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       # taz.de -- Putsch in Sudan: Die einsame Protestbewegung
       
       > Im Sudan wollen die Generäle wieder die ganze Macht. Der Protest des
       > Auslands ist bigott: Die zivile Übergangsregierung wurde einst allein
       > gelassen.
       
   IMG Bild: Demonstration gegen die Absetzung der zivilen Regierung von Premierminister Abdalla Hamdok
       
       Sudans Generäle lassen nicht locker. Bedenkenlos hat der oberste General
       Abdelfattah Burhan die von ihm selbst geführten Übergangsinstitutionen
       aufgelöst, die zivile Regierung verhaften lassen und den Ausnahmezustand
       verhängt. Es ist ein Militärputsch, obwohl Burhan schon an der Macht war.
       Er will noch mehr Macht. Jedes Ansinnen, den Würgegriff der Generäle auf
       Sudans Wirtschaft zu lockern und ihre Straffreiheit für vergangene
       Kriegsverbrechen anzutasten, wird im Keim erstickt.
       
       Sudans Demokratiebewegung wird nun wieder einmal allein gelassen. In den
       vergangenen Jahren hat sie [1][unbeschreiblichen Mut bewiesen]: Nach
       mehreren im Blut ertränkten Aufständen hat sie ab Ende 2018 mit
       beharrlichen Massenprotesten den Gewehren eines allmächtigen
       Sicherheitsapparats getrotzt, der in Südsudan und Darfur schon einige
       Millionen Menschenleben auf dem Gewissen hat. Der Protest erzwang
       schließlich 2019 den Sturz von Langzeitdiktator Bashir – vollstreckt von
       seinen eigenen Generälen, die ihre Felle davonschwimmen sahen und ihre Haut
       in die neue Zeit retten wollten.
       
       Es war die Sternstunde der Revolution. Die Protestbewegung war
       siegessicher. Sie dachte, mit Unterstützung aus dem Rest der Welt auch noch
       die letzten Schritte hin zu einem neuen, demokratischen Sudan gehen zu
       können. Sie irrte sich. Die Generäle wurden nach einer Schamfrist wieder
       selbstbewusster, und jetzt vollziehen sie das Rollback – alles im Namen der
       Rettung des Landes, selbstverständlich.
       
       Jetzt protestiert der Rest der Welt und fordert die Rücknahme des Putsches.
       Ernsthaft? Wo war der Rest der Welt, als in Südsudan und Darfur gemordet
       wurde, als Diktator Bashir trotz internationalen Haftbefehls straflos um
       die Welt reiste? Wo blieb die Unterstützung für die 2019 [2][eingesetzte
       zivile Übergangsregierung], als sie den Menschen ein besseres Leben bieten
       wollte?
       
       ## Verantwortung des Westens
       
       Die USA machten Hilfen von einer Annäherung an Israel und
       Entschädigungszahlungen an US-Bürger wegen [3][Bashirs Terror] abhängig,
       der IWF knüpfte seine Kredite an die Streichung von Subventionen. Die
       weltweiten Reichtümer und Geschäfte der Generäle blieben unangetastet. Das
       Ergebnis: Die zivile Regierung diskreditierte sich, die Militärs mussten
       nur abwarten. Jetzt fahren sie die Ernte ein.
       
       Der Mut der Protestbewegung, die sich auch jetzt noch gegen den Putsch
       stemmt, ist beeindruckend und verdient mehr als nur verbale Solidarität.
       Aber wenn sich die Generäle durchsetzen, wird das sudanesische Volk bitter
       dafür büßen, jemals die Ordnung der Dinge in Frage gestellt zu haben. Und
       Europa wird sich wundern, wieso plötzlich wieder so viele verzweifelte
       Sudanesen als Flüchtlinge anklopfen.
       
       25 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Viele-Tote-bei-Gewalt-im-Sudan/!5600056
   DIR [2] /Notstand-in-Krisenregion-Darfur/!5694892
   DIR [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Umar_al-Baschir
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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