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       # taz.de -- „Pandora Papers“ zu Offshore-Geschäften: Legal und doch betrügerisch
       
       > Die „Pandora Papers“ sind das größte Datenleck zu Offshore-Geschäften
       > aller Zeiten. Sie bringen Politiker und Prominente in vielen Ländern in
       > Erklärungsnot.
       
   IMG Bild: Weist alle Vorwürfe der „Pandora Papers“ zurück: Tschechiens Premier Andrej Babis
       
       Berlin/München dpa/afp | Erneut könnten zahlreiche Politiker und andere
       Prominente in aller Welt nach der Veröffentlichung brisanter Dokumente über
       ihr Finanzgebaren unter Druck geraten.
       
       Allein 35 amtierende und frühere Staatslenker sowie mehr als 330 andere
       Politiker aus fast 100 Ländern sowie weitere bekannte Persönlichkeiten
       sollen nach Angaben eines internationalen Konsortiums investigativer
       Journalisten Vermögen „mithilfe von intransparenten Trusts, Stiftungen und
       Briefkastenfirmen“ angelegt haben. Das berichteten am Sonntagabend
       Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR, die nach eigenen Angaben an der
       Auswertung des Datenlecks mitgewirkt hatten. Die mehr als 11,9 Millionen
       Dokumente tragen den Namen „Pandora Papers“.
       
       Bereits vor etwa fünfeinhalb Jahren hatte der Rechercheverbund mit der
       Veröffentlichung der „Panama Papers“ für Aufregung gesorgt. Dabei handelte
       es sich um Unterlagen der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, die
       von Journalisten weltweit ausgewertet wurden. Aus ihnen ging hervor, dass
       zahlreiche Politiker, Sportler und andere Prominente Vermögen in
       Offshore-Firmen hielten.
       
       Zu den in den „Pandora Papers“ erwähnten Politikern zählt auch der
       tschechische Ministerpräsident [1][Andrej Babis]. Ihn treffen die Vorwürfe
       wenige Tage vor der Parlamentswahl in dem EU-Mitgliedstaat am 8. und 9.
       Oktober. Babis soll nach Angaben des Recherchekonsortiums ein Landgut in
       Frankreich für 15 Millionen Euro auf intransparente Weise gekauft haben.
       Der Kaufpreis sei „über Briefkastenfirmen in Washington, Monaco und den
       Britischen Jungferninseln nach Frankreich“ geflossen, hieß es in der
       Onlineausgabe der [2][Süddeutschen Zeitung]. Der Fall geht demnach auf das
       Jahr 2009 und damit auf die Zeit vor dem Eintritt des Multimilliardärs in
       die Politik zurück.
       
       Der Regierungschef wies die Anschuldigungen noch am Sonntagabend zurück: Es
       sei klar, dass er weder etwas Ungesetzliches noch etwas Schlechtes getan
       habe, sagte Babis der Nachrichtenagentur CTK. Er sprach von einem Versuch,
       ihn „zu beschmutzen und auf diese Weise die tschechischen Parlamentswahlen
       zu beeinflussen“. In der Vergangenheit hatte sich Babis oft als Kämpfer
       gegen Korruption dargestellt. Nach einer Umfrage im Auftrag des Senders CNN
       Prima News würde die populistische ANO von Babis bei der anstehenden
       Parlamentswahl mit 27,3 Prozent der Stimmen deutlich stärkste Kraft werden.
       
       ## Fünf Jahre nach den „Panama Papers“: Das System läuft
       
       In den Unterlagen sind den Recherchen zufolge auch zahlreiche Namen von
       engen Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin als Begünstigte
       von Briefkastenfirmen aufgeführt. Hier gehe es wohl in erster Linie darum,
       die Herkunft des oft immensen Reichtums der Offshore-Kunden zu
       verschleiern, schreibt die Süddeutsche. Auch etwa der ukrainische Präsident
       [3][Wolodymyr Selenskyj] sowie Kenias Staatschef Uhuru Kenyatta tauchen als
       Nutzer von Offshore-Firmen auf.
       
       Jordaniens König Abdullah II. soll laut den „Pandora Papers“-Recherchen
       mindestens rund 30 Offshore-Firmen in Steueroasen genutzt haben, um 14
       Luxusanwesen in den USA und Großbritannien zu kaufen. Der Präsident des
       EU-Landes Zypern, Nikos Anastasiadis, war demnach selbst im
       Offshore-Geschäft tätig mit einer Kanzlei, die mittlerweile von seinen
       Töchtern geführt wird.
       
       Die SZ betonte, dass Geschäfte in Steueroasen nicht per se verboten sind
       und sehr viele bei den Recherchen zutage getretenen Geschäfte „absolut
       legal“ zu sein scheinen. Illegal sei es aber etwa, wenn steuerpflichtige
       Einnahmen in Steueroasen dem heimischen Finanzamt nicht gemeldet werden.
       
       In den Recherchen tauchten auch viele Prominente wie Ex-Beatle Ringo Starr
       und Popstar Shakira auf. Schiffer und Shakira verwiesen laut SZ darauf,
       dass sie sich an sämtliche Gesetze und Vorschriften gehalten hätten. Ringo
       Starr antwortete demnach nicht auf eine Anfrage der Journalisten.
       
       ## 150 Medienorganisationen an der Auswertung beteiligt
       
       Dem Internationalen Konsortium für Investigative Journalistinnen und
       Journalisten (ICIJ) wurden die Dokumente eigenen Angaben zufolge von einer
       anonymen Quelle zugespielt. Die geheimen Dokumente von 14 in Steueroasen
       tätigen Finanzdienstleistern reichen bis ins Jahr 2021, wie es weiter hieß.
       Die „Pandora Papers“ seien damit das bislang größte Datenleck zu Geschäften
       in Steueroasen. In den vertraulichen Dokumenten fänden sich unter anderem
       auch Namen von prominenten Spitzensportlern und Firmenvorständen.
       
       An den Recherchen waren den Angaben zufolge Journalistinnen und
       Journalisten von 150 Medienorganisationen aus 117 Ländern beteiligt. Zu den
       Partnermedien zählten unter anderem die Washington Post, der Guardian, der
       Indian Express, Le Monde und Aftenposten.
       
       Vor fünfeinhalb Jahren hatten die „[4][Panama Papers]“ für Aufregung
       gesorgt. Durch die Enthüllungen gerieten Politiker, Geschäftsleute und
       Prominente unter Druck. So verlor der pakistanische Regierungschef Nawaz
       Sharif wegen Korruptionsvorwürfen sein Amt. In Malta gab es im Juni 2017
       wegen der „Panama Papers“ Neuwahlen, in Island führte die Veröffentlichung
       zum Rücktritt des Ministerpräsidenten Sigmundur Gunnlaugsson.
       
       Der internationalen Medien zugespielte Datenberg zeigte damals große
       Geldströme nach Panama, wo Tausende Briefkastenfirmen angesiedelt sind. Ob
       es sich dabei auch um strafbare Geschäfte handelt, prüften weltweit
       Staatsanwälte. Die 11,5 Millionen Dateien umfassten E-Mails, Urkunden und
       Kontoauszüge zu 214.000 Gesellschaften vor allem in der Karibik. Dabei
       tauchten die Namen von 140 Politikern oder Politikervertrauten auf.
       
       4 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Vertrauensfrage-in-Tschechien/!5772790
   DIR [2] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/pandora-papers-babis-offshore-firma-1.5429085
   DIR [3] /Oligarchen-in-der-Ukraine/!5803505
   DIR [4] /Panama-Papers/!5300004
       
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