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       # taz.de -- Parlamentswahl in Tschechien: Babiš verliert wohl die Mehrheit
       
       > In Tschechien hat Premier und Oligarch Andrej Babiš offenbar knapp die
       > Mehrheit verloren. Der Wahlausgang bleibt äußerst spannend.
       
   IMG Bild: Andrej Babiš Kann wohl doch nicht weiter regieren
       
       Prag taz | Die ersten Hochrechnungen versprachen einen erneuten Triumph für
       Andrej Babiš. Doch mit der Anzahl der ausgezählten Wahlkreise sanken die
       Stimmanteile für den amtierenden tschechischen Ministerpräsidenten, der in
       diesen Parlamentswahlen am Freitag und Samstag sein Amt verteidigen wollte.
       
       [1][Zum Schluss blieb Babiš und seine Bewegung ANO] um Haaresbreite hinter
       dem anti-Babiš Wahlbündnis Spolu (Zusammen, einem Zweckverband aus der
       konservativen Bürgerpartei ODS, der progressiv-Liberalen TOP09 und den
       Christdemokraten (KDU-ČSL). Das Triumvirat um den bärtigen
       Politologieprofessor Petr Fiala, errang mit 27,53 Prozent einen knappen
       Wahlsieg vor Babiš, dessen ANO 27,36 Prozent Stimmanteil erreichte.
       
       An dritter Stelle kam der zweite „Antibabiš“ dieser Wahlen, das Wahlbündnis
       aus Piraten und der Bürgermeisterpartei ins Ziel. Die Koalition der jungen,
       urbanen, liberalen TschechInnen, wurde im Vorfeld der Wahlen zwar als deren
       möglichen Sieger hochgeputscht. Ihr Stimmanteil von knapp 15,4 Prozent mag
       zwar unter den Erwartungen liegen. Die momentane Siegeslaune im anti-Babiš
       Lager wird dies aber kaum trüben. Denn gemeinsam kommen SPOLU und PiratStan
       auf 108 Mandate, die eine bequeme Mehrheit im 200-köpfigen tschechischen
       Abgeordnetenhaus bedeuten.
       
       Umgerechnet in Mandate kann Babiš mit seiner ANO nur auf 71 Sitze in der
       „sněmovna“, der unteren Parlamentskammer mit Sitz auf der Prager Kleinseite
       zählen. Selbst mithilfe der vierten Partei, die es in diesen Wahlen über
       die Fünf-Prozent-Hürde geschafft hat, wird es kaum zur Macht reichen: die
       rechtspopulistische „Partei der direkten Demokratie“ (SPD) des
       tschecho-japanischen Unternehmers Tomio Okamura hat zwar knapp zehn Prozent
       der Stimmen gewonnen. Mit ihren 21 Mandaten wird sie Andrej Babiš aber
       nicht auf die Regierungsbänke verhelfen können.
       
       ## Sozialdemokraten und Kommunisten nicht im Parlament
       
       Die Parteien, die Babiš in den vergangenen acht Jahren an der Macht
       gehalten haben, wurden in diesen Wahlen in die außerparlamentarische
       Opposition verbannt: die Sozialdemokraten (ČSSD), die seit 2013 in
       Koalition mit Babiš regierten wie auch die Kommunisten, die die ausgehende
       Minderheitenkoalition aus postkommunistischem Oligarchen und
       Sozialdemokraten, unterstützt hat, blieben auf der dunklen Seite der
       Fünf-Prozent-Hürde, wie auch die neue Law-and-Order Partei Přísaha (Eid)
       des ehemaligen Elitepolizisten Robert Šlachta, die als potentioneller
       Koalitionspartner der ANO galt.
       
       Ob Andrej Babiš wie angekündigt die Politbühne lieber ganz verlässt,
       anstatt in der Opposition weiter zu spielen, bleibt abzusehen.
       [2][Präsident Miloš Zeman hat schon im Vorfeld der Wahlen angekündigt],
       seine Vollmachten zugunsten von Andrej Babiš zu nutzen, um ihn nach den
       Wahlen erneut zum Ministerpräsidenten zu ernennen. Die Wahlbeteiligung war
       mit 65,4 Prozent für tschechische Verhältnisse sehr hoch.
       
       9 Oct 2021
       
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