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       # taz.de -- Fehlende LKW-Fahrer in Großbritannien: Brexit Blues
       
       > Fernfahrer fehlen, Lieferketten reißen und Kosten steigen: Unterwegs mit
       > klagenden Truckern und Mittelständlern in Großbritannien, die um ihre
       > Zukunft bangen.
       
   IMG Bild: Trucker James Cody bei einer Pause auf einer Raststätte
       
       Ordentlich aneinandergereiht stehen die Lastwagen aus ganz Großbritannien
       und halb Europa auf der Raststätte South Mimms Truckstop nördlich von
       London. James Cody, 47, und Nicura George Danies, 40, machen hier eine
       ihrer vorgeschriebenen Pausen. Seit etwa einem Monat gehören Menschen wie
       sie zu den meistgesuchten Arbeitskräften im Land: Im Vereinigten
       Königreich fehlen Fernfahrer.
       
       Vom offenen Fenster seines Lasters aus erzählt Cody von Anwerbeprämien und
       erhöhten Gehältern. Und auch, warum so viele Fernfahrer aus dem Beruf
       aussteigen: harte und lange Arbeitszeiten und der viele Stress, das
       Bewusstsein, dass kein einziger Fehler erlaubt ist. „Der Lebensstil sagt
       nur manchen zu. Oft bin ich tagelang unterwegs“, erzählt der Vater zweier
       Kinder. Die Bezahlung habe sich in den letzten Jahren verschlechtert, die
       Kontrollen seien dafür schärfer geworden.
       
       Cody arbeitet jetzt für eine Agentur, erzählt er, das Gehalt sei höher als
       anderswo, aber: „Es gibt keine Arbeitsgarantien mehr. Da werden Aufträge in
       letzter Minute storniert, dann bist du aufgestanden und zur Arbeit fertig
       angetreten und bleibst mit deinem Laster leer und ohne Bezahlung stehen.“
       
       Der Zustand von Rastplätzen, Toiletten und Duschen im Vereinigten
       Königreich sei nicht immer zumutbar, fügt Cody hinzu – ganz anders als in
       Frankreich. Dann noch die Brexit-Kontrollen bei der Einreise in die EU und
       die Pandemie. Für Großbritannien hat das alles zusammen einen
       überproportional hohen Abgang von Lkw-Fahrer*innen aus EU-Ländern zur
       Folge, insbesondere von denen aus Osteuropa.
       
       „Wissen Sie,“ sagt Cody und blickt ernst drein, während er an einem seiner
       Geräte im Cockpit dreht, „unter uns Truckern war allen klar, was passiert,
       wenn der Brexit kommt, ganz egal ob wir dafür oder dagegen gestimmt haben.
       Die Vereinigung der Logistikunternehmen warnt auch schon seit Jahren und
       wurde ignoriert!“ Dann schimpft er ausgiebig über den „Clown“ Boris
       Johnson, der das alles zu verantworten habe.
       
       Der britische Spediteursverband [1][RHA] (Road Haulage Association)
       präzisiert: Großbritannien zählt rund 600.000 zugelassene Lastwagenfahrer.
       Von denen sind aber die Hälfte im Ruhestand oder haben den Job an den Nagel
       gehängt. Rund 20.000 ausländische Fahrer hätten seit dem Brexit
       Großbritannien verlassen. Es wird geschätzt, dass das Land kurzfristig
       100.000 Fernfahrer mehr benötigt, als es derzeit hat.
       
       Zu wenige Fernfahrer: Das bedeutet Verzögerungen in der Lieferung in allen
       Bereichen. Schon seit Monaten stößt man in London und anderswo immer wieder
       auf leere Regale in den Supermärkten. Im Zentrum Londons fehlt es
       beispielsweise gerade besonders an Nudelprodukten. Während ein Supermarkt
       auf Schildern behauptet, die gähnende Leere an der Frischfleisch-, Wurst-
       und Käsetheke liege an einer defekten Kühlung, verrät die Verkäuferin in
       einem anderen großen Supermarkt, dass die Theke für per Hand zugeschnittene
       Fleischwaren schon lange geschlossen sei. Auch der Einzelhandel lahmt wegen
       der ins Stocken geratenen Lieferungen.
       
