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       # taz.de -- Steuerreform schaffe Jobs für Frauen: Expert:innen für „Realsplitting“
       
       > Die aktuellen Gesetze zu Ehegattensplitting und Minijobs benachteiligen
       > Frauen, zeigt eine neue Studie. Vor allem für Mütter lohne ein
       > „substanzieller Job“ derzeit oft nicht.
       
   IMG Bild: Arbeit in einem Café: Viele verheiratete Frauen geraten in der Falle der Zweitverdienerin
       
       Gütersloh dpa/epd | Eine kombinierte Reform von [1][Ehegattensplitting] und
       Minijobs könnte einer Studie zufolge mehr als 100.000 Jobs für Frauen
       bringen. Die Umwandlung des Ehegattensplittings in ein „Realsplitting“ und
       eine Reform der Minijobs könnte 124.000 Menschen in Arbeit bringen, davon
       108.000 Frauen, erklärte die Bertelsmann Stiftung bei der Vorstellung einer
       neuen Studie am Mittwoch in Gütersloh.
       
       Für viele Frauen und vor allem Mütter [2][lohne sich derzeit die Aufnahme
       einer „substanziellen Beschäftigung“ nicht.] Aktuell seien diese auf dem
       Arbeitsmarkt durch die Kombination aus Ehegattensplitting und den steuer-
       und abgabenfreien 450-Euro-Jobs benachteiligt, kritisierte die
       Arbeitsmarkt-Expertin der Stiftung, Manuela Barisic. Aktuell haben von 7,6
       Millionen Ehefrauen zwischen 25 und 60 Jahren den Angaben zufolge etwa drei
       Viertel – rund sechs Millionen Frauen – ein geringeres Einkommen als ihr
       Partner.
       
       Für diese Zweitverdienerinnen setze das Steuer- und
       Sozialversicherungssystem falsche Anreize. Sie müssten Einkommensteuer über
       dem üblichen Eingangssteuersatz von 14 Prozent zahlen. Grund sei das
       Ehegattensplitting, bei dem ein Ehepaar gemeinsam veranlagt wird. Das führe
       dazu, dass eine Zweitverdienerin in der Regel demselben Steuersatz
       unterliege wie der Erstverdiener.
       
       Die Stiftung schlägt daher ein „Realsplitting“ vor, bei dem beide Eheleute
       separat veranlagt werden. Der oft besser verdienende Ehemann dürfte einen
       Betrag in Höhe von 13.805 Euro – er orientiere sich an rechtlichen Vorgaben
       etwa zu Unterhaltspflichten und Scheidungsrecht – auf die Partnerin
       übertragen. Damit lasse sich die Steuerlast für die Zweitverdienerin
       abbauen, erläuterte die Expertin.
       
       Zudem sollten Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
       umgewandelt werden, indem vom ersten Euro an Abgaben gezahlt würden.
       Wichtig hier: Der Beitragssatz wäre zunächst sehr gering, würde langsam
       ansteigen – und erst bei 1.800 Euro wäre volle Sozialversicherungspflicht
       erreicht. Es gehe nicht um eine Abschaffung von Minijobs, stellte Barisic
       klar. In der Pandemie habe sich aber noch einmal deutlich gezeigt, dass
       Minijobs in der derzeitigen Form „die großen Verlierer“ waren.
       
       Mit der Kombireform werde für Zweitverdienerinnen eine Arbeit in einer
       sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung attraktiver. Denn bisher
       entscheiden sich viele Zweitverdienerinnen für den Minijob, weil sich ein
       anderer wegen der Steuerlast nicht lohne, schilderte Barisic. Das bisherige
       Ehegattensplitting rechnet sich vor allem für Paare, bei denen einer viel
       und der andere deutlich weniger verdient. Aber: „Arbeit muss sich für alle
       lohnen, insbesondere für Frauen und Mütter.“ Laut Stiftung würde die
       angestrebte Änderung insgesamt die unteren 40 Prozent der Einkommen
       entlasten.
       
       Die Reform könne ein wichtiger Schritt zu mehr Geschlechtergerechtigkeit
       auf dem Arbeitsmarkt sein. „Es muss uns gelingen, Frauen und Mütter aus der
       Zweitverdienerinnenfalle zu befreien“, betonte Barisic. Es sei zu hoffen,
       dass eine neue Bundesregierung das Thema in den Vordergrund rücke. Für den
       Staat würde eine Umsetzung der Vorschläge keine zusätzlichen Kosten
       verursachen.
       
       13 Oct 2021
       
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