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       # taz.de -- Verdachtsfälle Rassismus bei der Polizei: Die lange Liste der Einzelfälle
       
       > Wann sind Polizist:innen durch Rechtsextremismus, Rassismus oder
       > Antisemitismus aufgefallen? Die Liste der Vorfälle im Jahr 2021 –
       > bislang.
       
   IMG Bild: Vor dem Frankfurter Revier auf der Zeil nach Auflösung des SEK im Juni
       
       Die Liste [1][der rechten Vorkommnisse bei der Polizei füllte im Jahr 2020]
       eine ganze Zeitungsseite. Und 2021? Eine Übersicht der Ereignisse bis zum
       20. Oktober.
       
       2. Januar 2021 
       
       Bei der Berliner Polizei laufen 47 Disziplinarverfahren [2][wegen des
       Verdachts auf rechtsextremistische oder rassistische Äußerungen]. Im
       Februar 2020 flog eine Gruppe mit 25 Polizist:innen auf, die über Jahre
       rassistische Nachrichten verschickt hatte. [3][Im Oktober 2020] entdeckten
       Ermittler:innen eine Chatgruppe mit 26 Polizeischüler:innen, die
       Nachrichten mit Hakenkreuzen austauschten, sechs durften ihre Ausbildung
       nicht fortsetzen.
       
       2. März 2021 
       
       Nach aufgeflogenen [4][rechten Whatsapp-Chats bei der Polizei in Mülheim an
       der Ruhr] wollen die Ermittler:innen 12.750 Telefonnummern aus den
       Handys der Verdächtigen überprüfen lassen. Zwei Mitglieder der
       rechtsextremen Chatgruppe der Mülheimer Polizei [5][waren auch in der
       Reality-TV-Serie „Ruhrpottwache“ zu sehen]. Über einen der Darsteller
       stießen die Ermittler:innen auf die Chats. Im September 2020 waren
       [6][bei der Polizei in Mülheim an der Ruhr] mehrere Whatsapp-Gruppen
       aufgeflogen, in denen teilweise rechtsextreme und rassistische Inhalte
       ausgetauscht wurden. Mehr als 20 Polizisten sind suspendiert worden. Anfang
       Juli beantragt die Staatsanwaltschaft Duisburg [7][Strafbefehle gegen sechs
       beschuldigte Polizist:innen].
       
       3. März 2021 
       
       Ein ehemaliger Polizeikommissaranwärter [8][muss sich vor dem Amtsgericht
       Offenbach verantworten]. Anfang September 2018 sollen auf seinem
       Mobiltelefon zwei kinder- bzw. jugendpornografische Videos festgestellt
       worden sein. Der Beschuldigte befand sich zu dem Zeitpunkt bei der
       Hessischen Bereitschaftspolizei in Mühlheim am Main in Ausbildung. Laut
       Staatsanwaltschaft Frankfurt erging gegen den Mann bereits ein Strafbefehl
       über eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 50 Euro, also 4.500 Euro.
       Dagegen legte der Mann Widerspruch ein.
       
       10. März 2021 
       
       [9][Ein polizeiinterner Untersuchungsbericht] zu den im September 2020
       aufgeflogenen rechtsextremen Chatgruppen bei der Polizei
       Nordrhein-Westfalen stellt den Kolleg:innen ein schlechtes Zeugnis aus.
       „Das Handeln der Treiber und Unterstützer ging deutlich über das Posten
       rechtsextremistischer, rassistischer und antisemitischer Inhalte hinaus“
       heißt es in dem knapp 30-seitigen Dossier. Es erfasse nahezu alle Aspekte
       von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, nämlich Rassismus,
       Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Islamophobie, Sexismus und
       Homophobie. Laut der Sonderinspektion hätte es bei der Polizei schon früher
       Konsequenzen geben müssen, auch die Vorgesetzten kritisiert der Bericht.
       Seit September 2020 wurde gegen 29 Polizeibeamt:innen ermittelt,
       wobei die Mülheimer Dienstgruppe A samt Dienstgruppenleiter komplett
       suspendiert wurde.
       
       4. Mai 2021 
       
       In der Polizeidirektion Osnabrück [10][laufen dienstrechtliche Ermittlungen
       gegen sechs Beamt:innen], die mehrere Hundert Bilder und Videos via
       Whatsapp verschickt haben sollen, darunter verfassungsfeindliche Symbole.
       Drei der Polizist:innen werden vorläufig suspendiert, ein vierter ist
       es bereits seit März 2020.
       