       ## Spritkrise mit Spuren
       
       Vor einem Monat dann tauchte ein neues Phänomen auf: lange [2][Schlangen an
       den Tankstellen], wo vor drei Wochen der Sprit an den meisten sogar
       vollkommen ausging. Gerüchte über Lieferprobleme lösten eine dem
       pandemischen Toilettenpapierwahn zu Beginn der Coronakrise ähnliche Panik
       aus. Auch Menschen, die gar keinen Treibstoff benötigten, tankten
       vorsorglich auf, manche füllten darüber hinaus zusätzliche Benzinkanister.
       Die Benzin- und Dieselvorräte an den Tankstellen gingen daraufhin noch
       schneller zur Neige, Lieferwagenfahrer*innen und
       Handwerker*innen saßen plötzlich fest, selbst Rettungswagen und mobiles
       Pflegepersonal konnte teilweise keinen Sprit mehr bekommen.
       
       Inzwischen sieht die Lage nach einigen Unterstützungsmaßnahmen der
       britischen Regierung wieder besser aus. Aber die Spritkrise hat Spuren
       hinterlassen. An einem Londoner Taxistand erzählen Paul, Mark und Steven,
       alle über 60, dass sie über ihre Netzwerke immer Diesel gefunden haben,
       aber manchmal sei das mit stundenlangem Schlangestehen verbunden gewesen.
       Es habe viel Aggressivität gegeben. „Das mit dem Treibstoff ist die Schuld
       der Politik und der sensationsgeilen Medien“, sind sich die drei Taxifahrer
       sicher – und auch: Früher war alles besser. „Gute Politik endete mit Harold
       Wilson, Denis Healey und Margaret Thatcher in den 1970er und 1980er
       Jahren.“
       
       Der Plan der Regierung ist es nun, so schnell wie möglich neue
       Fernfahrer*innen auszubilden. Aber so etwas dauert. Richard Allan, 38,
       von der Lkw-Fahrschule HGV Training Network berichtet der taz am Telefon im
       breiten Londoner Cockney-Akzent, dass die Anfragen nach einer Ausbildung
       gestiegen seien. Aber bis der Bedarf auf diese Weise gedeckt sei, selbst
       mit ausgedehnten staatlichen Ausbildungsprogrammen und erhöhten Kapazitäten
       für Führerscheinprüfungen, werde es noch Jahre dauern.
       
       Ein Faktor beim aktuellen Fahrermangel ist auch, dass während der
       Coronapandemie weniger Führerscheinprüfungen erfolgten und die zuständige
       Behörde einen Rückstau vor sich herschiebt – rund 4.000 fertig ausgebildete
       Fahrer warten aktuell auf ihre Zulassung.
       
       ## Lkw-Fahren: ein Job ohne Glamour
       
       Allan weiß: Die Gehälter für Lkw-Fahrer steigen derzeit kräftig. Mancher
       Lohn habe sich [3][kurzfristig verdoppelt]. Bis zu 50.000 Pfund (knapp
       60.000 Euro) brutto im Jahr seien jetzt drin. Der Fahrlehrer sieht im
       mangelnden Ansehen des Fernfahrerberufs beim potentiellen Nachwuchs das
       Hauptproblem. „Ich kann mich noch an meine Schule erinnern, wo an
       bestimmten Tagen Besucher aller möglichen Berufssparten kamen und uns
       Kindern ihre Berufe vorstellten. Da gab es Ärzte oder Feuerwehrleute – aber
       Lkw-Fahrer so wie mein eigener Vater waren nicht darunter. Es wurde einfach
       nicht als gute Karriere angesehen.“
       
       Er selber findet nicht nur, dass Lastwagenfahrer ein guter Beruf ist,
       sondern auch, dass die Ausbildung viel günstiger und schneller als ein
       mehrjähriges Studium ist, an dessen Ende man möglicherweise ohne Job
       dasitzt, aber mit zurückzuzahlenden Schulden von bis zu 63.000 Euro für die
       Studiengebühren. „Da sind doch die umgerechnet 3.000 bis 5.000 Euro für den
       Lkw-Führerschein wenig und sie führen zur sofortigen Anstellung“, meint
       Allan. Erst jetzt kämen endlich jüngere Menschen zu ihm, weil sie in den
       Medien über den Fahrermangel gehört hätten. Vielleicht ein gutes Zeichen.
       
