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       # taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Berlin: Grüne Stimmen fürs Enteignen
       
       > Die Berliner Grünen sprechen sich bei einem Kleinen Landesparteitag am
       > Montagabend für Koalitionsgespräche mit SPD und Linke aus.
       
   IMG Bild: Werben für die Koalition mit SPD und Linke: Nina Stahr, Bettina Jarasch und Werner Graf (von links)
       
       BERLIN taz | Die Grünen haben Bock: Mit nur einer Stimme Enthaltung haben
       sich die Delegierten eines kleinen Landesparteitags am Montagabend in
       Berlin dafür ausgesprochen, mit SPD und Linken in die
       Koalitionsverhandlungen zu gehen. Einzelne Delegierte sprachen sich dabei
       dafür aus, Themen wie Digitalisierung, Feminismus, Queerpolitik oder
       Abschiebestopp noch stärker zu machen.
       
       Die Berliner SPD hatte in einem Beschluss des Landesparteivorstands schon
       am Montagnachmittag den Koalitionsgesprächen zugestimmt, die Linke wird
       darüber bei einem Kleinen Landesparteitag am Dienstagabend entscheiden.
       
       „Wir haben in allen Bezirken dazugewonnen, das zeigt: wir sind als Partei
       in die Stadt hineingewachsen“, sagte Co-Landesvorsitzender Werner Graf.
       „Unser gutes Wahlergebnis hat auch gezeigt: Es gibt bei der
       Regierungsbildung keinen seriösen Weg an uns vorbei.“ Spitzenkandidatin
       Bettina Jarasch betonte, wie stark die Grünen ihre Vorstellungen in das mit
       SPD und Linke [1][gemeinsam verfasste Sondierungspapier] hätten einbringen
       können – bei Klimaschutz, Verkehr, Bildung und Soziales und
       Wohnungspolitik.
       
       Nun sei es Aufgabe der 16 Facharbeitsgruppen, die Einzelheiten
       herauszuarbeiten. Und man werde in den Koalitionsverhandlungen noch mal
       „priorisieren müssen“ – denn nicht für alle Vorhaben sei genug Geld da, so
       Jarasch.
       
       Im [2][Sondierungspapier] ist Klimaschutz ein „Querschnittsthema“. Außerdem
       ist ein „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ angekündigt.
       Dazu sagte Jarasch: „Auch wenn das anders heißt“ – Subtext: auch wenn es
       deutlich nach SPD klingt – „ihr werdet sehen, es steckt viel von unserem
       Mietenschutzschirm drin“. Mit dem [3][Mietenschutzschirm hatten die Grünen
       im Wahlkampf] eigene Ideen für Maßnahmen gegen steigende Mieten und
       Wohnungsknappheit präsentiert.
       
       Das geht aber auch einigen Grünen nicht weit genug. „Ich habe mir die
       Ergebnisse des Volksentscheids Deutsche Wohnen & Co enteignen noch mal
       genauer angesehen“, sagt André Schulze von den Grünen Neukölln. „Die zehn
       Kreise mit der höchsten Zustimmung für den Volksentscheid, mit teils 80
       Prozent Ja-Stimmen – das sind gleichzeitig Wahlkreise, in denen wir
       stärkste Kraft geworden sind und Direktmandate geholt haben“, sagte er. Das
       Ziel der Expertenkommission sollte klar sein: Sie müsse ein
       Vergesellschaftungsgesetz erarbeiten. „Da müssen wir gemeinsam mit den
       Linken in den Koalitionsgesprächen noch nachschärfen“, sagte Schulze. Dafür
       bekam er lauten Applaus.
       
       Die [4][Sondierungsteams wollen laut ihrem Papier eine „Expertenkommission“
       einsetzen], die innerhalb eines Jahres eine Empfehlung für den Senat zum
       Umgang mit dem Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co enteignen erarbeiten
       soll. Die Initiative selbst machte vor dem Tagungsort des Landesparteitags
       am Montagabend deutlich, dass ihr das zu wenig ist. „Umsetzen, umsetzen“,
       skandierten rund 50 Aktivist*innen, während die grünen Delegierten am
       Estrel eintrafen. Auf Plakaten forderten sie, dass nun schnell ein Gesetz
       zur Enteignung gemacht werden müsse.
       
       Auch Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion
       im Abgeordnetenhaus, sprach sich dafür aus, nun schnell ein
       Enteignungsgesetz zu präsentieren. „Deutsche Wohnen & Co enteignen hatte
       das allerbeste Wahlergebnis“, sagte sie. Von solchen Zustimmungen könnten
       die Grünen nur träumen. „Um den Druck zu erzeugen, muss man nun auch zügig
       ein Gesetz entwerfen“, sagte sie. Gutachten gäbe es schließlich schon
       genug. Die Frage sei: wo ist die Expertenkommission angesiedelt? Und wer
       sitzt da drin? „Das ist nur der Anfang. Wir müssen weiterkämpfen und ich
       habe da voll Bock drauf“, sagte sie.
       
       19 Oct 2021
       
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   DIR Uta Schleiermacher
       
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