# taz.de -- „Tatort“ aus Mainz: Die Duftnote des Mordes
> Am Anfang ist beim Mainzer „Tatort“ so gut wie nichts zu sehen. Und doch
> gibt es eine Ohrenzeugin eines Überfalls. Heike Makatsch muss ran.
IMG Bild: Dünne Faktenlage für Ellen (Heike Makatsch) und Martin Rascher (Sebastian Blomberg)
Es ist so eine Sache mit den Nur-ab-und-zu-„Tatorten“. Also den Krimis,
die mit Stars bestückt nur einmal im Jahr oder noch seltener laufen. Wer
kann sich schon an den Vorgängerfilm erinnern? Okay, an sich ist das ja
egal. Jeder Fall/Film sollte für sich stehen und verstanden werden. Warum
aber – und ich wollte das immer schon mal hier schreiben –, müssen solchen
Gast-Ermittler:innen immer auch ein Privatleben oder ganz besondere Macken
zugeschrieben werden, und man kapiert nichts!?
Um mal zum konkreten „Tatort“ zu kommen: Wer erinnert sich denn schon
daran, dass [1][Kommissarin Ellen Berlinger, von Heike Makatsch hübsch
nüchtern-lakonisch gespielt], eine kleine Tochter hat? Und schon zweimal
für die ARD ermittelte: erst in Freiburg, dann in Mainz – äh, warum noch
mal ist sie umgezogen? Der dazugehörige Fall „Zeit der Frösche“ von 2018
lief vergangene Woche als Wiederholung und steht aktuell in der
ARD-Mediathek.
Der neue Fall „Blind Date“ beginnt ungewöhnlich, weil die Anfangssequenz
aus Sicht der Hauptdarstellerin gefilmt wurde. Es ist so gut wie nichts zu
sehen. Alles ist dunkel, hier und da sind schemenhafte helle Flecken
auszumachen. Rosa Münch (Henriette Nagel) ist blind – doch gegen den
Begriff wehrt sich die junge Jura-Studentin vehement: „Ich bin nicht blind,
ich habe ein Prozent Sehkraft.“
Also war sie nicht Augen-, sondern Ohrenzeugin eines Tankstellenüberfalls.
Binnen kurzer Zeit schon der zweite, nun gab es einen Toten: Der Tankwart
wurde erschossen. Rosa hilft bei der Ermittlung, weil sie hörbare,
riechbare und auch gefühlte Details zum Tathergang beisteuern kann. Und so
kommt es zu ungewöhnlichen Ermittlungsansätzen: Die Kommissarin geht mit
der Ohrenzeugin in eine Parfümerie für Duftproben, die alle nichts bringen,
bis ein richtig teures Duftwasser gefunden wird, das vor Öffnung der
Packung aber zu bezahlen ist.
## Grenzen ausloten
Der Film entwickelt eine eigene Faszination, weil er so unkonventionell
daherkommt und irre Wendungen bietet. Das liegt auch am Figurenensemble
jenseits der Ermittler:innen. Die Eltern von Rosa benehmen sich merkwürdig.
Die Tatverdächtigen, die wir in der Zeit sehr gut kennenlernen, haben ein
Ding an der Waffel, sind emotional neben der Spur – okay, Rosa
offensichtlich auch.
Dieser Tatort lotet Grenzen aus: Was ist noch Spaß? Und wo hört er auf? Was
machen die Gefühle mit einem? Wo kippt der Drang nach Selbstbestimmung und
Selbstverwirklichung ins Gefährliche, ja Kriminelle?
24 Oct 2021
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## AUTOREN
DIR Andreas Hergeth
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