       Lkw-Fahrer Cody auf der Raststätte glaubt, dass das tief verwurzelte
       sexistische, homophobe und rassistische, von Weißen dominierte Arbeitsklima
       in der Branche viele Neue abschrecken wird. „Ich habe einen schwarzen
       Freund, der seit einiger Zeit damit versucht, fertig zu werden“, sagt er.
       Auch an Fahrerinnen mangele es. „Die Regierung behauptet, es sei Aufgabe
       der Unternehmen, all das zu verbessern. Das ist Blödsinn. Die schlechten
       Straßen und Raststätten, die Arbeitsbedingungen – da muss vom Staat was
       kommen“, findet Cody, bevor er bedauert, wieder losfahren zu müssen.
       „Schauen Sie sich die Toiletten an, dann wissen Sie, wovon ich rede“,
       empfiehlt er noch.
       
       Der Reporter findet in den Waschräumen schmutzige ungeputzte Waschbecken
       und Toiletten, an denen Kot klebt. Dabei kostet ein Stopp an diesem
       Lkw-Parkplatz 36 Euro pro Tag, nur die ersten zwei Stunden sind gratis.
       
       Langfristig setzt die konservative Regierung von Boris Johnson darauf, dass
       die höheren Gehälter einheimische Arbeitskräfte anziehen werden.
       Kurzfristig hat sie Sondererlaubnisse für 5.000 zusätzliche Lkw-Fahrer aus
       dem Ausland gebilligt. Eigentlich sollten diese Visa nur bis Weihnachten
       gültig sein, nach Protesten aus der Wirtschaft verlängerte die Regierung
       die Gültigkeit bis zum März.
       
       Aber kommt überhaupt jemand? Bis Mitte vergangener Woche wurden nur rund
       300 Anträge eingereicht, ganze 20 Visa wurden ausgestellt – die Bearbeitung
       dauert.
       
       Der Rumäne George-Danies, der gerade mit einer Fracht aus Belgien unterwegs
       ist, weiß davon nichts. „Kurze Visa sind für mich uninteressant“, sagt er.
       „Sollte Großbritannien einjährige Arbeitsvisa anbieten, würde ich es mir
       eher überlegen.“ Auch er bestätigt die miserablen Zustände an einigen
       britischen Lkw-Raststätten, hinzu kämen die unzureichenden
       Sicherheitsmaßnahmen. „Einem Kollegen von mir wurden neulich hier in
       England auf einem Parkplatz 24 Paletten gestohlen“, berichtet er und macht
       dazu eine Klau-Bewegung mit seiner Hand.
       
       Ist für osteuropäische Menschen Brexit-Großbritannien ein weniger
       freundliches Pflaster als andere Länder? George-Danies muss kurz überlegen,
       als wäge er einzelne Vorkommnisse gegeneinander ab. „Vorurteile haben alle
       Länder gleichermaßen, egal ob Frankreich, Deutschland oder Großbritannien“,
       antwortet er schließlich.
       
       ## Wurstherstellerin trauert Rumänen nach
       
       Für die 57-Jährige Tracy Mackness, die Wurst und Fleisch vom Schwein aus
       eigener Zucht auf einem großen Gut am Londoner Stadtrand in Romford
       verarbeitet und verkauft, sind die Arbeitskräfte aus Rumänien nicht zu
       ersetzen. „Ich hatte bis vor zwei Jahren fünf Angestellte aus Rumänien. Mit
       Brexit und der Pandemie sind sie alle weg – bis auf einen. Und ihn
       versuchen inzwischen andere von mir wegzulocken, weil er einen
       Lkw-Führerschein hat“, erzählt sie. Mackness blickt über die vielen
       Stallungen, während im Hintergrund eine ganze Gruppe Dackel bellt –
       Hundezucht ist eines ihrer Hobbys. „Wollen Sie einen?“, fragt sie.
       
       Mackness kommt aus dieser Gegend, der Grafschaft Essex am Ostrand Londons.
       „Ich bin als gebürtige Engländerin eigentlich die Ausnahme hier, weil ich
       die Tierzucht und Fleischverarbeitung in den letzten Jahren meiner
       zehnjährigen Haftstrafe gelernt habe. Wissen Sie, ich hatte mein Leben auf
       den falschen Fuß begonnen, und die Tierzucht und Metzgerei sagte mir zu.“
       Mit 30 Schweinen und harter Arbeit baute Mackness ein inzwischen
       preisgekröntes Unternehmen auf: [4][Giggly Pig] – das kichernde Schwein.
       Über ihre wundersame Wandlung von der Gefängnisinsassin zur erfolgreichen
       Geschäftsfrau schrieb sie ein Buch.
       
