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       # taz.de -- Boris Johnson beim Tory-Parteitag: Premier trotzt Versorgungskrise
       
       > Der britische Premier Johnson will beim Tory-Parteitag trotz
       > Versorgungskrise von Arbeitsmigration nichts wissen. Seinen
       > Parteifreunden gefällt das.
       
   IMG Bild: Ehepaar Boris und Carrie Johnson beim Parteitag der Tories am 6. Oktober
       
       Berlin taz | Mit einem Bekenntnis zum radikalen ökonomischen Wandel hat der
       britische Premierminister Boris Johnson am Mittwoch den Jahresparteitag der
       regierenden Konservativen in Großbritannien beendet. Er malte in seiner
       Abschlussrede einen Kontrast zwischen einem „radikalen optimistischen
       Konservatismus“ und der „müden alten [1][Labour]“-Partei und erteilte
       Forderungen, der aktuellen [2][Versorgungskrise] im Land durch erneute
       Öffnung der Grenzen für EU-Arbeitsmigration zu begegnen, eine
       grundsätzliche Absage.
       
       „Wir gehen nicht zurück zum gleichen alten kaputten Modell mit
       [3][niedrigen Löhnen], niedrigem Wachstum, niedriger Bildung und niedriger
       Produktivität, alles ermöglicht und aufrechterhalten durch unkontrollierte
       Zuwanderung“, rief er unter Beifall. Angestrebt werde ein Großbritannien
       mit „hohen Löhnen, hoher Bildung, hoher Produktivität, niedrigen Steuern,
       in dem alle auf ihre Arbeit stolz sein können“.
       
       Für diesen Wandel hätten die Briten beim Brexit-Referendum 2016 und beim
       konservativen Wahlsieg 2019 gestimmt, und den werde er umsetzen. Die
       Antwort auf die aktuellen Probleme sei eben nicht, „Zuwanderung als Ausrede
       zu nutzen, um sich davor zu drücken, in Menschen, Bildung und die für die
       Arbeit nötige Ausrüstung und Maschinen zu investieren“.
       
       Boris Johnson zog eine direkte Linie von den jüngsten britischen Erfolgen
       bei der Entwicklung von Corona-Impfstoffen zu den von ihm gewünschten
       Zukunftserfolgen. Der Brexit mache es möglich, „neue Freiheiten bei der
       Regulierung“ zu nutzen, um das Land in eine „Wissenschafts-Supermacht“ zu
       verwandeln, vor allem in den Bereichen grüner Technologien, genetischer
       Forschung, künstlicher Intelligenz und Cyber. Garant dafür sei der
       „einzigartige“ Geist Großbritanniens, der eine Koexistenz von
       Unternehmergeist mit allgemeiner Gesundheitsfürsorge ermögliche.
       
       Die Rede enthielt kaum konkrete Ankündigungen, aber das war auch weniger
       ihr Ziel als das Verbreiten guter Stimmung, um das Parteivolk bei Laune zu
       halten. Johnson entdeckte Wurzeln seiner Politik in einem Gedicht aus dem
       Jahr 1750, kalauerte über die Labour-Opposition und verglich ihren vom
       eigenen linken Flügel bedrängten Chef [4][Keir Starmer] mit dem Skipper
       eines von somalischen Piraten gekaperten Kreuzfahrtschiffs.
       
       Zu den Problemen der Gegenwart äußerte er sich im Vergleich eher nüchtern.
       Johnson gestand ein, dass die Staatsfinanzen aktuell ein „riesiges Loch“
       aufwiesen und dass kurzfristig noch längere Wartezeiten als sonst im
       Gesundheitswesen zu erwarten seien, aufgrund des [5][Covid-19]-bedingten
       Rückstaus. Seine optimistischsten Töne waren in die fernere Zukunft
       gerichtet.
       
       6 Oct 2021
       
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