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       # taz.de -- Globale Mindeststeuer: 140 Länder für 15 Prozent
       
       > Auch Irland, Estland und Ungarn machen jetzt beim Megaprojekt mit: Die
       > globale Steuerreform biegt in die Zielkurve, Kritik kommt aus
       > Schwellenländern.
       
   IMG Bild: Finanzminister Mihaly Varga verwies auf eine zehnjährige Übergangszeit
       
       Paris/Berlin rtr | Bei der geplanten globalen Steuerreform ziehen
       mittlerweile auch die [1][bisherigen Kritiker aus der EU] mit – Irland,
       Ungarn und Estland. Damit ist das Mammutprojekt von 140 Ländern nach
       Einschätzung der USA auf Kurs. Am Freitagabend will die
       [2][Industriestaaten-Organisation OECD], die die Verhandlungen koordiniert,
       über den aktuellen Stand informieren. Irland und Ungarn zufolge hat es
       diese Woche Zugeständnisse gegeben, um Skeptiker noch ins Boot zu holen.
       Kritik kam aus Schwellenländern, die sich teilweise übergangen fühlen.
       
       Die Reform soll die internationalen Steuerregeln an das Digitalzeitalter
       anpassen und einen jahrzehntelangen Wettbewerb zwischen Staaten mit immer
       niedrigeren Unternehmenssteuern beenden. Staaten sollen mehr Einnahmen
       bekommen, angesichts der in der Corona-Krise stark gestiegenen Verschuldung
       für viele Regierungen besonders wichtig. Steueroasen sollen zudem
       ausgetrocknet werden.
       
       Vorgesehen sind zwei Säulen – eine globale Mindeststeuer für große Konzerne
       in Höhe von 15 Prozent und eine neue Form der Besteuerung von digitalen
       Dienstleistungen, von der vor allem Schwellenländer profitieren sollen.
       Große Konzerne haben in der Vergangenheit immer mehr Gewinne aus Patenten
       oder Software-Lizenzen in Niedrigsteuergebiete verlagert – und damit ihre
       Steuerlast massiv gedrückt.
       
       Das wird zunehmend als unsolidarisch gewertet. Vor allem Internet-Konzerne
       verbuchen ihre Gewinne selten dort, wo sie ihre Kunden haben, so dass viele
       Länder weitgehend leer ausgehen. In Europa ist Irland eines der wichtigsten
       Niedrigsteuerländer und hat viele große Konzerne mit einem Steuersatz von
       12,5 Prozent angelockt, der in der Realität oft noch deutlich niedriger
       ist.
       
       ## Zehn Jahre Übergangszeit
       
       Ungarn teilte am Freitag mit, seinen Widerstand aufzugeben. Finanzminister
       Mihaly Varga verwies auf eine zehnjährige Übergangszeit. Damit könne das
       Land guten Gewissens mitziehen. Die Unternehmenssteuer werde bei neun
       Prozent bleiben. Früheren Angaben des Bundesfinanzministeriums zufolge kann
       jedes Land seinen Satz weiterhin selbst festlegen. Deutschland kann bei
       seinen Unternehmen dann aber die Differenz zur globalen Mindeststeuer in
       Rechnung stellen, wenn sie beispielsweise bei Töchtern in Ungarn weniger
       als die 15 Prozent zahlen.
       
       Irland und Estland hatten am Donnerstag bereits ihre Zustimmung
       signalisiert. Nach Angaben der Regierung in Dublin hat diese von der
       EU-Kommission Zusagen erhalten, für Konzerne mit einem Jahresumsatz von
       weniger als 750 Millionen Euro die Rate von 12,5 Prozent beibehalten zu
       können. Steuervorteile für Forschung und Entwicklung sollen auch weiter
       möglich sein. Die EU-Kommission habe versprochen, sich an den Geist der
       Einigung zu halten und keine höheren Sätze innerhalb der EU anzustreben.
       
       Kritiker haben immer wieder bemängelt, dass EU-Mitglied Zypern erst gar
       nicht Teil der Gespräche war. Viele Staaten – darunter Frankreich und
       mehrere Schwellenländer – hatten sich für eine deutlich höhere
       Mindeststeuer eingesetzt. Insider sagten, bei der Mindeststeuer sei nun nur
       noch von genau 15 Prozent die Rede – statt bislang „mindestens 15 Prozent“.
       Damit sollte Irland an Bord geholt werden. Positiv äußerten sich die USA:
       Es laufe auf einen „Meilenstein“ hinaus, der die Wettbewerbsfähigkeit der
       USA unterstütze, so das Finanzministerium in Washington. Der Wettbewerb
       zwischen den Ländern werde fairer.
       
       Im Laufe des Oktobers soll auf Ebene der 20 führenden Industrie- und
       Schwellenländer (G20) endgültig grünes Licht für die Steuerreform gegeben
       werden, nachdem im Sommer ein Grundgerüst gebilligt wurde. Die Pläne sollen
       nächstes Jahr in Gesetzestexte gegossen werden und 2023 in Kraft treten.
       Dieser Zeitplan gilt als sehr ambitioniert.
       
       8 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Auf-Druck-der-USA/!5781097
   DIR [2] https://www.oecd.org/ueber-uns/
       
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