       „Hier in Essex wählte die Mehrheit für Brexit, weil sie glaubten, dass
       eingewanderte Menschen Sozialwohnungen schneller erhielten als Menschen von
       hier. Ich war schon damals dagegen, weil ich wusste, wie hart meine Leute
       arbeiten“, erklärt Mackness. Seit die Arbeiter*innen aus Osteuropa
       gegangen und nicht mehr zurückgekommen sind, habe sie die gleichen Probleme
       wie die Lastwagenfahrer*innen: Ausländische Hilfskräfte in der Tierpflege
       und Zucht sowie Metzger*innen erfüllen die Kriterien für britische
       Arbeitsvisa nicht, sie gelten als zu gering qualifiziert. „Ich muss jetzt
       vieles selber machen, ja ganze Innereien selber ausnehmen und mich dann
       auch noch um den Verkauf kümmern.“ Obendrauf mangele es an Tierärzten und
       Schlachtpersonal, denn auch die seien vom Festland gekommen, nicht nur aus
       Osteuropa, sondern auch aus Ländern wie Spanien und Italien.
       
       „Meine Versuche, englische Angestellte oder Nachwuchs ins Geschäft zu
       bringen, sind gescheitert“, erzählt sie. „Ich habe überall Anzeigen
       aufgesetzt. Weder ich noch eine Freundin von mir, die eine Gastwirtschaft
       führt, kann geeignetes Personal finden.“ All das kam zusätzlich zur
       Pandemie, mit geschlossenen Märkten und stornierten Veranstaltungen.
       
       Als dann auch noch das Benzin an den Tankstellen ausging und schlechtes
       Wetter die Markttage versaute, konnte Tracy Mackness ihr Unternehmen kaum
       noch halten. Auch heute stehen mehrere ihrer Kleinlaster unbenutzt auf dem
       Gelände. Wenigstens ist am Abend ein Event geplant, zu dem sie frische
       Würstchen servieren soll. Mit derzeit nur halb so vielen Angestellten wie
       noch vor wenigen Jahren gibt sich Mackness noch Zeit bis April nächsten
       Jahres. Sollte das Geschäft dann weiterhin stocken, wird sie wohl aufgeben.
       Die Zeichen stehen schlecht: Einige Supermärkte importierten neuerdings
       Billigfleisch aus Deutschland, hat sie erfahren.
       
       Auf dem Sonntagsmarkt im gentrifizierten Londoner Innenstadtviertel
       Islington gesteht Richard Nickless, der 56-jährige Geschäftsführer des
       Geflügelunternehmens [5][Castlemead] aus dem westenglischen Somerset, 2016
       für den Brexit gestimmt zu haben. „Ich wollte mehr Eigenverantwortung der
       britischen Regierung, damit Westminster Investitionen und Standards selbst
       bestimmen kann.“ Keineswegs habe er aber an eine Schließung der Grenzen für
       Arbeitskräfte aus der Europäischen Union gedacht. Premier Boris Johnson
       habe seine Politik an der falschen Annahme ausgerichtet, dass alle
       Brexitwähler*innen die Einwanderung stoppen wollten. Aber das stimme
       nicht. „Ich habe mich noch nie über die Arbeitskräfte aus Osteuropa beklagt
       – im Gegenteil, ihr Einsatz ist bewundernswert!“, versichert Nickless beim
       Abbau seines Marktstandes. 70 bis 80 Prozent seiner Belegschaft kam bis vor
       Kurzem aus Polen. Über eine Kontaktperson konnte er sogar innerhalb einer
       Woche bei Bedarf weiteres Personal anheuern. All das ist jetzt vorbei.
       
       Auch Nickless versucht die fehlenden ausländischen Arbeitskräfte durch
       solche aus Großbritannien zu ersetzen, so wie es sich die britische
       Regierung vorgestellt hat. Doch die Realität sei, sagt er, dass man nun an
       britische Arbeiter*innen höhere Löhne bei stark gesunkener
       Produktivität zahlen müsse. Für ihn als Arbeitgeber bedeutet das: weniger
       Einnahmen, höhere Kosten. In den nächsten Monaten werden steigende Preise
       für Gas und Strom dazukommen, fürchtet er.
       
