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       # taz.de -- Kunstaktion von Pejac in Kreuzberg: Da hängt doch wer
       
       > Am Kreuz der Heilig-Kreuz-Kirche hängt ein Körper, aber der Heiland ist
       > es nicht. Was hat es mit der merkwürdigen Figur auf sich?
       
   IMG Bild: „Landless Stranded“ nennt der Künstler Pejac seine Skulptur eines flüchtenden Kindes
       
       Das Bild, das bei der Fahrt durch Kreuzberg für einen Sekundenbruchteil im
       Augenwinkel auftaucht, irritiert: Da hängt wer am Kreuz! Ganz oben auf der
       Heilig-Kreuz-Kirche am Halleschen Tor. Nicht im klassischen Sinne, kein
       angenagelter Körper, sondern einer, der sich mit einer Hand festhält und
       schräg ins Leere lehnt, leger fast, wie ein Mensch beim Poledance. So sieht
       es jedenfalls von Weitem aus.
       
       Seit Tagen schon hängt die Figur dort über der Kuppel, aber nichts weist
       auf den Hintergrund hin, selbst das Netz schweigt. Ein prank,
       Guerillakunst? Wie vor ein paar Jahren, als die „Berlin Kidz“ das Turmdach
       der Bonifatiuskirche an der Gneisenaustraße mit einem ihrer vertikalen
       Graffiti-Schriftzüge verzierten?
       
       Ein Besuch der Kirche bringt Aufklärung. Die politisch aktive Gemeinde
       Heilig-Kreuz-Passion, die hier hinter wilhelminischen Klinkern Kultur-,
       Flüchtlings- und Obdachlosenarbeit macht, ein Café betreibt und selbst seit
       Jahren die Seenotrettung Sea-Watch im Mittelmeer unterstützt, hat ihr Dach
       dem [1][spanischen Künstler Pejac] zur Verfügung gestellt.
       
       Aus der Nähe betrachtet handelt es sich bei der überlebensgroßen Figur um
       ein Kind in einer Rettungsweste, das in der freien Hand eine Signalfackel
       hält. Weil man aber gar nicht so nahe herankommt, wird an der Zossener
       Straße jetzt noch ein Fernglas montiert, nebst Informationen zu einer
       Ausstellung von Pejac und zur Situation der Menschen auf dem Meer.
       
       Eingefädelt hat alles die Werbeagentur Dojo, die unterm Dach der Kirche
       Räume mietet. Die Kreativen stecken einen Teil des Geldes, das sie mit
       Kampagnen für Lieferheld oder Hertha verdienen, in ihre [2][Stiftung „Dojo
       Cares“] – in diesem Zusammenhang setzten sie sich auch für Pejacs Aktion
       ein, die den Blick der Gesellschaft trotz Corona- und Klimakrise wieder auf
       die Not der Flüchtenden richten soll.
       
       ## Schon viele Anfragen
       
       Dass die Figur seit zehn Tagen kommentarlos am Kreuz hängt, könnte man als
       Kommunikationspanne interpretieren, vielleicht war es aber auch gewollt, um
       Aufmerksamkeit zu erzeugen – wie beim Autor dieser Zeilen. „Ich habe schon
       eine Menge Anfragen bekommen, was es mit der Figur auf sich hat“, sagt auch
       Marita Lessny, Vorsitzende des Gemeinderats, der für die Kirche das Okay
       gegeben hat.
       
       In Kürze wird es mehr Informationen geben, auch im Netz. Und Pejacs
       Skultpur wird noch viel mehr Menschen auffallen: Laut Dojo wird die Fackel
       zweimal am Tag – um 12 und um 18 Uhr – leuchtend rot brennen. Fragt sich,
       ob so etwas in Berlin unter Kunst oder Kitsch verbucht wird. Ein Hingucker
       ist es allemal.
       
       19 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.pejac.es/
   DIR [2] https://dojocares.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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