehalten. Doch nun wollen
       > die Jusos das Thema nicht länger den Grünen überlassen.
       
   IMG Bild: Jessica Rosenthal, Bundesvorsitzende der Jusos und Saskia Esken im Gespräch
       
       BERLIN taz | Wenn es um mögliche Konflikte beim Klimaschutz in einer
       künftigen Koalition geht, stehen meist Grüne und FDP im Mittelpunkt. Denn
       dort sind die Positionen klar: Die Grünen drängen auf verbindliche
       Vorgaben, etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien, beim Kohleausstieg
       und beim Aus für den Verbrennungsmotor. Die FDP setzt beim Klimaschutz
       dagegen vor allem auf den Emissionshandel mit festem Deckel für die
       Emissionen und einem einheitlichen hohen CO2-Preis.
       
       Die SPD stand bei diesem Streit bisher ein bisschen abseits. Zwar hat
       [1][Olaf Scholz dem Thema Klimaschutz] in seinen Wahlkampfauftritten stets
       viel Raum gegeben. Doch mit konkreten Forderungen hielt sich die Partei
       auffällig zurück: Erneuerbare Energien sollen stärker ausgebaut werden,
       aber wie stark, bleibt offen. Ein Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor wird
       im Wahlprogramm nicht erwähnt Der CO2-Preis soll steigen, aber nicht zu
       schnell, sondern nur in dem Ausmaß, wie schon mit der Union beschlossen.
       Beim Kohleausstieg will Scholz am Jahr 2038 festhalten, wenn er in der
       Lausitz vor Kohlekumpeln spricht; bei einer Diskussion mit Umweltverbänden
       hält er dagegen ein Vorziehen für wünschenswert.
       
       Grundsätzlich für den Klimaschutz sein, aber zugleich niemanden verärgern,
       indem die Verantwortung für unangenehmen Maßnahmen anderen überlassen wird:
       Das war bisher der Kurs der SPD. Doch nun steigt in der Partei der Druck,
       sich klarer zu positionieren. Um Vertrauen bei der jungen Generation
       zurückzugewinnen, müsse man klar zeigen, „dass wir die Frage Klimaschutz
       nicht nur bei den Grünen verortet sehen, sondern ganz deutlich auch bei der
       SPD“, sagte etwa die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal schon kurz nach der
       Wahl. Diese Woche sagte sie der Rheinischen Post: „Ein Kohleausstieg 2038
       ist deutlich zu spät.“
       
       Und diese Stimme hat Gewicht, denn die Jusos stellen fast ein Viertel der
       neuen SPD-Bundestagsfraktion. Auf deren Einfluss hofft auch Kai Niebert,
       Präsident des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring und selbst
       SPD-Mitglied: „Da sind etliche neue, junge Gesichter dabei, die im
       Wahlkampf Klimaschutz als Industrieprojekt, als Gewinnerthema erlebt
       haben“, sagte er der taz am wochenende. „Das müssen sie nun auch leben.“
       
       ## Zentral Rolle Kanzleramt
       
       Das Umweltministerium wird die SPD in einer neuen Regierung kaum behalten,
       denn dieses Kernthema werden die Grünen sich vermutlich nicht nehmen
       lassen. Doch eine zentrale Rolle wird die Partei auf jeden Fall spielen,
       wenn sie mit Olaf Scholz den Kanzler stellt. Denn auch wenn das
       Umweltministerium formal für den Klimaschutz verantwortlich ist, fallen
       wichtige Entscheidungen über die Höhe der Emissionen in vielen anderen
       Ressorts.
       
       Damit die Aufgabe gelingt, sei eine gute Koordination unabdingbar, betont
       auch Andreas Kuhlmann. Der Sozialdemokrat ist Geschäftsführer der
       staatlichen Deutschen Energieagentur, die in dieser Woche eine neue Studie
       über den Weg zur Klimaneutralität vorgestellt hat. „Jede einzelne Aufgabe
       ist machbar, aber alle gemeinsam zu erledigen, ist eine große
       Herausforderung“, sagte er dabei – und folgert: „Es braucht eine starke
       Steuerung im Kanzleramt.“
       
       Auch wenn er zugesteht, dass die SPD in der Vergangenheit mit der Relevanz
       der Klimapolitik immer wieder gehadert hat, traut er ihr diese Aufgabe
       jetzt vorbehaltlos zu. „Da hat sich in den letzten Jahren wirklich viel
       verändert“, sagt Kuhlmann der taz am wochenende. „Die Dringlichkeit des
       Themas ist angekommen, auch durch den öffentlichen Druck. Und zumindest das
       programmatische Fundament schlummerte auch in der SPD schon immer.“
       
       Geleitet werden könnte das Kanzleramt künftig von Wolfgang Schmidt, einem
       langjährigen Vertrauten von Olaf Scholz, der ihm zuletzt als Staatssekretär
       im Finanzministerium diente. Und auch der scheint verstanden zu haben, wie
       wichtig das Thema für die SPD ist, um zukunftsfähig zu bleiben. Zwei Tage
       vor der Wahl [2][kommentierte er auf Twitter] den Berliner Klimastreik mit
       den Worten „The kids are alright.“ Welche Konsequenzen seine Partei aus
       dieser Erkenntnis zieht, werden die nächsten Wochen zeigen.
       
       9 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Der-oekologische-Wandel-des-Olaf-Scholz/!5797394
   DIR [2] https://twitter.com/W_Schmidt_/status/1441424798979084288?s=20
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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