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       # taz.de -- Eskalation in Äthiopien: Das Scheitern des Abiy Ahmed
       
       > Der Friedensnobelpreisträger hat sich gründlich entzaubert. Er stützt
       > sich auf eine gewalttätige politische Kultur, um seine eigene Haut zu
       > retten.
       
   IMG Bild: Durfte sich 2019 ins „Nobelprotokoll“ eintragen: Äthiopiens Premier Abiy Ahmed
       
       Genau ein Jahr ist es her, dass der Bruch zwischen Äthiopiens jungem
       Reformpremier Abiy Ahmed und der seit Jahrzehnten in Politik und Militär
       dominanten alten Garde der Tigray-Volksbefreiungsfront TPLF das Land mit
       über 110 Millionen Einwohnern in den Krieg stürzte. Was die äthiopische
       Regierung damals als schnelle und unblutige Antiterroroperation darstellte,
       hat sich, wie die meisten Militäroperationen dieses Namens, in das
       Gegenteil verwandelt: Der Krieg dauert lange, er ist sehr opferreich, er
       zerreißt das Land.
       
       Tigrays Bevölkerung ist Opfer einer Hungerblockade seitens der äthiopischen
       Zentralmacht, aber die zur Rebellenarmee mutierte [1][TPLF ist auf dem
       Vormarsch] und treibt die äthiopische Armee vor sich her. Es wäre
       erstaunlich, wenn Abiy Ahmed noch das Jahresende im Amt erlebt; manche
       Prognosen geben ihm nur noch wenige Wochen oder gar Tage, bevor seine Macht
       zusammenbricht.
       
       Nie in der Geschichte hat sich ein Friedensnobelpreisträger – [2][Abiy
       Ahmed] erhielt diese höchste Auszeichnung vor nicht einmal zwei Jahren –
       so schnell und gründlich entzaubert. Äthiopien ist heute ein Land, in dem
       ethnischer Hass und Verteufelung zum Mainstream des politischen Diskurses
       gehören; in dem die Kriegsparteien schwerste Vorwürfe bis hin zum
       Völkermord gegeneinander erheben, zugleich hemmungslos lügen und die
       Bevölkerung aufeinander hetzen.
       
       All diese finsteren Seiten der historisch gewalttätigen politischen Kultur
       Äthiopiens sollte Abiy Ahmed überwinden, als er 2018 das mächtigste
       Staatsamt übernahm. Er hat das nicht nur nicht geschafft, [3][sondern
       stützt sich jetzt selbst darauf, um seine Haut zu retten].
       
       Abiy Ahmed ist sicher kein blutrünstiger Gewaltherrscher, für den sich
       Erfolg an der Höhe seiner Leichenberge misst. Für Abiy ist die Verrohung
       Äthiopiens unter seiner Warte und der Absturz in den Krieg kein Erfolg,
       sondern ein Scheitern. Das ändert aber nichts am Ergebnis. Seine Tage sind
       gezählt. Er kann jetzt noch selbst bestimmen, wie viele Tage es noch sind
       und was danach aus ihm wird. Aber bald werden es andere tun.
       
       3 Nov 2021
       
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