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       # taz.de -- Putins Selbstinszenierung: Theater ums Erdgas
       
       > Russland hat Europa zappeln lassen und Erdgas als geopolitische Waffe
       > genutzt. Die Mahnung dahinter ist klar.
       
   IMG Bild: Mit russischem Gas Europa retten? Präsident Wladimir Putin
       
       So mancher in Russland feiert seinen Präsidenten gerade als „Retter
       Europas“. Zu Lebzeiten sollten Wladimir Putin Denkmäler in europäischen
       Städten gebaut werden, die Menschen sich vor diesem gütigen Weitsichtigen
       stets verneigen, fordert da einer in seinem Blog. Auch Staatsmedien
       betiteln ihre Beiträge mit „Wir lassen euch nicht frieren“. Es gebe nur
       einen [1][zuverlässigen Energiepartner] – Russland. Doch diese
       Zuverlässigkeit ist ein großes Schauspiel.
       
       Allein die Mitteilung, dass Russland nun doch die Energiespeicher in
       Deutschland und Österreich befüllen soll, gleicht einer kleinen
       Theateraufführung im Online-Format. In einem Fenster erscheint Putin, der
       fast schon kindlich fragt, ob es denn richtig sei, dass [2][Gazprom] auch
       in Europa über unterirdische Gasspeicher verfüge, in einem anderen Fenster
       beeilt sich der Gazprom-Chef Alexei Miller zu sagen: „Ja, bis 8. November
       werden alle russischen Speicher voll sein.“ Putins Anweisung danach: Ab 8.
       November soll Gazprom mehr Gas nach Europa liefern. Nun doch. Auf den
       Märkten herrscht Erleichterung, die Preise fallen.
       
       ## Es geht um Macht
       
       Wochenlang wiederholten Gazprom wie auch der Kreml dasselbe Mantra: Alle
       Verträge werden erfüllt, Russland lässt sich nichts zuschulden kommen.
       Daneben hielt sich Gazprom unerwartet von Verkäufen auf den Spotmärkten
       zurück und ließ sich so bewusst Mehreinnahmen entgehen. Nach russischem
       energiepolitischem Verständnis ist das logisch. Mag die Führung auch noch
       so oft betonen, wie blödsinnig sie die Vorwürfe findet, das Land benutze
       Gas als Waffe, ihr Verhalten ist seit Jahren ein gegensätzliches. Dabei
       geht es um Macht und geopolitische Ziele.
       
       Auch in der jüngsten Energiekrise feiert sich Russland als Partner mit
       reiner Weste, lässt Europa kurzzeitig zappeln, vergisst dabei nicht, Angst
       zu säen und sagt schließlich: Na gut, wir springen ein. Die Mahnung ist
       eindeutig. Moskau macht klar, dass es sich in der stärkeren Position sieht.
       Green Deal hin oder her, Europa soll erfahren, wie abhängig es von
       Russlands Rohstoffen ist.
       
       29 Oct 2021
       
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