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       # taz.de -- FFM-Tatort „Luna frisst oder stirbt“: Leiden der jungen Wohlstandstrulla
       
       > Eine gefeierte Nachwuchsautorin wird tot unter einer Brücke gefunden.
       > Alles erinnert an ihr Buch, die Ermittler beginnen das
       > Schlüsselromanlesen.
       
   IMG Bild: So jung und so leidend: die Freundinnen Luise (Jana McKinnon, l.) und Nellie (Lena Urzendowsky)
       
       Irgendwann fallen die Sätze, die die ganze Tragödie erfassen: „Es geht
       darum, wie sich etwas anfühlt. Nicht, was objektiv passiert ist.“ Um diesen
       Gedanken erst einmal auf diesen „Tatort“ anzuwenden: Ihn anzuschauen fühlt
       sich vor allem an, als wolle man woanders sein. Auf stumm schalten und
       nebenan das Bad putzen etwa, während derweil der Film weiterläuft.
       
       Was dagegen objektiv passiert: Eine sehr junge Jungautorin wird für ihren
       Debütroman „Luna frisst oder stirbt“ gefeiert. Und liegt am Morgen nach
       ihrer Premierenfete, sorry: „Release-Party“ tot unter einer Brücke. Als das
       Ermittlungsduo Janneke (Margarita Broich) und Brix (Wolfram Koch) mit jenem
       Roman in der Hand loszieht, stellt sich sofort heraus: Jene „Luna“ aus der
       Story dachte über Suizid nach, das Alltagsdrama der bildungsbürgerlich
       behüteten 19-jährigen Schriftstellerin, Name egal, spiegelt sich im Leiden
       ihrer Romanfigur, bis hin zum Senf im Kühlschrank. In der Mordkommission
       beginnt das große Schlüsselromanlesen zwischen Fakt und Fiktion.
       
       Was hätte man daraus machen können, ey, eine Woche nach der [1][realen
       Frankfurter Buchmesse] das Hickhack der Verlagsbranche mit einem
       Aufmerksamkeitsdrama zu kommentieren! Aber mehr als eine nette Idee des
       Autorinnenduos Katharina Bischof und Johanna Thalmann isses halt nicht.
       
       Denn auch in der Inszenierung (Regie: auch Katharina Bischof) bleibt alles
       stecken in verblüffend ironie- und kritikfreien Klischees. Da sind die
       wörtlichen Zitate aus dem Buch, das „Ratatatat“, das „Wumms, wumms, wumms“.
       Die Instagram-Lookalike-Claqueurschaft drumherum. Der Junglektor ganz in
       Schwarz, mit Rolli und dunkler Brille. Das Vitamin B zwischen
       Autorinnenvater und Verleger (völlig egale Rolle, aber gespielt von Clemens
       Schick).
       
       Eine karitative Fassade gegenüber jenen, denen es nicht so gut geht, die
       mit wenig Geld und vielen Geschwistern – aber dahinter Kapital rausschlagen
       aus deren Marginalisierung. Die Leiden der jungen Wohlstandstrulla an ihrer
       eigenen Leere eben.
       
       Streicht man all das raus, bleibt nur eines übrig: [2][Lena Urzendowsky]
       als Nellie Kunze. Schon der Name verrät’s, das ist die „arme“ Freundin der
       Toten. Urzendowsky, selbst erst 21, ist eine dieser
       Nachwuchsschauspielerinnen, die jetzt schon so leicht wiederzuerkennen ist,
       weil sie mit ihrer Präsenz alles andere überstrahlt. Sie hat in unserer Ära
       der Aufmerksamkeitsökonomie wirklich jeden Funken Licht verdient.
       
       31 Oct 2021
       
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