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       # taz.de -- Geburt mithilfe von Youtube-Videos: Tabus gefährden Menschenleben
       
       > Nur mithilfe von Youtube hat eine 17-Jährige ein Kind in Indien geboren.
       > Offenbar hoffte sie, mit der gefährlichen Aktion Konsequenzen zu
       > entgehen.
       
   IMG Bild: Ein neues Gesetz erschwert Abtreibungen in Texas
       
       Zuhause versteckt in ihrem Kinderzimmer soll eine 17-jährige Inderin ein
       Kind zur Welt gebracht haben. Angelernt durch Youtube-Videos soll sie die
       Geburt und das Durchschneiden der Nabelschnur durchgeführt haben, berichtet
       das [1][englischsprachige Onlinemagazin India-Today]. Offenbar aus Angst
       vor den Konsequenzen dafür, dass sie vor der Ehe Sex hatte – ein Tabu in
       Indien.
       
       Für sie und ihr Kind ging die Geburt gut aus, sie haben beide überlebt.
       Ihre Eltern fanden sie blutend und brachten sie in ein Krankenhaus. Doch
       eine Geburt allein und ohne Unterstützung, nur um kein Tabu zu brechen,
       kann auch anders enden. Denn Tabus gefährden Menschenleben.
       
       Das zeigt sich auch bei Schwangerschaftsabbrüchen. Nicht nur in Indien ist
       das ein gesellschaftliches und rechtlich gestütztes Tabu, das Schwangere
       daran hindert, sich rechtzeitig Hilfe zu holen und sie letztlich in weitere
       Gefahr bringt. Auch in [2][Deutschland sind Schwangerschaftsabbrüche] noch
       immer illegal und bis zur 12. Schwangerschaftswoche lediglich straffrei.
       Und der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen wird in vielen Ländern
       immer mehr erschwert, zuletzt haben die US-Staaten Mississippi und Texas
       ihre Gesetze diesbezüglich verschärft – was quasi einem Abtreibungsverbot
       gleichkommt.
       
       ## Es ist unklar, wie viele Schwangere unsicher abtreiben
       
       Das Tabu bringt Schwangere dazu, selbst abzutreiben. [3][Das ist für sie
       gefährlich], verglichen mit einer Abtreibung unter medizinischer Aufsicht.
       Im schlimmsten Fall sterben die Betroffenen bei dem Versuch. Wie viele
       Schwangere das betrifft, ist unklar, denn die Selbstabtreibung ist ebenso
       ein Tabu, entsprechend gibt es keine validen Daten dafür, wie die WHO
       beklagt. Doch klar ist: Je restriktiver die Gesetze in einem Land sind,
       desto mehr illegale Abtreibungen finden statt.
       
       Probleme durch Tabus betreffen aber nicht nur ungewollt Schwangere: Viele
       Krankheiten führen zu ähnlichen Problemen. Betroffene sprechen nicht über
       Symptome, verheimlichen Schmerzen oder suchen sich keine medizinische
       Hilfe.
       
       Wer durch Tabuisierungen allein gelassen wird, greift zu Maßnahmen, die für
       Außenstehende nicht begreifbar sind. Sie begeben sich in Gefahr, wie die
       17-Jährige aus Indien, die lieber zu Hause bleibt und im Internet nach
       einem Ausweg sucht – anstatt sich die medizinische Hilfe zu suchen, die sie
       als Schwangere verdient.
       
       2 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.indiatoday.in/india/story/kerala-girl-delivers-baby-watching-youtube-videos-1870310-2021-10-28
   DIR [2] /Statistik-zu-Schwangerschaftsabbruechen/!5807932
   DIR [3] /Aktionstag-fuer-das-Recht-auf-Abtreibung/!5804833
       
       ## AUTOREN
       
   DIR David Muschenich
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Abtreibung
   DIR Youtube
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   DIR Kolumne Krank und Schein
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   DIR Schwerpunkt Abtreibung
       
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