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       # taz.de -- Fifa begrüßt Evakuierung aus Afghanistan: Mit Katar auf humanitärer Mission
       
       > Die Fifa profitiert von der Mittlerrolle Katars in der Afghanistan-Krise.
       > So wird der Fußballverband zur einflussreichsten PR-Agentur des Emirats.
       
   IMG Bild: Stadioneinweihung in Katar: Fifa-Chef-Infantino (r.) und der Emir von Katar (l.) applaudieren
       
       Ein wenig Erbsenzählerei muss an dieser Stelle sein. Die Fifa schreibt
       jeweils einmal von einem humanitären Anliegen und einer humanitären
       Mission. Sie schreibt jeweils einmal von der Fußballfamilie und der
       Sportfamilie. Fünfmal werden dagegen in der kurzen Pressemitteilung von
       Donnerstag Katar und die katarische Regierung erwähnt und damit nur einmal
       weniger als die Fifa selbst. Wobei zu berücksichtigen ist, dass die
       nationale Fluggesellschaft Qatar Airways, ein wichtiger Sponsor des
       Fußballweltverbands, ebenfalls in dem Text gewürdigt wird.
       
       Es geht um die erfolgreiche Evakuierung von 57 Personen am Mittwoch aus
       Afghanistan mit Bezug zum Frauenfußball und Basketball. Und dafür bedankt
       sich die Fifa gleich zweimal. Bei der Regierung des arabischen Staates und
       beim Emir von Katar, Tamim bin Hamad al-Thani, persönlich. Schon eine Woche
       zuvor habe die Fifa Katar dabei unterstützen können, fast 100 Mitglieder
       der Fußballfamilie nach Doha zu bringen.
       
       Die Beachtung solcher Nuancen ist wichtig, um zu erkennen, dass eine
       PR-Agentur der katarischen Regierung ein solches Schreiben kaum besser
       hätte aufsetzen können.
       
       [1][Mit der Ausrichtung der Männerfußball-WM 2022 strebt das kleine Land am
       persischen Golf nach mehr Anerkennung] in der Weltgemeinschaft und sieht
       sich doch teils massiver Kritik wegen Menschenrechtsverletzungen im eigenen
       Lande ausgesetzt. An der Entrechtung, Ausbeutung und Misshandlung von
       Arbeitsmigranten hat sich trotz zuletzt verbesserter Gesetzeslage in der
       Realität nur wenig geändert, wie internationale
       Menschenrechtsorganisationen auch in den letzten Monaten bemängeln.
       
       ## Weltverbesserer Fußball
       
       Ungeachtet dessen freut sich Fifa-Präsident Gianni Infantino über das hohe
       Tempo, das die Arbeitsmigranten auf den WM-Baustellen in Katar vorlegen.
       Das Land sei so weit wie kein Gastgeber zuvor, lobte er bereits im
       vergangenen Jahr. Und die wenigen Verbesserungen, die etwa Amnesty
       International beklagt, verkauft er als einen Erfolg, an dem der Fußball
       seinen Anteil hätte.
       
       Auch der US-amerikanische Präsident Joe Biden hat Katar für seine
       Vermittlungshilfe bei der Evakuierung von Menschen aus Afghanistan gelobt.
       Wurden die guten Verbindungen, die das Emirat zu den islamistischen Taliban
       pflegen, einst beargwöhnt, erweisen sie sich nun für Katar als äußerst
       nützlich. Von dem doppelbödig erzielten Imagegewinn Katars profitiert die
       Fifa ebenfalls. Jede gute Schlagzeile für Katar hilft ebenso der beständig
       kritisierten WM in diesem Land.
       
       Es ist also kein Wunder, dass die Fifa zum einflussreichsten PR-Büro von
       Katar geworden ist. Anfang September reiste Infantino sogar in die
       Hauptstadt Doha, um sich dort mit afghanischen Flüchtlingen ablichten zu
       lassen, die in Gebäuden untergebracht waren, die für die WM 2022 gebaut
       wurden.
       
       [2][Auf einem Foto, mit welchem der Weltverband seine Website schmückt,]
       ist Infantino zu sehen, wie er mit zwei kleinen afghanischen Kindern ein
       weißes T-Shirt mit der Aufschrift „Fifa World Cup Qatar 2022“ hochhält.
       Schließlich muss die Freude bei den Geretteten doch groß sein, dass sie
       diese WM noch erleben dürfen. Und natürlich bedankte sich Infantino auch zu
       diesem Anlass beim Volk, Regierung und Emir Katars für deren „unglaubliche
       Anstrengungen“, so viele Menschen aus Afghanistan willkommen zu heißen.
       
       Die Klub-WM der Fifa soll nach der Absage Japans übrigens Anfang 2022 nun
       in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfinden. Dies ist ebenfalls ein
       Staat, dem massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.
       Humanitäre Missionen gibt es aber gewiss auch dort. Vielleicht wird man
       über die Fifa bald davon hören.
       
       22 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Initiative-fuer-Fan-Boykott-der-WM/!5731878
   DIR [2] https://www.fifa.com/social-impact/fifa-foundation/news/president-infantino-visits-world-cup-facility-hosting-afghan-refugees
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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