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       # taz.de -- Die CDU nach dem Wahldebakel: Mehr Basis wagen
       
       > Die CDU will auf einem Parteitag Vorsitz, Präsidium und Vorstand neu
       > wählen. Viel spricht dafür, dass diesmal auch die Mitglieder befragt
       > werden.
       
   IMG Bild: Auch sein Posten wird neu ausgeschrieben: Paul Ziemiak bei der Pressekonferenz am 11.10. in Berlin
       
       Berlin taz | Nur vier Tage, nachdem Armin Laschet seinen Rückzug vom
       CDU-Vorsitz angekündigt hat, zeigt sich immer deutlicher, dass er das von
       ihm angekündigte Verfahren zum Küren seiner Nachfolge nicht wird
       durchhalten können. Zu groß ist der Druck aus der Partei, die Mitglieder an
       der Entscheidung zu beteiligen.
       
       Der Parteivorstand hat am Montag beschlossen, dass auf einer
       Kreisvorstandssitzung Ende des Monats über eine solche Beteiligung beraten
       werden soll – und viel spricht dafür, dass die Basis beteiligt wird. Am 2.
       November will der Bundesvorstand „im Lichte des Ergebnisses“ das weitere
       Verfahren festlegen.
       
       Das teilte Generalsekretär Paul Ziemiak nach den Sitzungen der Gremien mit.
       Laschet selbst kam nicht zu der Pressekonferenz. Ziemiak begründete das
       damit, dass gewöhnlich er nach den Sitzungen die Presse informiere.
       
       Die Satzung der CDU sieht die Möglichkeit einer Mitgliederbefragung vor,
       das Ergebnis ist aber für die Gremien nicht bindend. Endgültig werden die
       1.001 Delegierten des CDU-Parteitags über den neuen Vorsitzenden abstimmen.
       Wann dieser Parteitag stattfinden wird, ist noch offen. Ziemiak sprach
       davon, dass „das Zeitfenster die Jahreswende ist“. Allerdings ist eine
       Mitgliederbefragung an gewisse Fristen gebunden. Und sie kann – wie zuletzt
       bei der SPD – durchaus zeitintensiv sein.
       
       ## Die „Teamlösung“ ist entgleist
       
       Auf dem Parteitag soll nicht nur der Vorsitzende neu gewählt werden,
       sondern auch das Präsidium und der Bundesvorstand. Das hätten, so Ziemiak,
       beide Gremien einstimmig beschlossen. Die Mitglieder werden dafür
       zurücktreten, viele sicher aber erneut antreten.
       
       Laschets ursprünglicher Plan war, in Gesprächen mit Landesvorsitzenden und
       möglicherweise anderen Parteigliederungen die Stimmung zu erkunden und sich
       mit jenen Kandidaten zu treffen, die ihm als Parteichef nachfolgen wollen.
       Dann hätte man sich auf einen von ihnen geeinigt. Die anderen hätten
       möglicherweise im Zuge einer Teamlösung versorgt werden können.
       
       „Einen Weg des Konsenses“ hatte Laschet das am vergangenen Donnerstag
       genannt, [1][als er seinen Rückzug ankündigte.] Er wolle dieses Prozess
       moderieren. Das Ergebnis sollte dann von einem Parteitag abgesegnet werden.
       Eine Mitgliederbefragung oder Regionalkonferenzen samt innerparteilichem
       Wettbewerb waren dabei nicht vorgesehen. Nun wird es wahrscheinlich anders
       kommen.
       
       Denn in der Partei werden die Rufe nach einer Beteiligung der Basis lauter.
       Die Mittelstandsvereinigung hat schon in der vergangenen Woche beschlossen,
       eine Mitgliederbefragung zu beantragen. Auch Norbert Röttgen und Friedrich
       Merz, zwei der möglichen Kandidaten für den Parteivorsitz, haben sich
       bereits für eine Mitgliederbefragung ausgesprochen. Insbesondere der
       wirtschaftsliberale Merz hofft wohl darauf, sich so endlich durchsetzen zu
       können. Zuletzt war er auf Parteitagen zweimal knapp unterlegen, zuerst
       gegen Annegret Kramp-Karrenbauer und dann gegen Laschet.
       
       ## Noch liegt kein Hut im Ring
       
       Auch der niedersächsische Landeschef Bernd Althusmann und Sachsens
       Ministerpräsdent Michael Kretschmer hatten sich vor der Sitzung für eine
       Beteiligung der Mitglieder ausgesprochen. Das sei eine
       Selbstverständlichkeit, sagte Kretschmer. Ob man das mit einem
       Mitgliederentscheid oder auf eine andere Art und Weise mache, werde man
       sehen. „Aber niemand soll den Eindruck erwecken, als könnte man die
       Parteibasis beiseiteschieben.“
       
       Es gibt aber auch Stimmen in der CDU, die sich skeptisch zu einer
       Mitgliederbefragung äußern. Als Gründe werden dafür häufig genannt, dass
       die Basis der CDU deutlich konservativer sei als die Wähler:innen, die
       so abgeschreckt werden könnten. Auch würde sich die Basis leichter von
       Umfragen leiten lassen oder sei möglicherweise verführbarer. Soll heißen:
       Die Basis könnte sich leichter [2][für einen wie Sebastian Kurz
       entscheiden].
       
       Einer der Kritiker einer Mitgliederbefragung ist Bundestagspräsident
       Wolfgang Schäuble, der die Gremienpartei stets verteidigt hat, auch als
       Bollwerk gegen autoritäre Tendenzen. Schäubles Standing in der CDU
       allerdings hat stark gelitten. Denn er war es, der Laschet als
       Kanzlerkandidaten gemeinsam mit Volker Bouffier durchgeboxt hat.
       
       Dem Vernehmen nach hat bei den Gremiensitzungen am Vormittag noch kein
       Kandidat seinen Hut in den Ring geworfen haben. Gehandelt werden derzeit
       neben Merz und Röttgen auch Gesundheitsminister Jens Spahn und
       Fraktionschef Ralph Brinkhaus – und damit bislang nur Männer aus
       Nordrhein-Westfalen.
       
       11 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
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