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       # taz.de -- Wegen Verbreitung von ethnischem Hass: Rohingya klagen gegen Facebook
       
       > Angehörige der aus Myanmar vertriebenen Ethnie geben dem US-Konzern eine
       > Mitschuld an ihrem Schicksal. Sie verlangen nun Schadenersatz.
       
   IMG Bild: Rohingya-Flüchtlinge kommen am Lancok Beach in Aceh, Indonesien an
       
       Berlin taz | Rohingya-Flüchtlinge haben in Kalifornien den kürzlich
       umbenannten US-Konzern Facebook auf 150 Milliarden Dollar Schadenersatz
       verklagt. Die am Montag eingereichte Klage gegen die Betreiber der
       Social-Media-Plattform argumentiert, deren Algorithmen förderten
       Desinformation und extremistisches Gedankengut. Dies habe zur Vertreibung
       Hunderttausender Rohingya aus Myanmar geführt, dem früheren Birma.
       
       „Facebook ist wie ein Roboter, der mit einer einzigen Aufgabe programmiert
       wurde: zu wachsen“, heißt es laut Nachrichtenagentur AFP in der
       Klageschrift. „Die unbestreitbare Realität ist, dass das Wachstum von
       Facebook, das durch Hass, Spaltung und Fehlinformationen angeheizt wird,
       Hunderttausende zerstörte Leben hinterlassen hat.“
       
       2017 waren rund 700.000 Angehörige dieser muslimischen Ethnie von Myanmars
       Militär und buddhistischen Gruppen aus dem Südwesten des Landes über die
       Grenze nach Bangladesch getrieben worden. Die UN bezeichneten dies als
       Genozid.
       
       Schon Jahre zuvor war den Rohingya die birmesische Staatsbürgerschaft
       entzogen worden. Seitdem werden sie von den Myanmars Behörden Bengali
       genannt, was sie zu illegalen Einwanderern aus Bangladesch stempelt. Dort
       leben heute viele von ihnen in großen [1][Flüchtlingslagern].
       
       ## Beschwerden liefen oft ins Leere
       
       Schon 2017 gab es Beschwerden über Facebooks Rolle bei der Verbreitung von
       Hassbotschaften. Damals hatte der US-Konzern auch kaum Mitarbeiter*innen,
       die Birmesisch sprachen. Auch verwaltete Facebook damals das Netzwerk, das
       in Myanmar Hauptinformationsquelle ist, von Singapur aus. Beschwerden
       liefen oft ins Leere.
       
       Doch 2018 wurde es auch Facebook zu viel. Der sich heute Meta nennende
       Konzern [2][sperrte 18 Konten von Myanmars Militär] mit 12 Millionen
       Followern, darunter das des damaligen Armee- und heutigen Juntachefs Min
       Aung Hlaing, sowie einen Instagram-Account.
       
       „Wir wollen verhindern, dass unsere Dienste dafür benutzt werden, weiter
       ethnischen Hass und religiöse Spannungen zu schüren“, erklärte Facebook
       damals.
       
       Die Rohingya argumentieren bei ihrer Klage ähnlich wie die
       US-Whistleblowerin und Ex-Facebook-Mitarbeiterin Frances Haugen: Die
       Algorithmen brächten Nutzer*innen dazu, sich immer radikaleren Gruppen
       anzuschließen. Dies „könne von autokratischen Politikern und Regimen
       ausgenutzt“ werden.
       
       ## Junta sperrt Facebook zur Kontrolle der Bevölkerung
       
       „Selbst wenn die Klage scheitert, dürfte sie dazu beitragen, dass
       Tech-Konzerne stärker reguliert werden,“ glaubt Han Htoo Khant Paing. Der
       exilierte birmesische Sozialwissenschaftler, der kürzlich als Gast eines
       [3][taz-Talks] über die Situation in Myanmar berichtete, wertet im Rahmen
       seiner Forschung Online-Postings in Myanmar aus.
       
       Facebook habe noch nicht genug lokale Expertise, sagte er der taz. Zwar
       würden gelegentlich Beiträge gelöscht, aber oft nicht solche voll Hass.
       Dabei ließ bisher auch die Junta schon gelegentlich Facebook sperren: Um
       die Organisierung von Proteste zu verhindern.
       
       Facebook reagierte noch nicht auf die Klage, betonte aber schon früher, man
       sei laut US-Gesetz nicht für die Inhalte verantwortlich. Laut den Gesetzen
       in Myanmar dürfte dies aber dort der Fall sein.
       
       7 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Weltgroesstes-Lager-in-Bangladesh/!5761179
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   DIR [3] /taz-Talk-meets-Han-Sens-Asiatalk/!vn5811608
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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