       Nickless’ Erfahrungen mit englischen Nachwuchskräften sind durchweg
       negativ, sagt er. „Trotz finanzieller Anreize wollen sie nicht zupacken,
       wenn es darauf ankommt. Sie nehmen oft die Arbeit nicht ernst genug und
       arbeiten von vornherein weniger hart.“ Er erinnert sich an einen Mann, dem
       er nach dem Vorstellungsgespräch die Tür zeigte, als dieser laut
       nachdachte, ob die Arbeit ihm wohl mehr bringe als das Arbeitslosengeld.
       „Die Sozialleistungen in Großbritannien sind für die, die es wirklich
       brauchen, viel zu gering – aber zu großzügig für Leute, die eigentlich
       arbeiten können“, glaubt Nickless. „Die größten Ausbeuter der Sozialhilfe
       sind Briten, nicht Ausländer“, ist er überzeugt. Nickless’ hartes Urteil:
       „Du stehst auf, beginnst wieder von vorne und gibst dein Bestes, so lernte
       ich das von meinem Vater, und auch meine Tochter ist so, aber viele andere
       in diesem Land scheinen zu glauben, sie können sich einfach hinsetzen und
       Arbeitslosengeld einstecken.“
       
       So wie für Lastwagenfahrer*innen gibt es inzwischen auch
       Sonderarbeitsvisa für den Geflügelsektor sowie für Schlachtereien und
       Metzger. Weil das christliche Weihnachtsfest als das Maß aller Dinge gilt,
       das unbedingt ungestört vonstatten gehen muss, soll auf diese Weise dafür
       gesorgt werden, dass es im Dezember nicht an Gänsebraten und Truthähnen
       mangelt.
       
       Doch kommt das nicht alles viel zu spät? Nickless findet, das sei keine
       Hilfe. „Die Bearbeitung der Anträge durch die Behörden dauert bis zu acht
       Wochen. Erst im November kann ich ein Schnellverfahren mit zusätzlichen
       Kosten beantragen“, schildert der Geschäftsführer.
       
       Nickless fragt sich, ob er wirklich rechtzeitig zu Weihnachten extra
       Arbeitskräfte haben wird. „Größere Firmen mussten bereits Tiere keulen und
       verbrennen, weil sie nicht genug Veterinäre zur Verfügung hatten“, erwähnt
       er mit Sorge und skizziert die Verluste der eigenen Firma.
       
       ## Regierung Johnson bleibt hart
       
       Trotz immer lauter werdenden Rufen und Warnungen der Industrieverbände will
       sich die britische Regierung bisher dem Verlangen nach einer allgemeinen
       Lockerung der Regeln für Arbeitsvisa nicht beugen. Es gibt lediglich
       Ankündigungen für einzelne Branchen. Selbst als Chefs von großen Firmen wie
       der Bekleidungskette Next, die Tiefkühl-Supermarktkette Iceland und die
       Pub-Kette Wetherspoon, allesamt prominente Unterstützer des Brexit, die
       Haltung der Regierung öffentlich kritisierten, änderte das nichts.
       
       Für Subventionen fehlt es nach der Pandemie an Geld. Im April nächsten
       Jahres steigen die Sozialabgaben, im Folgejahr die Unternehmenssteuern,
       dazu kommen höhere Kosten für Energie, der Mangel an Gas und bald steigende
       Gemeindesteuern, dazu neue Formalitäten an den Grenzen, Lieferprobleme und
       Kostenerhöhungen im internationalen Schiffsgüterverkehr.
       
       Vieles davon trifft viele Länder auf der Welt – in Großbritannien kommt es
       alles auf einmal, durch die eigene Politik verschärft: so sieht es aus
       Sicht der Wirtschaft aus. Kein Wunder, dass Boris Johnsons heiterer
       [6][Auftritt auf dem jüngsten Jahresparteitag] der regierenden
       Konservativen Menschen wie Richard Nickless, Tracy Mackness oder James Cody
       wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt vorkommt.
       
       18 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.rha.uk.net/
   DIR [2] /Benzin-Engpaesse-in-Grossbritannien/!5803775
   DIR [3] /Lkw-Krise-in-Grossbritannien/!5803160
   DIR [4] https://www.gigglypig.co.uk/
   DIR [5] http://www.castlemeadpoultry.co.uk/
   DIR [6] /Boris-Johnson-beim-Tory-Parteitag/!5806723
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
       
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