       9. Juni 2021 
       
       Gegen 20 Beamt:innen des Spezialeinsatzkommandos (SEK) Frankfurt
       [11][wird wegen volksverhetzender Chatnachrichten ermittelt], bei sechs von
       ihnen gibt es Durchsuchungen. Den 19 beschuldigten Polizeibeamt:innen, die
       noch im Dienst sind, wird verboten, die Dienstgeschäfte weiter auszuführen.
       Drei von ihnen sind Vorgesetzte. Eine:r der Beamt:innen wird
       suspendiert. Seit April 2021 ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt am
       Main gegen die Polizist:innen, beim Landeskriminalamt wurde dafür am 21.
       April eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet.
       
       10. Juni 2021 
       
       Nur einen Tag nach den Durchsuchungen bei Beamt:innen des SEK Frankfurt
       [12][wird die Spezialeinheit aufgelöst]. Hessens Innenminister Peter Beuth
       (CDU) spricht von „inakzeptablem Fehlverhalten“ der Beamt:innen und
       einer „Verrohung einer Dienstgruppe“, die eine Auflösung des SEK
       „unumgänglich“ gemacht hätte. Beuth wolle sie bestenfalls „aus der
       hessischen Polizei entfernen“.
       
       16. Juni 2021 
       
       Zur rechten Chatgruppe von hessischen SEK-Polizist:innen, die Anfang Juni
       aufgeflogen ist, [13][hatten weit mehr Beamt:innen Zugang als bisher
       bekannt]. Mindestens 29 weitere hessische Polizeibeamt:innen gehörten
       zur Chatgruppe, sagt Hessens Innenminister Beuth. Gegen neun von ihnen
       laufen inzwischen Disziplinarverfahren, ihre Beiträge seien allerdings
       nicht strafbar, weil die Whatsapp-Chats als private Kommunikation
       eingestuft werden.
       
       24. Juni 2021 
       
       Das SEK Frankfurt kommt nicht zur Ruhe. Mitte Juni äußert sich der
       Polizeipräsident des Präsidiums Westhessen Stefan Müller [14][selbst
       rassistisch]. Niemand von der Spezialeinheit müsse fürchten, dass nun „das
       Spiel der zehn kleinen N****lein“ starte. Müller soll das
       Spezialeinsatzkommando als Leiter eines Expertenstabes neu aufbauen.
       Anschließend habe er sich entschuldigt, sagte Innenminister Beuth Zeit
       Online. Das sei Zeichen einer gesunden Fehlerkultur.
       
       12. Juli 2021 
       
       Eine Expert:innenkommission [15][legt den Abschlussbericht] ihrer
       Untersuchung zu rechtsextremen und rassistischen Vorfällen bei der Polizei
       Hessen vor. Die Expert:innen sprechen von einem „kritischen Moment“ für
       die hessische Polizei, eine Vielzahl empörender Vorfälle habe zu einem
       deutlichen Vertrauensverlust in der Bevölkerung geführt.
       
       14. Juli 2021 
       
       Fünf Berliner Polizist:innen sollen in einer Chatgruppe mit zwölf
       Teilnehmer:innen [16][„menschenverachtende Inhalte“ versandt haben].
       Wohn- und Aufenthaltsorte sowie zwei Dienstanschriften der Beschuldigten
       werden durchsucht. Ermittelt wird wegen Volksverhetzung und des Verwendens
       von verfassungsfeindlichen Symbolen. Die Chatgruppe ist bereits die dritte
       größere innerhalb der Berliner Polizei.
       
       26. August 2021 
       
       Nachdem das SEK Frankfurt Anfang Juni aufgelöst wurde, sind die meisten
       Beamt:innen des aufgelösten Kommandos an ihren früheren Dienstort
       Frankfurt als „SEK-Süd“ [17][in andere Räume und unter neuen Vorgesetzten
       zurückgekehrt]. Die eingesetzte Expert:innenkommission legt weitere
       Belege aus den Chats für eklatantes Fehlverhalten der Beamt:innen vor:
       ein Weihnachtsbaum mit Hakenkreuzen, Kampfflugzeuge, die Moscheen
       bombardieren, und eine dazu tanzende Hitlerfigur. Auch die Gestaltung der
       ehemaligen SEK-Diensträume im Polizeipräsidium Frankfurt nennt die
       Kommission inakzeptabel. Zur Einrichtung sollen Totenköpfe, zur Schau
       gestellte Patronenhülsen und Handgranaten gehört haben.
       
       21. September 2021 
       
       Eine Polizistin aus einem Revier der Polizeiinspektion Dessau-Roßlau soll
       [18][mehr als zehn Briefe] an den Attentäter auf die Synagoge in Halle
       geschrieben haben. In den Briefen soll die Polizistin Sympathien für
       Stephan B. und Verschwörungserzählungen offenbart haben. Die 20-Jährige
       wird vom Dienst suspendiert. Es wird intern ermittelt, ob beamtenrechtliche
       Verstöße vorliegen.
       
