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       # taz.de -- Kranke Familienmitglieder: Viele bereit zur Angehörigenpflege
       
       > Ein Viertel der Jüngeren hat schon Verwandte gepflegt, zwei Drittel sind
       > dazu bereit. Aber nur wenige nehmen Beratungs- und Unterstützungsangebote
       > an.
       
   IMG Bild: Häusliche Pflege: Dementer Mann liegt im eigenen Wohnzimmer im Krankenbett
       
       Hamburg epd/afp | Zwei Drittel der jungen Menschen in Deutschland können
       sich die Pflege von Angehörigen vorstellen. Laut dem am Dienstag in Hamburg
       veröffentlichten DAK-Pflegereport sind 68 Prozent der 16- bis 39-Jährigen
       bereit, Pflegeaufgaben zu übernehmen. „Die hohe Bereitschaft junger
       Menschen, sich bei der Pflege zu engagieren, ist bemerkenswert“, sagte
       DAK-Vorstandschef Andreas Storm bei der Vorstellung des Reports am Dienstag
       in Hamburg.
       
       Ein Viertel der jungen Menschen hat bereits Pflegeerfahrungen gesammelt,
       bei über der Hälfte von ihnen war die zu pflegende Person die Großmutter
       oder der Großvater. Die Pflege wird dabei weniger als eine moralische
       Pflicht gesehen, sondern geschieht aus familiärer Verbundenheit, sagte
       Thomas Klie von der Evangelischen Hochschule Freiburg, der den Report
       geleitet hat. Laut Pflegestatistik des Statistischen Bundesamts wurden Ende
       2019 von den 4,1 Millionen Menschen, die Leistungen aus der
       Pflegeversicherung erhielten, 80 Prozent zu Hause gepflegt.
       
       Auch 41 Prozent der Befragten wünschen sich die Pflege eines nahen
       Angehörigen zuhause durch die Familie gemeinsam mit einem [1][Pflegedienst
       oder einer festen Pflegekraft]. „70 Prozent der zuhause versorgten Menschen
       nehmen aber keinen Pflegedienst in Anspruch, die Angehörigen machen das
       ganz alleine“, erklärte Klie.
       
       Er forderte von der kommenden Bundesregierung, die [2][ambulante Pflege]
       verstärkt in den Blick zu nehmen. „Vor dem Hintergrund des
       Fachkräftemangels werden wir bald an die Kapazitätsgrenzen in Pflegeheimen
       stoßen. Wir müssen sicherstellen, dass pflegende Angehörige umfassend
       unterstützt werden, um ihren wichtigen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen
       zu können.“
       
       ## Traumatisierende Belastungssituationen drohen
       
       DAK-Vorstandschef Storm forderte vor allem, Pflegende vor Verarmung zu
       schützen, in der Häuslichkeit zu entlasten und proaktiv zu beraten. Dafür
       müsse das Pflegegeld um fünf Prozent erhöht und dynamisiert werden, sowie
       pflegende Angehörige kurzfristig finanziell entlastet werden. Von der
       zukünftigen Bundesregierung forderte er so schnell wie möglich die
       Einberufung eines Pflegegipfels.
       
       Die Vereinbarkeit von Pflege, Beruf und Kindererziehung müsse verbessert
       werden, etwa durch einen Anspruch auf Haushaltshilfe und Kinderbetreuung
       für pflegende Eltern(teile) mit einem eigenen Haushalt für bis zu 30
       Kalendertage im Jahr.
       
       Nur gut ein Drittel der jungen Pflegenden (38 Prozent) nimmt
       Beratungsangebote und Unterstützung in Anspruch, zeigt der Pflegereport.
       Sie versuchten, sich im Alltag „durchzubeißen“ und riefen zu spät um Hilfe.
       Dies könne zu traumatisierenden Belastungssituationen führen, erklärte
       Klie. Storm forderte, gesetzliche Möglichkeiten für die Pflegekassen zu
       schaffen, proaktiv mit Beratungsangeboten auf Pflegende zugehen zu können.
       Bisher dürfen Pflegekassen nur aktiv beraten, wenn Pflegende auf sie
       zukommen.
       
       Für die Untersuchung im Rahmen des DAK-Pflegereports befragte das Institut
       für Demoskopie Allensbach zwischen dem 19. und 30. März per
       Online-Interview im gesamten Bundesgebiet insgesamt 1.310 jüngere Männer
       und Frauen im Alter zwischen 16 und 39 Jahren, darunter 443 Personen, die
       derzeit Angehörige pflegen oder unterstützen beziehungsweise das in den
       letzten zehn Jahren getan haben. Die DAK-Gesundheit ist mit gut 5,5
       Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands.
       
       12 Oct 2021
       
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