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       # taz.de -- Verkehrskommission der Bundesregierung: Auto, Auto über alles
       
       > Die Regierungskommission Nationale Plattform Zukunft der Mobilität legt
       > einen Abschlussbericht vor. Darin kommt die Bahn so gut wie gar nicht
       > vor.
       
   IMG Bild: Es seien noch immer zu viele Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs, kritisieren Umweltverbände
       
       Berlin taz | Die Pannen bei der Onlinepräsentation des Abschlussberichts
       spiegeln den Zustand der deutschen Verkehrspolitik wider: Es beginnt zu
       spät, Nebengeräusche machen Statements fast unhörbar, und zur
       Fehlerbehebung dreht die Regie vorübergehend gleich den Ton ab.
       
       So präsentiert die Regierungskommission mit dem vielversprechenden Namen
       „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“ das Ergebnis ihrer dreijährigen
       Arbeit beim Weltkongress für intelligente Transportsysteme in Hamburg. In
       dem Bericht kommt das Wort „Bahn“ zweimal vor: im Wort
       „Autobahnraststätten“ und im Wort „Bahnübergänge“ im Zusammenhang mit der
       Steuerung von Verkehrsflüssen – von Autos.
       
       Die Kommission wurde von der Großen Koalition im Herbst 2018 eingesetzt.
       „Es ging um nicht weniger, als Empfehlungen zu erarbeiten, wie wir eine
       bezahlbare, nachhaltige und klimafreundliche Mobilität für die Menschen
       ermöglichen und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sichern
       können“, sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bei der
       Präsentation des Berichts.
       
       Die Kommission sollte eine Bestandsaufnahme der Lage vornehmen und Lösungen
       vorlegen. „Trotz erheblicher technischer Fortschritte konnte der
       Verkehrssektor in den letzten Jahren die CO2-Emissionen nicht reduzieren“,
       heißt es im Abschlussbericht. Bis 2030 müssen den Expert:innen zufolge
       14 Millionen E-Autos in Deutschland zugelassen werden, um die
       Klimaschutzziele im Verkehr zu erreichen. Bislang sind 1 Million Autos mit
       Elektroantrieb unterwegs, darunter allerdings viele Hybridfahrzeuge, die
       auch einen Verbrennungsmotor haben.
       
       Noch vor drei Jahren hätten die Expert:innen nicht geglaubt, dass so ein
       schnelles Anwachsen möglich gewesen wäre, sagte Henning Kagermann,
       Vorsitzender des Lenkungskreises der Plattform. Teil der
       Aufgabenbeschreibung war auch der Blick auf ein „ganzheitliches und
       nachhaltiges Mobilitätssystem, in dem Mobilitätsbedürfnisse und
       -anforderungen der Nutzer:innen verkehrsträgerübergreifend betrachtet“
       werden.
       
       Diesem Anspruch entsprach der Teilnehmer:innenkreis der Kommission.
       Ihr gehörten 240 Vertreter:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik
       sowie von Umwelt- und Verkehrsverbänden an, die in insgesamt sechs
       Arbeitsgruppen getagt haben. In 50 Berichten haben die Expert:innen
       bereits zahlreiche Empfehlungen an die Politik abgegeben.
       
       Die Kommission habe geliefert, sagte Scheuer. „Sie hat die zentralen
       Grundlagen für die Klimabeschlüsse der Bundesregierung erarbeitet.“
       Außerdem seien Empfehlungen der Kommission in den Masterplan zur Schaffung
       der Ladeinfrastruktur und in das vor Kurzem verabschiedete Gesetz zum
       autonomen Fahren eingeflossen.
       
       Die Plattform hat auch ein Projekt mit angeschoben, bei dem es um den
       Ersatz von Dienstwagen durch individuelle Mobilitätsbudgets geht.
       Dienstwagen spielen im Automarkt eine große Rolle, weil Firmen regelmäßig
       neue Fahrzeuge kaufen und so die Verbreitung von E-Autos forcieren können.
       Selbst Automanager wie [1][VW-Chef Herbert Diess] fordert, die staatliche
       Förderung von Dienstwagen auf E-Antriebe zu beschränken. Im
       Abschlussbericht der Plattform kommt das Wort Dienstwagen nicht vor.
       
       ## Zu viele Autos
       
       An der Arbeit der Kommission beteiligte Umwelt- und Verkehrsverbände
       kritisieren, dass die Arbeit der Plattform zu sehr auf das Auto fokussiert
       war. Alternativen zum individuellen Pkw fanden zu wenig Beachtung, obwohl
       sie von den Vertreter:innen der Organisationen immer wieder gefordert
       wurden. „Wer Klimaschutz und Mobilitätswende ernsthaft angehen will, muss
       vor allem Verkehr allgemein und die Zahl der Autos und Lkws im Speziellen
       reduzieren“, sagte die Geschäftsführerin des Bundes für Umwelt und
       Naturschutz, Antje von Broock.
       
       Auch die derzeitige Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz der Länder,
       Maike Schaefer, kritisiert den Abschlussbericht. Noch immer beanspruchten
       Autos zu viel Platz im Verkehr, sagte sie. „Viele der Ansätze aus dem
       NPM-Bericht verlangen aber nach Platz im Straßenraum: egal ob
       Elektroladesäulen, neue Logistikkonzepte oder bessere Bedingungen für Fuß-
       und Radverkehr.“
       
       Minister Scheuer wehrte den Vorwurf der Autozentriertheit ab. „Diese Kritik
       kann ich nicht verstehen“, sagte er. Schließlich liege das größte Potenzial
       beim Einsparen von CO2 im Autoverkehr. Auf der Schiene, im Flugverkehr und
       auf den Wasserstraßen sei der Anteil der Emissionen sehr viel geringer.
       Scheuer, der wohl auch im Falle einer Jamaika-Koalition nicht
       Verkehrsminister bleibt, empfahl der neuen Regierung, die Arbeit der
       Plattform fortzuführen.
       
       13 Oct 2021
       
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