       5. Oktober 2021 
       
       [19][Der Polizeioberkommissar Fabian G. muss sich vor dem Amtsgericht
       Alsfeld verantworten]. Dem 37-Jährigen wird vorgeworfen, im Februar 2018
       ein Hitler-Bild auf WhatsApp geteilt zu haben. Zudem soll er im März 2018
       über das Auskunftssystem der Polizei Abfragen ohne dienstlichen Anlass
       vorgenommen und Informationen weitergegeben haben. In seiner Wohnung sollen
       bei einer Durchsuchung im Dezember 2018 zudem mehrere unerlaubte
       Schusswaffen und Munition gefunden worden sein. Anfang Oktober [20][wird er
       zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 35 Euro, also ingesamt 7.000
       Euro, verurteilt]. Wegen der rechten Chats wird er nicht belangt, weil die
       Chats als private Kommunikation eingestuft werden.
       
       13. Oktober 2021 
       
       Ein Jahr nach Bekanntwerden rechtsextremer Verdachtsfälle bei der Polizei
       in Nordrhein-Westfalen [21][haben sich diese in 53 Fällen bestätigt], 138
       Fälle sind noch offen. Bei 59 Verdachtsfällen dauern die strafrechtlichen
       Prüfungen und arbeits-, disziplinar- oder beamtenrechtlichen Prüfungen noch
       an. Seit 2017 bis Ende September 2021 hatten die nordrhein-westfälischen
       Polizeibehörden 275 Verdachtsfälle gemeldet. Sechs Kommissaranwärter waren
       entlassen worden.
       
       20. Oktober 2021 
       
       Zwei Ex-Bundeswehrsoldaten wollten mutmaßlich [22][eine Söldnertruppe
       aufbauen, die Huthi-Rebellen im Jemen angreift]. Laut Informationen eines
       Hinweisgebers sollen sie mit aktiven und ehemaligen deutschen
       Soldat:innenen und Polizist:innen Kontakt aufgenommen haben, um eine
       Truppe von bis zu 150 Mann zu bilden.
       
       Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes waren Fehler
       und Ungenauigkeiten enthalten. Dies wurde korrigiert, wir bitten dies zu
       entschuldigen.
       
       21 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Verdachtsfaelle-Rassismus-bei-Polizei/!5735572
   DIR [2] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2020/11/polizei-berlin-40-disziplinarverfahren-rechtsextremismus.html
   DIR [3] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2020/10/polizeihochschule-berlin-suspendierung-rechtsextremismus-chatgruppe.html
   DIR [4] /Rechtsextreme-Chats-in-der-Polizei/!5731314
   DIR [5] https://www.waz.de/staedte/muelheim/rechte-polizei-chats-mitglieder-waren-in-sat1-serie-aktiv-id231012090.html
   DIR [6] /Polizeiaffaere-um-rechte-Chats-in-NRW/!5716439
   DIR [7] https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-07/polizei-rechtsextremismus-chat-nrw-volksverhetzung
   DIR [8] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-02/hessen-polizei-rechtsextremismus-anklage-chat-rassismus-volksverhetzung-kriegswaffenkontrollgesetz
   DIR [9] /Bericht-zu-rechten-Polizeichats-in-NRW/!5757462
   DIR [10] /Rechtsextremismus-bei-der-Polizei/!5769258
   DIR [11] /Wegen-rechtsextremer-Chats/!5778140
   DIR [12] /Nach-Nazi-Chats-bei-Spezialeinheit/!5778281
   DIR [13] /Wegen-rechtsextremer-Chats/!5778140
   DIR [14] https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-06/stefan-mueller-rechtsextremismus-polizei-sek-hessen-chats-rassismusvorwuerfe
   DIR [15] /Rassismus-bei-Polizei-Hessen/!5781145
   DIR [16] /Ermittlungen-gegen-Berliner-Polizisten/!5786938
   DIR [17] /Nach-Aufloesung-wegen-Chat-Skandal/!5796505
   DIR [18] /Suspendiert-nach-Brieffreundschaft/!5802560
   DIR [19] https://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Gesellschaft-2/Ermittlungskomplex-Chatgruppen-Staatsanwaltschaft-erhebt-Anklage-gegen-Polizeibeamte-37029.html
   DIR [20] https://www.oberhessen-live.de/2021/10/05/7-000-euro-geldstrafe-fuer-ehemaligen-polizisten/
   DIR [21] /Rechtsextremismus-bei-Polizei-NRW/!5807939
   DIR [22] /Mutmassliche-Plaene-fuer-Soeldnertruppe/!5809857
       
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