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       # taz.de -- Fragwürdige Abrechnungen beim DRK: Weiterer Skandal im Impfzentrum
       
       > Kochsalz verimpft, Stunden falsch abgerechnet, Lohn einbehalten: Das
       > Impfzentrum im friesländischen Schortens stolpert von einem Vorwurf zum
       > nächsten.
       
   IMG Bild: Der Bund der Steuerzahler wittert „Friesland-Filz“
       
       Hannover taz | Der Bund der Steuerzahler (BdSt) lässt nicht locker:
       „Schluss mit dem Friesland-Filz!“ überschrieb er seine jüngste
       Pressemitteilung. Ziel des Zorns: Das Impfzentrum in Schortens im Kreis
       Friesland, geführt vom dortigen DRK-Kreisverband.
       
       Rund 50.000 Euro Personalkosten pro Monat soll der Verband eingestrichen
       haben, ohne dass die Angestellten davon etwas sahen. Der Landkreis hatte
       nämlich, je nach Qualifikation, pauschale Stundensätze von 24 bis 48 Euro
       vereinbart – der DRK-Kreisverband zahlte seinen Angestellten aber nur 13,45
       Euro bis 18,75 Euro.
       
       Offenbar hatte man sich an unterschiedlichen Tarifen orientiert. Der Kreis
       an dem, was vergleichbare Angestellte im Gesundheitsamt verdienen, das DRK
       an seinem eigenen an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes
       angelehnten, aber deutlich schlechteren Haustarif.
       
       Das war schon vor zwei Wochen bekannt geworden, [1][unter anderem durch
       Recherchen des Spiegels.] Fraglich ist nun aber immer noch, wer wann von
       diesem Unterschied gewusst hat oder hätte wissen müssen. Der zuständige
       Landrat Sven Ambrosy (SPD) sagt, er sei natürlich davon ausgegangen, dass
       das Geld bei den Mitarbeitenden landet. Ähnlich äußerte sich das
       niedersächsiche Sozialministerium, das die Impfzentren finanziert.
       
       Das DRK dagegen behauptet, der Landkreis habe sehr wohl gewusst, welcher
       Tarif gezahlt würde. Im Übrigen rechtfertigt sich der Verband, würden die
       Überschüsse natürlich wohltätigen Zwecken zu geführt – ein
       Wohlfahrtsverband macht schließlich keine Gewinne.
       
       ## Kein Fall für die Staatsanwaltschaft – zumindest dieses Mal
       
       Die Staatsanwaltschaft hat den Fall geprüft, aber keinen Hinweis auf
       strafrechtliche Verfehlungen gesehen. Der Bund der Steuerzahler sagt nun,
       zumindest eine Person hätte es wissen und unterbinden müssen: Ein
       Mitarbeiter der Kreisverwaltung sei sowohl an der Vertragsgestaltung
       beteiligt gewesen als auch im Vorstand des DRK tätig.
       
       Der Verband fordert nun eine Sonderprüfung durch den Landesrechnungshof.
       „Der Verdacht, dass durch filzartige Strukturen Steuergeld fehlgeleitet
       wurde, steht im Raum“, erklärt BdSt-Vorsitzender Bernhard Zentgraf.
       
       Generell müsste man bei den Wohlfahrtsverbänden möglicherweise einfach
       genauer hinschauen, denn so wertvoll und wichtig deren Arbeit auch sei –
       viele seien letztlich auch Wirtschaftsverbände. Er könne auch nicht
       ausschließen, dass es anderswo genauso aussähe. Entsprechende Hinweise
       hätten den Steuerzahlerbund beispielsweise aus dem Nachbarkreis Wittmund
       erreicht.
       
       Dass der DRK-Kreisverband Jeverland nun besonders ins Visier geraten ist,
       hängt mit der Vorgeschichte zusammen. Das erste Mal in die Schlagzeilen,
       damals sogar international, geriet das Impfzentrum Schortens durch Antje T.
       Das war jene examinierte Krankenschwester, die im April 2021 einräumen
       musste, mindestens sechs Spritzen mit Kochsalzlösungen statt mit Impfstoff
       aufgezogen zu haben. Angeblich wollte sie damit vertuschen, dass ihr eine
       Ampulle des teuren Impfstoffes heruntergefallen war.
       
       ## Kochsalz-Impfungen müssen noch aufgearbeitet werden
       
       An dieser Version gab es aber schnell Zweifel. Bis heute ist unklar, ob es
       nicht einfach eine Schutzbehauptung war und sie sehr viel mehr Impfungen
       sabotiert hat. Eine Kollegin erzählte [2][dem Spiegel] nämlich, dass Antje
       T. ihr verschwörungstheoretische Whatsapp-Nachrichten geschickt habe. Sie
       habe dies auch an die Vorgesetzten beim DRK weitergegeben, schon Tage vor
       dem Vorfall. Doch die hätten nicht reagiert. Gegen Antje T. läuft nun ein
       Strafverfahren.
       
       Um zu klären, wie viel Schuld die Krankenschwester auf sich geladen hatte,
       richtete die zuständige Polizeiinspektion Oldenburg eine Sonderkommission
       ein. Deren Ermittlungen schienen sich im August plötzlich massiv
       auszuweiten: da [3][durchsuchten die Ermittler das Impfzentrum und
       verschiedene DRK-Büros]. Der Verdacht: Abrechnungsbetrug. Fünf
       Mitarbeitende sollen zwischen Februar und Juli mehr Stunden abgerechnet
       haben als tatsächlich geleistet wurden. Auch dieser Fall ist noch nicht
       abgeschlossen.
       
       Für den Landrat waren die Razzien aber Anlass genug, um den
       Betreibervertrag mit dem DRK fristlos zu kündigen. Die Johanniter sprangen
       ein und wickelten die restlichen Impftermine ab, Ende September schloss das
       Impfzentrum ohnehin seine Pforten.
       
       ## Landesrechnungshof plant ohnehin Prüfung der Impfzentren
       
       Die Aufarbeitung dürfte aber noch lange nicht abgeschlossen sein. 10.183
       Personen mussten ihre Impfungen nachholen, Land und Landkreis bieten ihnen
       dafür eine Aufwandsentschädigung von 35 beziehungsweise 50 Euro an, je
       nachdem, ob es sich um eine oder zwei Impfungen handelt. Weiteres werden
       Gerichte zu klären haben.
       
       Der Landesrechnungshof läuft sich tatsächlich schon warm, die Impfzentren
       einer Prüfung zu unterziehen. „Wir lassen uns nicht vom Bund der
       Steuerzahler unsere Prüfziele vorschreiben“, sagt Michael Markmann, der als
       Senatsmitglied für den Bereich Gesundheit und Soziales zuständig ist.
       
       „Aber natürlich ist diese Verwendung von Haushaltsmitteln auch systemisch
       interessant. Wir erarbeiten gerade ein Prüfkonzept und werden das im
       kommenden Kalenderjahr angehen.“ Bisher habe man den Gesundheitsbereich
       verschont, weil man der Pandemie-Bekämpfung nicht im Wege stehen wollte.
       
       23 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.spiegel.de/panorama/justiz/corona-impfskandal-in-friesland-8294-euro-im-monat-fuer-eine-krankenschwester-a-34a20338-1c78-435f-88aa-f2bfb721eed9
   DIR [2] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/friesland-mutmassliche-impfungen-mit-kochsalzloesung-antje-t-und-ihre-hexenkueche-a-450a982e-0002-0001-0000-000178874249
   DIR [3] /Aktuelle-Nachrichten-aus-der-Coronakrise/!5796361
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nadine Conti
       
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