# taz.de -- Grünes Sondierungsteam: Divers wie Weißwurst
> Die Grünen kämpfen für Diversität. Da befremdet es, dass ihr
> Verhandlungsteam nicht eine einzige Person mit Migrationsgeschichte
> aufweist.
IMG Bild: Holte ein spektakuläres Direktmandat: Schwäbischer Landesverdienstordensträger Cem Özdemir
Toll, wie [1][die Grünen] sich stets für Diversität stark machen. „Was soll
das für eine Gesellschaft abbilden?“, klagen sie gerne, wenn irgendwo
ignoriert wurde, dass Deutschland nicht nur aus lichtempfindlichen Hell-
und Dunkelblonden mit Brustbehaarung besteht. Eine vielfältige, bunte
Gesellschaft sei nun mal gesellschaftliche Realität, war bei grünen
Wahlkampfterminen landauf-landab über Monate zu hören. Wohl wahr.
Umso mehr verwundert es, dass diese gesellschaftliche Realität sich nicht
im [2][Verhandlungsteam] der Grünen wiederfindet. Die handverlesene Truppe
ist so divers wie Weißwurst. Unter den zehn am Mittwoch veröffentlichten
Namen ist nicht ein Mensch mit Migrationsgeschichte. Diese Tatsache ist
umso erstaunlicher, als dass zwei Abgeordnete mit Wurzeln in der Türkei und
im Iran unter spektakulären Umständen in den Bundestag gewählt wurden.
Cem Özdemir hat mit sage und schreibe 40 Prozent sein Direktmandat
gewonnen, während die grünen Zweitstimmen nur bei 28,6 Prozent lagen. Und
das auch noch in Stuttgart, einer der Herzkammern der Autoindustrie. Der
andere ist Omid Nouripour, der mit 29 Prozent (Zweitstimmen 25,6 Prozent)
erstmals den Wahlkreis Frankfurt/Main für die Grünen geholt hat. Das hat
nicht einmal Joschka Fischer fertig gebracht.
Stattdessen haben es Politiker*innen ins Team geschafft, bei denen man
sich fragt, was sie dort eigentlich zu suchen haben. Da wäre zum Beispiel
Michael Kellner, der den verhunzten Wahlkampf der Grünen zu verantworten
hat, inklusive des ungeprüften Lebenslaufs von Annalena Baerbock und der
Wahlplakate, auf denen die Spitzenkandidat*innen so grünlich aussehen
wie Kotz-Emojis. Als Direktkandidat in seinem Wahlkreis Uckermark erzielte
er übrigens 5,8 Prozent, weniger als der grüne Zweitstimmenanteil von 7
Prozent.
Oder auch Katrin Göring-Eckardt, die bisher als zweimalige
Spitzenkandidatin (2013 und 2017) Bundestagswahlen versemmelt hat, aber nie
dafür Konsequenzen ziehen musste. Und dann wäre da noch Ricarda Lang, die
bisher eigentlich politisch noch gar nichts vorweisen kann außer einer
Menge Follower in den sozialen Medien.
[3][Die Grünen] scheinen nach einer hochgeheimen Formel zu entscheiden, bei
der ethnische Diversität oder politische Erfolge jedenfalls keine Rolle
spielen. Es wird Zeit, dass die Grünen sich der gesellschaftlichen Realität
anpassen. Wenn man Diversität nicht nur als glückliche bunte Plakatwelt
inszeniert, sondern wirklich ernst meint, bedeutet das eben auch, dass
manche auf ein Stück Macht zugunsten anderer verzichten müssen.
30 Sep 2021
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## AUTOREN
DIR Silke Mertins
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