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       # taz.de -- Kommunalwahlen in Italien: 5:0 für Mitte-links
       
       > Auch in der zweiten Runde der Kommunalwahlen in Italien siegen die
       > Mitte-links-Kandidaten. Der neue Bürgermeister in Rom ähnelt einem
       > deutschen Politiker.
       
   IMG Bild: Macht den Scholz: Ex-Finanzminister Roberto Gualtieri feiert seinen Wahlsieg in Rom
       
       Rom taz | 5:0 – das italienische Mitte-links-Lager geht aus den
       italienischen Kommunalwahlen als klarer Sieger hervor. Am Montagnachmittag
       stand nach Schließung der Wahllokale um 15 Uhr nach ersten Hochrechnungen
       fest, dass auch in Rom und Turin die Mitte-links-Kandidaten die Nase klar
       vorn haben, [1][nachdem schon vor 14 Tagen in Mailand, Neapel und Bologna
       die Rechte klare Niederlagen hinnehmen musste].
       
       In Rom lag der Kandidat des Mitte-Links-Bündnisses Roberto Gualtieri mit
       rund 60 Prozent uneinholbar vorn. Gualtieri könnte in der gemäßigt linken
       Partito Democratico (PD) den Olaf Scholz geben: Er ist ungefähr genauso
       charismatisch und bei öffentlichen Auftritten mitreißend wie Deutschlands
       prospektiver Kanzler, und nach zehn Jahren im Europaparlament (2009-2019)
       diente er seinem Land in den Jahren von 2019 bis 2021 als Finanzminister.
       
       Doch neben seiner unbestrittenen fachlichen Kompetenz hatte Gualtieri als
       weiteren Vorteil auf seiner Seite, dass die Rechte mit Enrico Michetti eine
       wahre Witzfigur als Kandidaten aufgeboten hatte: Einen Mann, der bei
       öffentlichen Debatten mit seinen Gegenkandidat*innen gerne unter den
       unterschiedlichsten Vorwänden Reißaus nahm und ansonsten durch frühere,
       Faschismus-freundliche Äußerungen auf sich aufmerksam gemacht hatte.
       
       Doch auch in Turin, der viertgrößten Stadt Italiens, lief es für die Rechte
       trotz eines relativ gemäßigten Kandidaten nicht besser. Auch hier lag der
       Kandidat der Mitte-Links-Allianz nach den ersten Hochrechnungen mit etwa 60
       Prozent uneinholbar vorn.
       
       ## Fünf-Sterne-Bewegung geht zerzaust aus Wahlen hervor
       
       In beiden Städten hatten in den Jahren von 2016 bis 2021 Bürgermeisterinnen
       des Movimento5Stelle (M5S – 5-Sterne-Bewegung) regiert, nicht gerade zur
       größten Zufriedenheit der Bürger*innen. Jedenfalls fand sich das M5S bei
       diesen Wahlen zum Zaungast degradiert.
       
       Deutlich gestärkt aus den kommunalen Teilwahlen geht ganz gewiss der
       Vorsitzende der PD, Enrico Letta, hervor. Seine Politik, zum Beispiel in
       Mailand und Bologna im ersten Wahlgang vor zwei Wochen den Schulterschluss
       mit den Fünf Sternen zu suchen, hat sich ausgezahlt. Auch in Rom, wo es
       nicht zu einer Allianz des Mitte-Links-Lagers mit dem M5S kam, hatte der
       neue Vorsitzende der Fünf Sterne, Giuseppe Conte, im zweiten Wahlgang die
       Anhägern*innen seiner Bewegung zur Abgabe der Stimme für den
       PD-Kandidaten Gualtieri aufgerufen.
       
       Doch vorneweg ist es links der Mitte das M5S, das zerzaust aus diesen
       Wahlen hervorgeht. Anders als vor fünf Jahren steht es kommunal mit
       miserablen Resultaten da. Conte steht nicht nur die Aufgabe bevor, der
       Bewegung endlich lokale Strukturen zu verschaffen, wie er selbst verkündet.
       Es geht um mehr: um ihre Identität. Ein überzeugendes Programm mit klaren
       Überschriften fehlt dem M5S, das einmal als Protestbewegung gegen die
       herrschende politische Klasse angetreten war, heute weitgehend. Von der
       Lösung dieses Problems wird es abhängen, ob sie sich als überlebensfähig
       erweist.
       
       Probleme hat auch Italiens Rechte. In ihr dominieren mit der Lega unter
       Matteo Salvini und den Fratelli d’Italia unter Giorgia Meloni zwei hart
       rechtspopulistische Parteien, die in den Meinungsumfragen national auf je
       20 Prozent kommen – aber jetzt bei den Kommunalwahlen grandios scheiterten.
       Im Weg steht ihnen ihre Rivalität, die zur Auswahl schwacher Kandidaten
       führte, im Weg auch das Liebäugeln mit [2][radikalen Impfgegner*innen]
       (obwohl 85 Prozent der über 12-jährigen Menschen in Italien geimpft sind),
       im Weg ist auch das ungeklärte Verhältnis zu Italiens faschistischer
       Vergangenheit.
       
       Dennoch wäre es verfrüht, aus dem kommunalen Test nationale
       Schlussfolgerungen zu ziehen: In allen Städten blieben mehr als 50 Prozent
       der Bürger*innen diesmal zu Hause. Bei nationalen Wahlen jedoch wären
       die Rechtswähler*innen wieder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu
       mobilisieren.
       
       18 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ausgang-der-Kommunalwahlen/!5805412
   DIR [2] /Antifaschistische-Grossdemo-in-Rom/!5808311
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
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